
Protest der Bauarbeiter

Mehrere tausend Bauarbeiter protestieren am Montag in der ganzen Schweiz. Sie fordern mehr Lohn, einen frühzeitigen Altersrücktritt für Bauleute und kürzere Arbeitszeiten.
Die Gewerkschaften entschieden sich für den Protesttag, nachdem die Verhandlungen für einen neuen Gesamtarbeits-Vertrag im Bau-Hauptgewerbe trotz fünf Verhandlungs-Runden immer noch nicht entscheidend weiter gekommen seien.
In der ganzen Schweiz finden deshalb auf und neben mehr als 300 Baustellen Aktionen statt. Gekämpft wird neben der Forderung nach 250 Franken mehr Lohn für alle und verkürzten Arbeitszeiten vor allem auch für die frühzeitige Pensionierung mit 60 Jahren.
Bessere Arbeitsbedingungen
Das von der Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI) erarbeitete Modell sieht ab diesem Alter vor: Für eine volle Rente wären zehn Jahre Tätigkeit im Baugewerbe in der Schweiz erforderlich. Ansonsten würde die Rente für jedes fehlende Jahr um zehn Prozent gekürzt.
Die Finanzierung würde zu einem Drittel aus Arbeitnehmer- und zu zwei Dritteln aus Arbeitgeberbeiträgen finanziert.
Erstaunen beim SBV
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) nahm den Protesttag «mit Erstaunen zur Kenntnis», nachdem in der letzten Verhandlungs-Runde deutliche Fortschritte erzielt worden seien.
Man lasse sich aber durch solche Druckversuche nicht einschüchtern. Der Verband will an seiner Offerte mit einem Gesamtwert von 2,5 bis drei Prozent für einen neuen Landesmantelvertrag festhalten.
Falls die SBV-Delegierten am 28. November zustimmten, könne dieses Angebot neben einer Reallohn-Anpassung auch das Modell eines flexiblen Altersrücktritts enthalten.
Klage gegen Gewerkschaften erwogen
Der SBV werde gegen die verantwortliche Baugewerkschaft und deren Funktionäre Klage wegen Verletzung der absoluten Friedenspflicht erheben, falls im Rahmen des Protesttages auch Störaktionen von Baustellen oder Proteststreiks erfolgten.
Dem Landes-Mantelvertrag, dem Gesamtarbeitsvertrag im Bauhauptgewerbe, sind rund 100’000 Bauarbeiter unterstellt.
Lokale Aktionen schweizweit
Nach ersten Schätzungen beteiligten sich 6’000 bis 7’000 Bauarbeiter. In Basel nahmen rund 200 bis 300 Bauarbeiter am Protest teil. In Bern hat der nationale Aktionstag mit zunächst rund 50 Leuten begonnen; später zogen mehrere Hundert durch die Stadt.
Die Bieler Bauarbeiter begaben sich nach einer kurzen Aktion in Biel per Schiff nach Neuenburg, wo sie sich im Schulterschluss mit der Romandie auf der Arteplage in gemeinsamer Kundgebung solidarisierten. Die Bieler Baustellen waren alle lahmgelegt.
In Baden AG legten nach Angaben der GBI 150 Arbeiter auf drei Baustellen bis 9 Uhr die Arbeit nieder. Ihnen schlossen sich weitere Bauarbeiter aus dem ganzen Kanton Aargau an.
Rund 300 Bauarbeiter sind in Zürich dem Aufruf zum nationalen Protesttag gefolgt. Sie änderten kurzfristig die Demonstrationsroute, weil den ausländischen Arbeitern der Baustelle Schulhaus/Lagerstrasse für nächstes Jahr mit dem Entzug der Arbeitsbewilligung gedroht worden sei, falls sie sich beteiligen würden.
In Zürich sind laut Rita Schiavi, Vize-Präsidentin der GBI, derzeit fast 90 Prozent der Hilfsarbeiter Ausländer, darunter viele Saisonniers aus Portugal, Jugoslawien, Italien und Spanien.
In der Zentralschweiz fanden Kundgebungen in Pfäffikon (SZ) und in Luzern statt. Laut dem für die Zentralschweiz zuständigen GBI-Regionalsekretär André Veya fanden sich rund 80 Teilnehmer zu Beginn der Protestversammlung in einem Hotel in Pfäffikon ein.
Proteste auch in Genf
800 Bauarbeiter haben in Genf am Aktionstag teilgenommen. Rund 90 Prozent der Baustellen im Kanton waren am Montag lahmgelegt, wie Syna-Sekretär Reale Pasquale sagte. In Genf arbeiten etwa 4’500 Personen im Baugewerbe. Vor zehn Jahren seien es noch 10’000 gewesen, erklärte Pasquale.
In Genf erhielten Bauarbeiter zum Teil nur 4’000 Franken Lohn. Nur sehr wenige von ihnen erreichten gesund das 60. Altersjahr, sagte Pasquale weiter. Die meisten würden schon vorher eine Invalidenrente erhalten.
swissinfo und Agenturen

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch