
Tierquälereien verunsichern Öffentlichkeit

In den Kantonen Basel-Land, Aargau und Solothurn werden Tiere seit Wochen gequält und getötet. Die Polizei tappt im Dunkeln.
Die Bauern bitten die Bevölkerung um Mithilfe, warnen aber vor Selbstjustiz. Auf die Ergreifung des Täters ist ein hohes Kopfgeld ausgesetzt.
Die neuste Tierschändung in Serie war besonders Ekel erregend. Die unbekannte Täterschaft tötete auf einer Weide im solothurnischen Selzach ein Rind.
Gemäss Solothurner Kantonspolizei wurde dem Tier mit einem spitzen Gegenstand der Genitalbereich weggeschnitten, so dass es verblutete.
Bislang wurden bereits 30 Tiere brutal gequält und zum Teil getötet. Die Zahl der Fälle, so die Polizei, dürfte vermutlich noch höher liegen, als bisher angenommen.
Der Täter verging sich auch an einzelnen Tieren, so dass die Polizei, die übrigens eine Informationssperre verhängt hat, von einem «sexuell-sadistisch motivierten Unbekannten» spricht.
Ziel der Attacken waren mehrheitlich Kühe, sowie Schafe, Pferde, Katzen und Kaninchen. Mindestens ein Hengst, eine Katze, ein Lamm und ein Rind wurden getötet.
Erstmals in der Schweiz
Mark Rissi, der Sprecher des Schweizer Tierschutzes (STS), sagte gegenüber swissinfo, dass es in der Schweiz noch nie eine solche Serie von Tierquälerei gegeben habe. «Ein Serientäter dieses Ausmasses ist mir nicht bekannt. Es dürfte das erste Mal sein, dass so etwas vorkommt», sagt er. Meist würde es sich bei Tierquälerei um Einzeltäter handeln. In der Regel seien Pferde und Katzen die Opfer.
«Da uns kein solcher Täter bekannt ist, gibt es auch kein Täterprofil», sagt Rissi. Denn, so intensiv habe man sich eben noch nie mit solchen Menschen befasst.
Viele Unbekannte
Mittlerweile hat die Polizei einen Psychiater eingeschaltet: Marc Graf, Oberarzt und stellvertretender Leiter der forensischen Abteilung der Universitären Psychiatrischen Kliniken in Basel.
Auch er findet, ein Täterprofil lasse sich nicht erstellen. Graf geht aber davon aus, dass der Täter männlich und zwischen 20 und 40 Jahre alt sein muss. «Er könnte sowohl randständig als auch total integriert sein», sagte Graf gegenüber der Basler Zeitung.
Allgemein gehen Experten davon aus, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Sexuelle Handlungen mit Tieren seien etwas Schamhaftes, und da sei es schwierig, Komplizen zu finden.
Auszuschliessen sei auch nicht, dass der Täter an den Tieren nur «experimentiere» und seine Fantasien eigentlich an Menschen ausleben möchte, sagte Graf.
Belohnung ausgesetzt
Der Fall beschäftigt die Schweizer Bevölkerung. Der Schweizer Tierschutz hat eine Belohnung von mindestens 16’000 Franken für die Ergreifung des Täter ausgesetzt. «Viele Leute verlangen, dass wir die Belohnung heraufsetzen», sagt Mark Rissi. Die Leute würden sich spontan bereit erklären, in einen «Belohnungsfonds» einzuzahlen.
Trotzdem, so Rissi, warne der STS vor Bürgerwehren. Der Polizei sei mit konkreten Hinweisen gedient. «Die Leute sollen nun ja nicht die Jagd auf einen Unbekannten eröffnen.»
Bauernverband bittet um Mithilfe
Der Vorstand des regionalen Bauernverbandes hat beschlossen, mit einen Aufruf die Bevölkerung zu sensibilisieren und Hinweise an die Polizei weiterzuleiten.
Der Aufruf, der auch in der Bauernzeitung erschien, enthält mehrere Empfehlungen: Bauern sollten die Herden vermehrt überwachen. Sie sollten Nachbarn, Jäger oder Mountainbiker, von denen sie wüssten, dass sie frühmorgens oder spätabends unterwegs seien, sensibilisieren. Und sie sollten sich in den Gemeinden für nächtliche Kontrollgänge miteinander absprechen.
Auch der Bauernverband warnt vor Selbstjustiz. «Nur in eindeutigen Fällen» könne man versuchen, die Täterschaft festzuhalten. Es sei jedenfalls «klar», dass diese «eine Gefahr für Leib und Leben auch für den Menschen» sei.
Härter bestrafen
Tierschändungen seien wie alle Fälle von Tierquälerei mit derselben Intensität zu untersuchen wie Delikte gegen Leib und Leben von Menschen, fordert die Stiftung für das Tier im Recht.
Die Stiftung bemängelt die Haltung von Untersuchungsverantwortlichen, die Tierschutzdelikten oftmals nur halbherzig nachgingen, da es sich bei den Opfern ja «nur um Tiere» handle.
Sie fordert zudem auch von den politischen Behörden einen grösseren Willen und damit mehr Mittel für die Untersuchung und Bestrafung von Tierquälern.
swissinfo, Urs Maurer
Ein Tierquäler hat in den vergangen zwei Monaten rund 30 Tieren Schaden zugefügt und sie zum Teil getötet.
Betroffen waren bisher die Kantone Basel-Land, Aargau und Solothurn.
Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus, tappt aber im Dunkeln.
Sie hat eine Informationssperre verhängt.
Für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, ist ein Kopfgeld von gegen 20’000 Franken ausgesetzt.

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