Nicht-EU-Bürger stehen Schlange für Transit-Visa

Viel Geduld und ein Visum benötigen in der Schweiz lebende Bürger von Balkan-Staaten oder der Türkei, wenn sie auf dem Landweg in ihre Heimat zurückkehren wollen.
Um diese diskriminierende Praxis zu beenden, reist eine Gewerkschafts-Delegation nächste Woche nach Brüssel.
Weil die Schweiz nicht EU-Mitglied ist, sind Nicht-EU-Bürger, die in der Schweiz arbeiten, den gleichen Regelungen unterworfen, die auch an den EU-Aussengrenzen gelten.
Wenn sie auf dem Landweg in ihre Heimat reisen, benötigen sie für die Durchfahrt durch EU-Staaten ein Transitvisum. Die Beschaffung gestaltet sich oft als Spiessrutenlauf.
Besonders vor den Ferien verschärft sich das Problem: Stundenlanges Schlangestehen vor Konsulaten, endloses Telefonieren auf besetzten Linien, monatelanges Warten auf das Visum. Nicht selten müssen sie die Ferien verschieben oder ganz auf den Besuch verzichten.
«Nicht-EU-Bürger sind in der Schweiz regelrecht eingesperrt», sagte Vania Alleva, Leiterin Migration und Integration bei der Gewerkschaft Bau und Industrie
(GBI) am Donnerstag vor den Medien in Bern.
Vor allem hier lebende Leute aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei hätten grosse Probleme, wenn sie von der Schweiz aus in ihre Heimat reisen möchten.
«Schikanöse Praxis»
«Die Praxis der Visumserteilung ist äusserst schikanös», sagte Alleva. Seit dem Schengener Abkommen sei es enorm schwierig, ein Visum zu erhalten. Verlangt werde das Mitbringen von stapelweise Papier wie Pässen, Ausländer- und Lohnausweisen, Versicherungs-Nachweisen oder Bankauszügen.
IV-Bezüger und Arbeitslose erhielten keine Visa. Je nachdem auf welcher Botschaft ein Gesuch gestellt werde, seien die Visa nur einige Monate, ein Jahr oder eben zwei Jahre gültig. Ausserdem seien Ferien in der Heimat für viele nicht langfristig planbar.
In Genf reichten geplagte Anwohner wegen Nachtruhestörung Klage ein. Gesuchsteller standen nämlich schon in den frühen Morgenstunden vor dem französischen Konsulat Schlange und machten Lärm.
Das Konsulat führte daraufhin die telefonische Anfrage über ein Call-Center ein. «Eine weitere Schikane», sagte Alleva, «denn diese Nummern sind kostenpflichtig».
Treffen mit EU-Kommissar Antonio Vitorino
Am 8. Juli wird eine Delegation des GBI und des Forums für die Integration der Migrantinnen (FIM) vor der EU-Kommission ihre Forderung erneut bekräftigen.
Die GBI kämpft seit Jahren gegen die Visumspflicht. Im Juli 2002 lockerten die Nachbarländer der Schweiz den Visumszwang und stellen bis zu zwei Jahre gültige Visa aus. Das Problem wurde damit jedoch nicht gelöst.
Die jetzige Regelung wird laut FIM-Generalsekretär Claudio Micheloni viel zu unterschiedlich ausgelegt. «Sie hat keine Daseins-Berechtigung.»
Ohne Visum in die Schweiz
Bürgerinnen und Bürger aus Drittstaaten, die legal in der EU leben, können seit August 2000 ohne Visum in die Schweiz reisen. Die Schweiz hatte die Visumspflicht damals aufgehoben.
Gestützt darauf, wollen GBI und FIM nun das gleiche Recht für in der Schweiz lebende und arbeitende Bürger und Bürgerinnen aus Nicht-EU-Staaten.
swissinfo und Agenturen
In der Schweiz leben derzeit rund 560’000 Menschen aus Nicht-EU-Staaten, rund 350’000 davon stammen aus Balkan-Staaten.
Zu den 15 Schengen-Staaten gehören die Benelux-Staaten, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien (Norwegen und Island gehören nicht zur EU).
Im Schengener Übereinkommen werden neben dem Wegfall von Grenzkontrollen unter anderem eine Angleichung der Visa- und Asylpolitik, gemeinsame Bekämpfung der Drogenkriminalität, Harmonisierung im Waffen- und Betäubungs-Mittelrecht und verstärkte Kontrollen an den Aussengrenzen festgeschrieben.

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