
Freundschaftsbande durch Hochschule EPFL

Alt-Bundesrat Pascal Couchepin war dieser Tage in Abu Dhabi und Dubai – im Rahmen des 3. Freundschafts-Forums Schweiz-Vereinigte Arabische Emirate. 2000 Schweizer leben in den Emiraten, wo sich auch die bisher einzige Ausland-Zweigstelle der ETH Lausanne befindet.
In einer Hälfte des Hörsaals sitzen die weiss gekleideten Studenten, auf der anderen Seite die Studentinnen, ganz in Schwarz in ihren Abayas: Auch auf universitärer Ebene verschwinden Jahrtausende alte Traditionen nicht einfach so.
Auch wenn sich die jungen Menschen in den Emiraten immer mehr mit neuen Fragen befassen. «Die Schweiz besitzt 267 Mal so viel fliessendes Wasser wie die sieben Emirate, doch die beiden Länder müssen zusammenarbeiten, wenn es um den Wert der Trinkwasser-Ressourcen geht», sagten die Organisatoren des 3. Freundschafts-Forums Schweiz-Emirate.
Die Veranstaltung fand diese Woche in Abu Dhabi und Dubai statt, im Beisein von Scheich Nahayan Mabarak Al Nahayan, dem Bildungs- und Forschungsminister der Emirate.
Trinkwassermangel
Das Süsswasser, das die 8 Millionen Menschen in den Emiraten (rund ein Zehntel sind Einheimische, fast 90% Ausländer und Ausländerinnen) verbrauchen, kommt aus Entsalzungsanlagen.
Bei rund 500 Litern pro Person und Tag führt dies dazu, dass die Salzkonzentration im Meer ansteigt, dass Korallen und andere Meereslebewesen Schaden erleiden. Zudem steigt auch der Kohlenstoffausstoss, was sich negativ auf die Meeresressourcen auswirkt.
Eine Entwicklung, die auch dem ehemaligen Bundespräsidenten Couchepin, dem Co-Ehrenpräsidenten des Forums, Sorge macht: «Fast zwei Milliarden Menschen weltweit haben keinen Zugang zu Trinkwasser. Das sind doppelt so viele wie vor 15 Jahren, und dies geht auf Kosten der künftigen Generationen.»
ETH Lausanne im Mittleren Osten
Energiezukunft und nachhaltige Entwicklung stehen im Zentrum der Themen, mit denen sich die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) im Mittleren Osten befasst.
Seit 2009 ist die EPFL mit einem Ableger im Emirat Ras Al-Khaimah vertreten. Dort, rund 100 Kilometer nördlich von Dubai, hat die Hochschule ihren bisher einzigen Campus im Ausland etabliert.
Die EPFL Middle East mit ihren derzeit rund 40 Studierenden und Doktoranden wurde mit Unterstützung des lokalen Scheichs Saoud bin Saqr Al Qasimi eingerichtet, der auch für das Betriebsbudget aufkommt. Der Ableger in den Emiraten kostet weder die EPFL noch die Eidgenossenschaft etwas.
Franco Vigliotti, Dekan der «EPFL in den Emiraten», stellte am Forum verschiedene Forschungsprojekte zu nachhaltiger Entwicklung und Energie, vor allem Solarenergie, vor. Die Auseinandersetzung mit der auch sozial sehr unterschiedlichen Umwelt sei für Studierende, die aus der Schweiz kämen, aber auch für die EPFL eine Bereicherung. «Es ist ein offenes Fenster zur Welt», erläutert Vigliotti.
Dennoch ist auch im Emirat Ras Al-Khaimah, oder abgekürzt RAK, nicht alles rosig. So wurde Khater Massaad entlassen, der Direktor der RAK Investment Authority. Massaad, ein Schweizer libanesischer Herkunft, der unter anderem an der EPFL Mathematik studiert hatte, war früher auch persönlicher Berater des Scheichs. «Er war unsere Verbindung zur Regierung, aber unser Partner ist das Emirat», erklärt Vigliotti.
WEF überschattet Forum
Am gleichen Tag, als das Freundschaftsforum an der Universität Zayed über die Bühne ging (die Universität trägt den Namen des Gründers der Vereinigten Arabischen Emirate und 2004 verstorbenen «grossen Freundes der Schweiz»), fand in Dubai das regionale Nahost-Treffen des World Economic Forums (WEF) statt, unter anderem im Beisein des ehemaligen britischen Premierministers Gordon Brown.
