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Schweizer Banker: Gut bezahlt, schlecht gehalten

Des Bankers Last: Gut bezahlt, doch oft gestresst und depressiv. Keystone

Salärmässig befinden sich die Bankangestellten auf Top-Positionen. Doch laut einer Umfrage haben die hohen Gehälter auch ihren Preis.

Jeder dritte Schweizer Banker klagt über Stress. Jeder vierte nimmt Beruhigungsmittel oder Antidepressiva. Nur 16% sind zufrieden.

Eine von der Universität Lausanne erarbeitete Untersuchung über die Zufriedenheit des Bankpersonals fand heraus, dass die Stress-Belastung im Banking-Sektor viel höher als in anderen Wirtschaftsbranchen liegt.

«Ein Drittel aller Bankangestellten berichten über einen sehr hohen und beständigen Stress-Grad während der letzten Jahre, verglichen mit nur einem Fünftel der Angestellten in anderen Sektoren», sagt Gianfranco Domenighetti von der Uni Lausanne.

Untersuchung im Kanton Tessin als Basis

Laut dem Gastprofessor, der diese Studie verantwortet, ist dies die erste Untersuchung dieser Art. Dabei wurden 428 Bankangestellte im Kanton Tessin mit 859 Beschäftigten aus anderen Sektoren verglichen.

Dabei resultierte, dass nur 16% der Banker mit ihrer Arbeit zufrieden waren, gegenüber 42% in anderen Branchen.

Fast drei Viertel befanden, dass der Druck am Arbeitsplatz noch zunehme. Das entspricht 25% mehr als in anderen Sektoren.

Job-Unsicherheit

Domenighetti, im Kanton Tessin für das Gesundheitswesen zuständig, sagt, dass die Unsicherheit der Arbeitsplätze eine der hauptsächlichen Ursachen hinter den erhöhten Stress-Graden im Banking-Bereich ist.

In der Umfrage gaben 40% der Bankangestellten an, sehr in Sorge darüber zu sein, ob sie ihre Arbeit behalten können. In anderen Branchen betrug dieser Anteil viel weniger, nämlich 26%. Unter jenen Bankern, deren Unternehmen sich gerade in einer Restrukturierungsphase befinden, stieg der Anteil der Besorgten auf 54%.

Während der vergangenen Jahr machte der Schweizerische Bankensektor eine Umbruchphase durch, die begleitet war von schlechten Unternehmensresultaten und dem Verlust von Arbeitsplätzen.

Jede dritte Stelle im Bankenbereich gefährdet

Gemäss einer von Domenighetti zitierten Studie der Universität St. Gallen werde der Bankensektor in den kommenden drei Jahren einen Drittel der Belegschaft abbauen, wegen vermehrtem Abspecken (Downsizing) und Auslagerung (Outsourcing).

Der Gastprofessor macht auch den Druck, bessere Finanzresultate zu erreichen, für die angespannte Arbeitsatmosphäre verantwortlich.

Nur die Hälfte der Befragten gab an, auf ihren direkten Vorgesetzten zählen zu können – gegenüber 72% in anderen Branchen.

Diesen Umstand empfindet Domenighetti als besonders gravierend. Und fügt bei, dass auch die Häufigkeit von Belästigungen im Bankensektor drei mal grösser ist als in anderen Sektoren.

Depressionen

Laut Umfrage leiden 23% der Banker an Depressionen, gegenüber 11% in anderen Branchen.

Schweizer Bankangestellte suchen den Arzt öfter auf. Und einer von vier braucht Beruhigungsmittel oder Antidepressiva – gegenüber einem von zehn in den Vergleichsgruppen anderer Sektoren.

Doch die Hälfte davon hält sich laut Umfrage nicht an die Anweisungen des Arztes, aus Angst, den Job wegen Arbeitsversäumnissen oder Schwächezeichen zu verlieren.

Die Autoren der Umfrage haben nun die Behörden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass aus der Arbeit nicht eine Krankheits- und Marginalisierungsursache wird.

Die Umfrage kam zustande, nachdem letzten Juli ein Zürcher Banker zwei Vorgesetzte tötete, bevor er sich selbst richtete, was viel Besorgnis über die Arbeitsbedingungen in Schweizer Banken ganz allgemein wachrief.

Der Ermittlungsrichter hatte damals gesagt, dass der betreffende Bankangestellte «nicht gänzlich zufrieden mit seiner Arbeit war und gewisse Spannungen bestanden hätten».

swissinfo

Laut einer Umfrage nehmen 25% der Bankangestellten Beruhigungsmittel oder Antidepressiva,
16% sind zufrieden mit der Arbeit,
40% sind sehr besorgt über die Zukunft ihres Jobs,
46,5% fühlen sich psychisch belastet.

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