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KI: Die Schweiz lanciert eine transparente Alternative zu ChatGPT

Künstliche Intelligenz: Ausstellung Kunshaus Zürich
Apertus LLM ist als vertrauenswürdiges und integratives KI-gestütztes Sprachmodell konzipiert. Ansicht eines Kunstwerks des türkisch-amerikanischen New-Media-Künstlers und Designers Refik Anadol im Kunsthaus Zürich. Keystone / Ennio Leanza

Mit der Einführung eines nationalen KI-Models steigt die Schweiz in den Wettlauf um künstliche Intelligenz ein. Sie will damit eine Alternative zu ChatGPT & Co. bieten.

Das in der Schweiz entwickelte Apertus LLM ist jedoch bereits bei seiner Einführung nicht mehr ganz neu. Seine Entwickler vergleichen es mit dem Llama-3-Modell von Meta aus dem Jahr 2024. Seitdem haben Meta und andere Konkurrenten weiter entwickelte Versionen herausgebracht.

Das Schweizer Team betont jedoch, dass es nicht versucht, mit den milliardenschweren Budgets der US-amerikanischen Vorreiter zu konkurrieren.

Es will bewusst auf die neuesten Extras für Endnutzende verzichten, um ein sichereres und zugänglicheres KI-System für Wissenschaftler und Unternehmen zu entwickeln.

Halluzinationen und Vorurteile

«Unser Ziel ist es, einen Entwurf dafür zu liefern, wie ein vertrauenswürdiges, souveränes und inklusives KI-Modell entwickelt werden kann», sagt Martin Jaggi, Professor für Maschinelles Lernen an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL).

Das rasante Tempo der KI-Innovationen seit der Veröffentlichung von OpenAIs ChatGPT im Jahr 2022 hat dazu geführt, dass führende Unternehmen wie Anthropic jedes Jahr eine Flut von LLMs auf den Markt bringen.

Ausserhalb der USA haben die chinesischen Plattformen DeepSeek und Qwen sowie Modelle des französischen Unternehmens Mistral die Auswahl für KI-Nutzende erweitert.

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Der Wettlauf um die Vorherrschaft im Bereich der KI hat jedoch auch eine Reihe von Problemen mit sich gebracht: So etwa Maschinen, die halluzinieren oder menschliche Vorurteile verstärken, aber auch eine wachsende Zahl von Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Materialien, die Unternehmen zum Trainieren ihrer LLMs verwenden.

Vertrauenswürdigkeit als Trumpf

Künstliche Intelligenz weckt sowohl Hoffnungen auf eine bessere Zukunft als auch Befürchtungen, dass sie der Gesellschaft schaden könnte, wenn sie sich unkontrolliert ausbreitet.

Eine Antwort darauf ist die Entwicklung von öffentlich zugänglichen Open-Source-KI-Systemen, die nun mit privaten Konkurrenten um Marktanteile buhlen.

Kommerzielle LLMs erweitern die Grenzen der Innovation, indem sie die fortschrittlichsten Plattformen auf den Markt bringen. Open-Source-Modelle sind kostenlos nutzbar und ermöglichen es Anwendern, die Designs zu überprüfen und so nachzuvollziehen, wie die Modelle zu ihren Antworten kommen.

Einige Modelle, wie etwa DeepSeek aus China, liefern zwar Aufschluss über ihre Funktionsweise, jedoch nicht über ihre ursprüngliche Programmierung.

Das ist, als würde man einem Koch bei der Zubereitung eines Gerichts zusehen, ohne zu wissen, welche Zutaten in der Sosse enthalten sind.

Meilenstein bezüglich Offenheit

Das schweizerische Modell Apertus (vom lateinischen Wort für «offen») hingegen überlässt in dieser Hinsicht nichts der Fantasie. Das Unternehmen verspricht, dass jedes Detail zusammen mit dem Designhandbuch und der Rezeptur öffentlich einsehbar wird.

Damit soll das Vertrauen der Öffentlichkeit gewonnen und Bedenken hinsichtlich der potenziellen Schattenseiten der KI ausgeräumt werden.

Laut Leandro von Werra, Forschungsleiter der Open-Source-KI-Community Hugging Face, ist Apertus eines der bislang ambitioniertesten Open-Source-KI-Modelle.

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«Es ist nicht völlig einzigartig, aber angesichts seines Umfangs und der für das Training des Modells erforderlichen Rechenleistung dennoch wegweisend», erklärt er gegenüber Swissinfo. «Es ist definitiv ein neuer Meilenstein bei offenen Modellen.»

Forschende, Programmiende, Startups und der öffentliche Sektor können eine Kopie von Apertus auf ihre eigenen Server herunterladen, um damit Projekte zu entwickeln. Dieser Ansatz ermöglicht es den Nutzern, die Kontrolle über ihre Daten zu behalten.

Vorteile für die Schweizer Wirtschaft?

Der Umfang und der Erfolg der auf Apertus basierenden Anwendungen werden letztlich den wahren Wert des Schweizer LLM offenbaren. Forschende prüfen bereits Projekte in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Klima.

Schweizer Industrieverbände begrüssen die einheimische KI-Initiative, besonders ihren Fokus auf Datensicherheit. Sie warnen jedoch davor, dass sich die Initiative einem harten Wettbewerb um kommerzielle Aufmerksamkeit durch eine wachsende Zahl mächtiger internationaler Konkurrenten stellen muss.

Im Wettbewerb um Nutzende

Die Schweizerische Bankiervereinigung ist der Ansicht, dass ein einheimisches LLM «grosses langfristiges Potenzial» für die Finanzbranche hat – besonders angesichts der Notwendigkeit, die Schweizer Datenschutz- und Bankgeheimnisgesetze einzuhalten.

Einige Schweizer Banken entwickeln jedoch bereits KI-Projekte unter Verwendung anderer LLMs. So arbeitet beispielsweise die grösste Bank der Schweiz, die UBS, bereits mit OpenAI und Microsoft zusammen.

Der Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem ist der Ansicht, dass ein Schweizer LLM den lokalen Unternehmen besser dienen könnte, da es unter Berücksichtigung der europäischen Datenschutzbestimmungen entwickelt wurde. Dies ist jedoch keine Garantie dafür, dass die Schweizer Industrie massenhaft auf Apertus umsteigen wird.

Künftige Nutzende werden die Geschwindigkeit, Genauigkeit und Tiefe der von Apertus generierten Antworten im Vergleich zu anderen Anbietern bewerten.

Diese Ergebnisse werden gegen die Vorteile der Transparenz des Systems und die Anforderungen der Nutzer an die Datensicherheit abgewogen.

«Die Erfahrung zeigt, dass es keine Einheitslösung gibt, die allen Anforderungen gerecht wird», sagt Adam Gontarz, Leiter des Bereichs Digitalisierung, Innovation und Technologie bei Swissmem, gegenüber Swissinfo.

«Jedes Projekt muss die spezifischen Umstände und Anforderungen des Unternehmens berücksichtigen», fügt er hinzu. «In einigen Fällen können auch internationale Lösungen die effektivste Wahl sein.»

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Editiert von Gabe Bullard/vdv/ts, Übertragung aus dem Englischen mithilfe von Deepl: Balz Rigendinger

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