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Negativ-Awards für Multis

In China sind die Arbeitsbedingungen zahlreicher Beschäftigter in westlichen multinationalen Unternehmen sehr schlecht. Keystone

Die US-Konzerne Walt Disney, Citigroup und Chevron sind am Mittwoch in Davos mit dem "Public Eye Award" für unverantwortliches Handeln ausgezeichnet worden.

Die globalisierungskritischen Veranstalter wollen die Firmen bei ihrem Image treffen.

Der amerikanische Grosskonzern Walt Disney obsiegte in der Kategorie Soziales. Er wird von der Nichtregierungs-Organisation (NGO) Students and Scholars Against Corporate Misbehavior (SACOM) aus Hongkong für schwere Menschenrechtsverletzungen in seinen Zulieferbetrieben im Süden Chinas verantwortlich gemacht

Disney-Kinderbücher durch Ausbeutung

SACOM fand nach der Befragung von 120 Personen heraus, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter in diesen Betrieben für die Herstellung von Disney-Kinderbüchern und anderen Spielwaren für unter 50 US Cents pro Stunde an sechs bis sieben Tagen ausgebeutet werden.

Wie der SACOM-Vertreter Parry Leung bei der Preisverleihung sagte, werden ihnen dabei jegliche Rechte abgesprochen: Die Arbeitnehmer erhalten keine Krankenversicherung, keine Pension und keinen Mutterschaftsurlaub. Die “Auszeichnung” sei ein wichtiger Schritt, damit der Druck auf Disney in Europa erhöht werde.

Firmen zur Rechenschaft ziehen

Dasselbe Ziel verfolgen auch die Veranstalter des “Public Eye Awards”. Er soll “bisher unverdächtige Firmen wie Walt Disney mit seinem Mickey-Mouse Image dafür zur Rechenschaft ziehen, dass das Unternehmen von den schlechten arbeitsrechtlichen Arbeitsbedingungen in China und anderswo profitiert”, sagte Sprecher Oliver Classen.

“Wir nutzen die mediale Aufmerksamkeit hier in Davos, um auf Missstände aufmerksam zu machen”. Der vom Kabarettisten Patrick Frey moderierte Anlass war in diesem Jahr bewusst unterhaltsam gestaltet. In starkem Kontrast dazu standen die bewegenden Präsentationen der NGO-Vertreter über die Verfehlungen der Preisträger.

Chevron und Citigroup

Neben Disney wurden die US-Firmen Chevron in der Kategorie Umwelt und Citigroup in der Kategorie Steuern ausgezeichnet. Nach Recherchen der kalifornischen Umweltorganisation Amazon Watch verschmutzte der Ölkonzern Chevron unter dem damaligen Namen Texaco während 30 Jahren Bäche, Flüsse und Feuchtgebiete im unberührten Regenwald im Norden von Ecuador.

Die US-Grossbank Citigroup erhielt den Preis für ihre Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäscherei. Wie die Organisation Tax Justice Network erläuterte, hat Citigroup zwischen 1973 und 1980 58 Mio. Dollar von Hochsteuerländern in steuerfreie Zonen wie zum Beispiel Panama, Monaco oder die Kanalinseln verschoben und etliche Diktatoren unterstützt.

Positiv Award

Zum ersten Mal vergab Public Eye auch einen “Positiv-Award” – jedoch nicht an eine Firma. Dafür sei der Weg, der vor den Konzernen liege, einfach noch zu lang, sagte Classen.

Der Preis ging stattdessen an die mexikanische Gewerkschaft SNRTE und die beiden deutschen NGO Germanwatch und FIAN. Sie hatten sich zusammen erfolgreich gegen die widerrechtliche Schliessung einer Fabrik des Reifenmultis Continental in Mexiko gewehrt. Seit der Wiedereröffnung der Fabrik im Februar 2005 sind die Arbeiter gemäss Public Eye Miteigentümer.

swissinfo und Agenturen

“The Public Eye Awards” ist eine globalisierungs-kritische Veranstaltung.

Sie findet jeweils Ende Januar parallel zum Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums WEF in Davos statt.

Diese Alternative zum WEF ist ein gemeinsames Projekt der entwicklungspolitischen Organisation Erklärung von Bern und der Naturschutz-Organisation Pro Natura

“The Public Eye Awards” fühlt sich mit dem Weltsozialforum (WSF) eng verbunden.

Die “Public Eye Awards 2006” wurden an drei US-Konzerne verleiht: den Unterhaltungskonzern Walt Disney, den Ölkonzern Chevron und den Finanzkonzern Citigroup.

Die “Public Eye Awards 2005” waren an den Schweizer Nahrungsmittel-Multi Nestlé, den US-Chemiekonzern Dow Chemical, den Öl-Multi Royal Dutch Shell, den US-Konzern Wal-Mart und an die Beratungsfirma KPMG International, Amsterdam, gegangen.

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