
Fische als Haut-Therapie

In Bad Ragaz wird die Wirkung von sogenannten "Doktorfischen" auf Hautkrankheiten getestet. Besonders bei Schuppenflechte empfiehlt sich die Therapie.
Sie sind winzig und ungemein agil: Die Hand taucht ins warme Wasser, die Fischlein sind sofort zur Stelle und knabbern sanft Hautschüppchen weg. Im Dorfbad von Bad Ragaz wird das Verfahren angewendet. Patientinnen und Patienten mit Hautkrankheiten wie Psoriasis (Schuppenflechte) und Neurodermitis legen sich für zwei Stunden ins warme Thermalwasser, umschwärmt von 40 bis 80 «Doktorfischen».
Erstes derartiges Projekt
Die Fische stupsen an die erkrankten Hausstellen und saugen die Schuppen ab. Gleichzeitig geben sie ein enzymhaltiges Sekret ab, das eine Normalisierung des Hautstoffwechsels bewirken soll. So können die Hautkrankheiten gelindert und der lästige Juckreiz gemindert werden. Die Kur dauert 20 Tage.
Gegenwärtig läuft eine wissenschaftliche Patientenstudie mit den Fischchen. Ist das Ergebnis positiv, soll die Dermato-Phagos-Therapie (Haut-Fisch-Therapie) ab 2003 im 130 Jahre alten Dorfbad angeboten werden. Am Projekt sind der Kanton St. Gallen, die Gemeinde Bad Ragaz und die Fachschule für Naturheil-PraktikerInnen (FNH) beteiligt.
Zwei Ziele werden anvisiert: Der schützenswerte Bau des Dorfbads soll erneuert und darin die neue Therapie angeboten werden. Laut FNH handelt es sich um das erste derartige Projekt in der Schweiz.
Rote Saugbarbe
Die Garra Rufa (Rote Saugbarbe) gehört zu den Karpfenfischen und sieht auch so aus. Die Süsswasserfische leben vor allem in der Türkei und bevorzugen warmes Thermalwasser. Die Winzlinge von Bad Ragaz sind Jungfische. Sie leben in Aquarien und wurden in der Schweiz gezüchtet. Nach ihrer «Arbeit» am Patienten werden die kostbaren Tiere in ihr Aquarium zurück gebracht.
Die Haltung der Knabberfische wird vom kantonalen Veterinäramt überwacht. Die Ethikkommission des Kantonsspitals St. Gallen hat das biomedizinische Forschungsprojekt bewilligt. Beteiligt sein werden 50 bis 100 Patientinnen und Patienten.
Dabei untersuchen Naturheilpraktiker erstmals nach wissenschaftlichen Massstäben die Effizienz einer naturheilkundlichen Therapie. Die Ergebnisse der Studie werden durch eine neutrale Fachstelle ausgewertet. Erste Ergebnisse werden im Sommer erwartet.
Mögliche Alternative
Die Dermatologin Carmen Laetsch begleitet die klinische Studie aus schulmedizinischer Sicht. Sie untersucht die Patienten vor und nach der Therapie. Sie stellt sicher, dass keine Personen an der Studie teilnehmen, die ansteckende Krankheiten haben.
Die Ärztin hat Verständnis dafür, dass Patienten, denen die Schulmedizin keine Heilung brachte, Alternativen suchen: Möglicherweise sei die Dermato-Phagos-Therapie eine solche Ausweichmöglichkeit, meint sie.
swissinfo und Margrith Widmer, sda

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