
Sollen gentechnisch veränderte Organismen freigesetzt werden?
Diese Frage diskutierte die vor zwei Jahren eingesetzte eidgenössische Ethikkommission für Gentechnik im ausserhumanen Bereich an ihrer ersten öffentlichen Debatte am Dienstag (02.05.) in Bern.
Eine Mehrheit der Kommission befürwortet ein begrenztes Moratorium, d.h. die Forschung soll nicht tangiert werden, eine Minderheit befürwortet ein generelles Moratorium, ein Mitglied ist klar für die Bewilligungspflicht und ein weiteres klar für ein Verbot der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen (GVO).
In der Gen-Lex-Vorlage, die zurzeit bei der Kommission des Ständerates liegt, schlägt der Bundesrat für die Freisetzung von GVO ein strenges Bewilligungsverfahren vor sowie eine Haftungsdauer von 30 Jahren. Ein Moratorium oder gar ein Verbot lehnt er ab.
Verantwortung statt Verbot
Nach Auskunft ihrer Präsidentin Andrea Arz de Falco arbeitet die Eidgenössischen Ethik-Kommission) an einer umfassenden Stellungnahme zur Frage des Moratoriums, die in der Sommerpause dem Bundesrat vorgelegt werden soll. Um weitere Argumente zu sammeln, den Dialog in die Öffentlichkeit zu tragen und generell ihre Arbeit bekannt zu machen, hat sie zu ihrer jüngsten Sitzung in Bern Publikum eingeladen.
Gegen ein Moratorium – das heisst gegen ein Verbot auf Zeit – wandte sich der frühere ETHZ-Präsident Jakob Nüesch. Ziel müsse es sein, «in verantwortungsbewusster Freiheit zu handeln». Die im Einzelfall nach strengen Kriterien bewilligte Freisetzung von GVO werde einen Beitrag zu «sinnvollem menschlichem Leben leisten.
Forschung muss möglich sein
EKAH-Präsidentin Arz de Falco votierte für ein auf die kommerzielle Nutzung beschränktes Moratorium. In der Forschung müsse die Freisetzung zugelassen sein, sagte sie.
Die Biologin Florianne Koechlin machte sich demgegenüber für ein generelles Moratorium stark. GVO brächten für 90 Prozent der Probleme in der Landwirtschaft keine Lösung – dafür aber für Mensch und Natur unkontrollierbare Risiken.
Was wollen wir?
Laut Koechlin würde es ein Moratorium ermöglichen, während zehn Jahren «ohne ökonomischen Druck demokratisch auszuloten, was wir wollen». Der praktische Philosoph Beat Sitter ging noch weiter und forderte ein Verbot.
Beraten und informieren
In Sachen Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen ist die Ethikkommission vom Bundesrat übrigens nicht konsultiert worden. Offenbar sah die Regierung, so die EKHA-Präsidentin Arz de Falco, darin kein genuin ethisches Problem.
Die im Frühling 1998 eingesetzte EKHA hat die Aufgabe, den Bundesrat bei der Gesetzgebung und die Behörden beim Vollzug zu beraten. Aufgetragen sind ihr auch die Information und die Förderung des Dialogs über Nutzen und Risiken der Biotechnologie. Sieben Mitglieder vertreten die Ethik, die übrigen fünf andere Fachgebiete wie Biologie, Medizin, Politik und Recht.
swissinfo und Agenturen

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