
Fahrausweis auf Probe mit Startproblemen

Seit zwei Jahren gibt es Fahrausweise in der Schweiz nur noch auf Probe. Definitiv behält sein Permis nur, wer innerhalb von drei Jahren zwei zusätzliche Kurstage absolviert. Doch damit bekunden viele Mühe.
Bisher hat nicht einmal die Hälfte der Neulenker auch nur den ersten Kurs besucht. Experten warnen vor einem Chaos. Ein Kanton geht in die Offensive und lockt mit Vergünstigungen.
Thierry Lachat vom Touring Club der Schweiz (TCS) bestätigte Mitte Woche Angaben der Westschweizer Presse.
Rund 60% hätten noch keinen der Kurse besucht, deren Preis zwischen 300 und 350 Franken beträgt.
Im ersten Kurs werden Gefahren vermeidendes Fahren und Unfallanalysen behandelt. Zum zweiten Kurs gehört die «Feedbackfahrt».
An solchen Fahrten kommentieren die – meist gleichaltrigen – Teilnehmer und die Lehrkraft den Fahrstil jedes Teilnehmenden. Zudem wird umweltschonendes und energiesparendes Fahren vermittelt.
Den Säumigen droht Ausweis-Verlust
Ab 2009, wenn die ersten Probeausweise drei Jahre alt werden, droht den säumigen Neulenkern ein Verlust des Führerausweises.
Die Frist kann zwar um drei Monate verlängert werden. Wenn es dann aber einen grossen Ansturm gäbe, wären in den Kursen möglicherweise nicht genug freie Plätze vorhanden, warnt Lachat.
Er befürchtet, dass ein solches Chaos die neue Führerausbildung grundsätzlich in Frage stellen könnte.
Ernst Anderwert, Präsident der Vereinigung der Strassenverkehrsämter (asa), macht sich weniger Sorgen. Die wenigsten der 70’000 bisher ausgestellten provisorischen Führerausweise liefen schon Anfang 2009 aus, sagte er.
Nicht alle gleich informiert
Für die Absolvierung der beiden Kurstage bleibe also genügend Zeit. Das Problem sei eher die Information der Neulenker über diese Verpflichtung. In den Westschweizer Kantonen seien die Fahrer beispielsweise besser informiert als in anderen, sagte Anderwert.
Oft wollten die Neulenker ihre nächsten Pflichten aber auch gar nicht einsehen. In der jetzigen Situation sieht Anderwert jedoch noch keinen Grund für zusätzliche Massnahmen.
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Freiburg hingegen ging bereits in die Offensive. Es schenkt allen, die ihren Probeausweis erhalten, einen Gutschein von 50 Franken.
Damit sollen sie dazu bewegt werden, den ersten Kurstag innerhalb der folgenden sechs Monate zu besuchen, so wie es das Gesetz empfiehlt.
«Schlechte Ausrede»
Die Anmeldungen zeigten, dass die Massnahme Früchte trage, sagte Jean-Bernard Chassot, Direktor der Freiburger École professionnelle romande pour moniteurs de conduite (Fahrlehrerschule). Aber auch er sieht die Situation nicht dramatisch.
Zu sagen, die Fahrer seien nicht auf dem Laufenden, sei eine schlechte Ausrede. Es liege an ihnen, ihre Verantwortung wahrzunehmen.
Chassot befürchtet jedoch keine überfüllten Kurse, falls sich alle Neulenker gleichzeitig an diese erinnern würden. Die Ausbildungszentren in St. Maurice (Wallis) und Romont (Freiburg) beispielsweise könnten leicht ihre Kapazitäten verdoppeln und 20’000 Teilnehmer pro Jahr empfangen.
Der TCS meldet ebenfalls, dass er zusätzlich zu seinen bestehenden elf Zentren weitere eröffnen werde, um der Nachfrage gerecht werden zu können.
swissinfo und Agenturen
Im Dezember 2005 wurden in der Schweiz die Zweiphasenausbildung und der Führerausweis auf Probe eingeführt.
Seither gibt es den Führerausweis nach bestandener Prüfung für drei Jahre auf Probe (Phase 1).
Während dieser Probezeit müssen zwei ganztägige Weiterausbildungskurse besucht werden (Phase 2).

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