WEF-Gründer Klaus Schwab wurde vom Vize-Präsidenten der Emirate und Gouverneur Dubais, Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum, empfangen und lud diesen zum nächsten WEF-Gipfel in Davos ein. «Mit seinem Ansatz der globalen Wirtschaft ist Dubai ein Modell für den Planeten. Es repräsentiert den Geist der Welt», sagte Schwab vor Dubais Medien.
In den lokalen Medien landete das Schweizer Forum etwas auf den hinteren Rängen, nicht zuletzt, weil gleichzeitig noch der Präsident Jemens das Emirat besuchte. Zudem hatte sich Scheich Sultan bin Khalifa (der Sohn des Präsidenten der Emirate, der mit Couchepin Co-Ehrenpräsident des Forums war) im letzten Moment durch seinen 23 Jahre alten Sohn vertreten lassen.
Neue Schweizer Botschafterin
Eine Situation, die bei einigen Zweifel an der offiziellen Unterstützung des Forums durch die lokalen Behörden aufkommen liess, das unter anderem von Schweizer Firmen, die in den Emiraten präsent sind (ABB, Novartis, Swiss, Lombard-Odier, usw.), mitgetragen wird.
Andrea Reichlin, die neue Botschafterin der Schweiz in Abu Dhabi, die gleichentags ihr Beglaubigungsschreiben überreichte, sah darin aber keinen Grund, ihr Lächeln zu verlieren. Sie ist die einzige Frau unter einem Dutzend neuer Botschafter, darunter jene Österreichs und Spaniens.
Reichlin, die zuvor in Sudan und Jordanien stationiert war, kennt den arabischen Raum gut und betrachtet das Frausein nicht als Hindernis in islamischen Regionen: «Die Frauen haben im Nahen Osten eine wichtige Rolle zu spielen. Und dies nicht nur hinter den Kulissen.»
Die vierte Auflage des Freundschaftsforums wird im nächsten Jahr in Genf stattfinden. Das war auch der Grund für den Besuch von Pierre-François Unger, dem Präsidenten der Regierung des Kantons Genf, in Abu Dhabi.
1973: Die Schweiz und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) nehmen diplomatische Beziehungen auf.
2008: Erste Auflage des Weltgipfels Zukunftsenergien («World Future Energy Summit») in Abu Dhabi. Die Schweiz ist seither jedes Jahr mit einem Pavillon an der Veranstaltung präsent.
2009: Eröffnung einer Aussenstelle der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) in Ras al-Khaimah.
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben 50 Trainingsflugzeuge vom Typ Pilatus PC-21 bestellt. Auch Katar, der Nachbarstaat der Emirate, hat 50 Exemplare bestellt und zudem Pläne, eine Flugstaffel nach Schweizer Modell zu schaffen.
Und Saudi-Arabien ist beim Flugzeughersteller in Stans sogar Kunde für 100 Exemplare: «Mit den Ausrüstungen und Simulatoren geht es um einen Auftrag von rund 2 Mrd. Franken», rechnet der Schweizer Verteidigungsattaché in der Botschaft in Abu Dhabi, Oberst André Schreier, vor.
Die Emirate hatten in den letzten Monaten für Schlagzeilen gesorgt, nachdem in Syrien Handgranaten aus der Schweiz aufgetaucht waren, die über arabische Zwischenstationen in das von heftigen Kämpfen erschütterte Land gelangt sein sollen.
Die Granaten hatten ursprünglich zu einer Lieferung der Schweizer Rüstungsfirma Ruag an die Vereinigten Arabischen Emirate gehört. 2003 waren 225’162 Granaten an die Streitkräfte der Emirate verkauft worden, die damals eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung unterzeichnet hatten.
Nachdem die Granaten in Syrien aufgetaucht waren, hatte Bern bereits bewilligte Waffen-Lieferungen an die Emirate ausgesetzt. Nachdem man sich mit Abu Dhabi auf die Einsetzung einer gemeinsamen Untersuchungskommission geeinigt hatte, war diese Massnahme wieder zurückgenommen worden.
(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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