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Ein neues Label für die Schweiz?

Dieses Label steht zur Diskussion.

Das Bundesamt für Gesundheit plant die Einführung eines neuen Labels für Lebensmittel. Für jede Kategorie sollen Kriterien definiert werden. Doch: Gibt es überhaupt gesunde Schokoriegel?

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) überlegt sich, in der Schweiz ein einheitliches und einfach verständliches Label einzuführen. Die Übernahme des Labels wird freiwillig sein.

Es soll die Nährwertangaben auf einem Produkt nicht ersetzen, sondern ergänzen und den Konsumentinnen und Konsumenten ermöglichen, das gesündeste Produkt einer Kategorie zu wählen.

«Wir wissen aus Studien, dass sehr wenige Leute die heutigen Nährwertkennzeichnungen beachten. Dies hat zwei Gründe: Einerseits fehlt den Leuten die Zeit, andererseit ist es zu komplex, so dass die Leute nicht verstehen, was auf den Packungen draufsteht.

Mit einem einfachen Label wollen wir eine schnelle Hilfe geben, damit der Konsument informiert seine Wahl treffen kann», erklärt Michael Beer, Leiter der Abteilung Lebensmittelsicherheit beim BAG. «Die Konsumenten wollen informiert sein.»

An Labels fehlt es nicht

In der Schweiz gibt es bereits 51 Labels, die Lebensmittel kennzeichnen. Sie reichen von der Art der Tierhaltung über die regionale Herkunft bis zur Bio-Deklaration.

Es gebe bisher aber kein Label, das den Konsumentinnen und Konsumenten die Wahl innerhalb einer Produktkategorie erleichtere, meint das BAG. Das Ziel sei ein einheitliches Label.

Zur Zeit entwickeln zwei Expertengruppen unter der Projektleitung der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung die wissenschaftlichen Kriterien für verschiedene Lebensmittelkategorien und für die Vergabemodalitäten eines Labels.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehle eine einfache, gute und verständliche Nährwertkennzeichnung, schreibt das BAG. Das Projekt «EIN Lebensmittel-Label für die Schweiz» sei Teil des nationalen Programms Ernährung und Bewegung.

Ein Label übernehmen?

Das «choices»-Label, dessen Einführung das BAG zur Zeit prüft, ist ein internationales Programm. Es hat zum Ziel, einerseits den Konsumentinnen und Konsumenten eine schnelle Einordnung des Produkts zu ermöglichen und andererseits Firmen anzuregen, gesündere Lebensmittel zu produzieren.

Für das «choices» Label, das in Deutschland unter dem Namen «Bewusst wählen» auf den Produkten steht, wurden Kriterien für folgende Nährwerte definiert: gesättigte Fettsäuren, Transfettsäuren, Natrium (Salzgehalt), Zucker und Ballaststoffe. Die Kriterien lehnen sich an die Definitionen der WHO an. Sie sind aber weniger streng.

Dass bei der Vergabe des neuen Labels zusätzlich zu den Nährwertangaben auch die Nachhaltigkeit, etwa der Transportweg oder die Produktionsweise der Lebensmittel berücksichtigt würde, ist laut Beer nicht vorgesehen: «Es gibt in diesem Bereich sehr gute, etablierte Labels, die wir weder duplizieren noch konkurrenzieren wollen.»

Von internationalen Konzernen gestütztes Label

Das internationale «choices»-Label wurde von den multinationalen Lebensmittelherstellern FrieslandCampina und Unilever ins Leben gerufen.

Auf nationaler Ebene sollen weitere Firmen in die Finanzierung einbezogen werden. Das BAG hat denn auch, wie es in einer Medienmitteilung schreibt, mit der Lebensmittelindustrie und dem Lebensmittelhandel Gespräche geführt.

Unilever verkauft neben anderen Lebensmitteln Knorr-Produkte, Magnum (Langnese) Glacen, Becel und Lätta-Margarinen sowie viele andere Markenartikel. FrieslandCampina ist auf Molkereiprodukte spezalisiert. Sie sind in der Schweiz nicht auf dem Markt.

Die Gefahr, dass das Label unter den Einfluss der betreffenden Konzerne geraten könnte, sofern es von der Lebensmittelindustrie und dem Grosshandel finanziert würde, sieht Michael Beer nicht: «Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung erarbeitet momentan in unserem Auftrag die ganzen Rahmenbedingungen für eine Labelvergabe, aber auch, welche Produkte unter welchen Kriterien das Label kriegen könnten. Es ist nicht so, dass dann jeder machen kann, was er will, sondern es werden Bedingungen und Richtlinien aufgestellt. Demenstprechend besteht da keine Gefahr.»

Hilfestellung oder Irreführung?

«Ob die Kategorie Süssigkeiten in der Schweiz überhaupt mit dem Label gekennzeichnet wird, ist noch nicht klar», sagt Michael Beer auf die Frage, ob ein Schoggistengel überhaupt als «gesund» bezeichnet werden könne. Entschieden sei noch nichts.

Es sei wichtig, dass vergleichbare Lebensmittel miteinander verglichen würden, nicht beispielsweise Glace mit Rapsöl. Pro Lebensmittelkategorie würden verschiedene Anforderungen definiert.

«Das Label soll die gesunde Wahl erleichtern», schreibt das BAG. Am Schluss übernehme aber doch jeder Mensch die Verantwortung für sein Ernährungsverhalten.

Eveline Kobler, swissinfo.ch

Gesättigte Fettsäuren kommen überwiegend in Fetten tierischen Ursprungs vor:
In Butter, Hartkäse, Rahm, Schmalz, Fleisch und Wurstwaren.

Laut einer Studie stören die gesättigten Fette einen Regelmechanismus des Körpers: Sie bringen das Gehirn dazu, den Körperzellen zu signalisieren, die Signale der Hormone Leptin und Insulin zu ignorieren.

Diese Botenstoffe dienen dazu, dem Körper zu sagen, wenn genug Nahrung vorhanden ist. Wer viel solches Fett zu sich nimmt, neige deshalb dazu, immer mehr zu essen, schreibt der Spiegelonline Wissenschaft.

Transfettsäuren sind Fettsäuren mit trans-konfigurierten Kohlenstoff-Doppelbindungen. Sie sind besonders bei industriell produzierter Nahrung zu finden, wo sie duch die Härtung von Pflanzenöl entstehen.

Der Verzehr von Transfettsäuren erhöht den Gehalt von Cholesterin im Blut. Die Transfettsäuren werden daher als Mitverursacher von koronaren Herzkrankheiten angesehen.

Bei der Margarinen-Herstellung betrug der Anteil der Transfettsäuren früher bis zu 20%, weil das Fett unvollständig gehärtet wurde. Inzwischen wurden die Herstellungstechniken verändert und es sind Produkte mit viel gerinterem Anteil an Transfettsäuren (etwa 2%) erhältlich.

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