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“Spiegel der Welt” im Museum Bärengasse in Zürich

Exponat aus der Ausstellung "Spiegel der Welt", die bis zum 28. August 2000 in Zürich gastiert. Keystone

Im Museum Bärengasse in Zürich sind derzeit ein paar Dutzend wichtige Dokumente aus dem Bestand der "Bodmeriana" zu besichtigen. De facto sind die Exponate der Ausstellung "Spiegel der Welt" hunderte Millionen Franken wert; de jure sind sie unbezahlbar.

Der älteste Friedensvertrag der Menschheit (4500jährig), eine genuine Gutenbergbibel (30 Millionen Dollar wert), Luthers berühmten Thesen im Original (eins von weltweit drei), die erste handschriftliche Fassung von Grimms Märchen. Manuskripte von Goethe, Schiller, Mozart und den meisten andern Welt-Kulturschaffenden, die man so kennt, sind in der Ausstellung unter anderem zu begutachten.

Bodmeriana auf Tournee

Und das ist nur ein Promill des Bestands der “Bodmeriana”, eine der weltweit wertvollsten Sammlungen von Schriftdokumenten. Die in Cologny bei Genf beheimatete Stiftung war lange Zeit ein Geheimtipp unter Bücherfreunden. Nun geht sie mit ihren “Zückerchen” auf Tournee. Eine gute Alarmanlage ist Pflicht für die Ausstellungsorte in Zürich, Dresden und New York.

Anlass für die Tournee ist zum einen der 100. Geburtstag des Gründers Martin Bodmer (1899-1971), zum anderen der Umbau der 50jährigen Bibliothek. Da der für die Betriebskosten zuständige Kanton Genf die Renovation der zwei Schlösschen nicht finanzieren mochte, verkaufte die Bodmeriana ausnahmsweise etwas aus der Sammlung: eine kleine Zeichnung von Michelangelo brachte 1998 10 Millionen Franken ein, gerade genug, um den Umbau von Stararchitekt Botta zu finanzieren.

Erste Station: Museum Bärengasse

Der erste Ausstellungsort, das Museum Bärengasse, wurde gewählt, weil es eines der Stammhäuser der Familie Bodmer war. Dort machten die Seidenhändler ihre Millionen, von denen Martin Bodmer im zarten Alter von 16 Jahren beträchtliche erbte, dergestalt, dass er zeitlebens keiner Erwerbsarbeit mehr nachzugehen brauchte, sondern seinem Hobby, dem Sammeln von Schriftdokumenten, frönen konnte.

Martin Bircher – Leiter der Bodmeriana – hätte noch so manches gehabt, was er gern gezeigt hätte: Von Goethe etwa hat die Bodmer-Stiftung die grösste Sammlung ausserhalb Weimars. Man beschränkte sich nun auf das Wesentliche: “Lotte in Weimar” etwa ist integral in Goethes Handschrift vorhanden.

Ein Querschnitt durch das Weltschrifttum

Die der Ausstellung gezeigte Auswahl will das Weltschrifttum als Querschnitt präsentieren. Epik, Lyrik, Drama sind Themen, Shakespeare bis C.F. Mayer sind – meist in ehrfurchtsgebietenden Originalen – ebenso vertreten wie weniger bekannte Autoren aus der Karibik, Indien und China.

Das seltenste Exponat ist eine Silberplakette, die in den Grundsteinen der Bibliothek Alexandria gefunden wurde und damit das einzige Relikt ist, das von abgebrannten berühmten Bibliothek heute noch übrig ist.

Auch von frühen Wissenschaftlern gibt es Originale. Die Bodmeriana beherbergt sogar Reden-Manuskripte von Hitler und Lenin, doch stellt sie sie aus naheliegenden Gründen nicht aus.

Martin Bodmer nahm sich ursprünglich vor, von jedem “Geist”, der die Menschheit in irgendeiner Art weitergebracht hatte, ein Dokument zu besitzen. In der Zeit, als er akquirierte (1918-1972), waren die Dokumente vergleichsweise billig.

Die Ausstellung “Spiegel der Welt” gastiert bis zum 28. August 2000 im Museum Bärengasse in Zürich.

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