Tognum-Chef bedauert mögliche Korruptionsfälle in Asien
FRIEDRICHSHAFEN (awp international) – Der neue Chef des Motorenbauers Tognum hat mögliche Korruptionsfälle bei der Asien-Tochter eingeräumt und eine umfangreiche Aufarbeitung angekündigt. «Wir bedauern sehr, dass es offenbar zu Compliance-Verstössen gekommen ist», sagte der seit Oktober amtierende Vorstandschef Joachim Coers. Über mögliche Unregelmässigkeiten bei der Tochtergesellschaft MTU Asia hatte das Unternehmen am Montag informiert. «Unser Ziel ist eine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts, die Klärung von Verantwortlichkeiten sowie das sofortige Beenden von Missständen», sagte Coers in einem im Intranet des Unternehmens veröffentlichten Interview, das der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX am Donnerstag vorlag.
Laut Staatsanwaltschaft Ravensburg geht es bei den Regelverstössen um Provisionszahlungen und Zuwendungen in Millionenhöhe im Zusammenhang mit dem Verkauf von Rüstungsgütern in Südkorea. Der Motorenbauer, an dem Daimler und Rolls-Royce gemeinsam fast alle Anteile halten, hatte von Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Vermittlerverträgen asiatischer Vertriebspartner gesprochen. Im Januar sei extern auf mögliche Unregelmässigkeiten aufmerksam gemacht worden. Daraufhin wurde die Prüfungsgesellschaft Ernst & Young mit einer Untersuchung beauftragt.
Ein Teil des Abschlussberichtes liege nun vor, sagte Coers, der zuvor Finanzvorstand des Unternehmens war. «Wir bewerten jetzt die Ergebnisse und prüfen mögliche Konsequenzen.» Der komplette Bericht soll bei der konstituierenden Sitzung des neuen Aufsichtsrats am 27. Oktober beraten und die Empfehlungen des Vorstands geprüft werden. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg, die sich auf eine Entwurfsfassung des Ernst & Young-Papiers beruft, seien Zahlungen von rund 23 Millionen Euro aufgedeckt worden. Mit dem Geld sollen zum Teil Aufenthalte koranischer Militärangehöriger in Feriengebieten sowie im Rotlichtbezirk von Bangkok finanziert worden sein.
Sobald der vollständige Abschlussbericht vorliegt, will auch die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob und gegen wen Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit aufgenommen werden. Coers bekräftigt, mit den Behörden werde zusammengearbeitet. Zudem kündigte der Manager an, andere Konzerngesellschaften würden ebenso kritisch unter die Lupe genommen. Auch soll das Compliance-System, das gesetzestreues Geschäftsgebahren sicher stellen soll, überarbeitet werden.
Tognum stellt Grossdieselmotoren unter anderem für Yachten, Panzer und Lokomotiven sowie Anlagen zur Stromerzeugung und Notstromaggregate her. Die Tochter MTU Asia hat ihren Hauptsitz in Singapur und beschäftigt mehrere hundert Mitarbeiter. Unter den neuen Eignern soll das Friedrichshafener Unternehmen zu einem weltweit führenden Anbieter für Industriemotoren weiterentwickelt werden./dct/stk/wiz