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Ascom: Abbau von weiteren 500 Stellen

Die Zukunft der Ascom-Mitarbeitenden ist ungewiss. Keystone

Der Berner Telekom-Ausrüster Ascom kämpft weiter ums Überleben: Für das Jahr 2002 erwartet Ascom einen Verlust zwischen 260 und 290 Mio. Franken.

Bis Ende 2003 will Ascom weitere 500 Stellen streichen, wovon 250 in der Schweiz. Die Gewerkschaften reagierten empört.

Die Nettoverschuldung der Gruppe konnte im Vorjahresvergleich von 631 Mio. auf rund 300 Mio. Franken reduziert werden, wie die Ascom am Dienstagabend in einer Medienmitteilung schreibt. Definitive Zahlen zum Ergebnis 2002 will der Konzern im März bekannt geben.

Nur wenige Wochen nach Antritt als Konzernchef kündigte Juhani Anttila am Dienstagabend radikale Massnahmen an: “Wir müssen unsere Verlustquellen beseitigen und auf die profitablen Bereiche setzen”, sagte Anttila.

Um den massiven Mittelabfluss in den nicht profitablen Bereichen aufzuhalten, habe die Konzernleitung entschieden, konzernweit weitere 500 Stellen zu streichen, wovon 250 in der Schweiz.

Hauptsächlich seien die Bereiche Produktion in Bodenweid (BE), Transport Revenue in Gümligen (BE) sowie Powerline Communications in Mägenwil (AG) betroffen, heisst es in der Mitteilung. Für die betroffenen Mitarbeiter bestehe ein Sozialplan.

Ascom baute in den vergangenen 18 Monaten bereits über 1300 Stellen ab. Wie Finanzchef Rudolf Hadorn ausführte, spart der Konzern durch den Abbau in diesem Jahr 20 Mio. Franken und in den Folgejahren 40 Mio. Franken.

Faktisches Aus für Powerline

Der hohe Konzernverlust für 2002 sei neben den schlechten operativen Bereichs-Ergebnissen eine Folge tieferer Erträge sowie höherer Restrukturierungs-Kosten. 2001 hatte Ascom einen Verlust von annähernd 400 Mio. Franken erlitten.

Mit der erneuten Umstrukturierung gibt Ascom de facto die vor einigen Jahren als neues Paradepferd gefeierte Powerline (Internet via Stromkabel) auf.

Anttila äusserte sich wegen der Flaute im Telekommunikations-Markt vorsichtig über die Zukunft des Konzerns. “Wir müssen die Entscheide je nach der aktuellen Lage fällen”, sagte er.

Gewerkschaften schockiert

Die Gewerkschaften sind über den erneuten Stellenabbau bei der Berner Ascom schockiert. Der SMUV kritisiert den Abbau als “Unternehmens-Demontage ohne Konzept”.

Die “stufenweise Demontage der Firma” sei nicht nur duch die schlechte Wirtschaftslage, sondern auch durch die Konzeptlosigkeit der Ascom-Führungsetage verursacht worden, kritisierte der SMUV in einer Mitteilung.

Die Sozialpartner seien erst heute, nachdem die Entscheidungen gefällt worden seien, über den Aderlass bei Ascom informiert worden, kritisierte SYNA. Diese Informationspolitik verunmögliche die Diskussion über arbeitsplatzerhaltende Alternativen.

Die Gewerkschaft erwartet von der Firmenleitung, dass sie Möglichkeiten zur Kostensenkung nicht nur auf Personalseite sucht. Ascom müsse alles unternehmen, um Härtefälle zu verhindern, teilte SYNA mit. Man erwarte nun von der Firmenleitung Konzepte zur Gesundung der Ascom sowie vertrauensbildende Massnahmen.

Kanton Bern stark betroffen

Die Behörden des Kantons Bern sowie der Ascom Standort-Gemeinden Bern und Muri-Gümligen bedauern den Abbau von rund 250 Stellen in der Schweiz, allein 110 davon im Kanton Bern. Man anerkenne die direkte Information von Seiten der Ascom und nehme Kenntnis vom vorgesehenen Sozialplan, teilten die Behörden mit.

Das kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) kündigte eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmen in den arbeitsmarktlichen Massnahmen an.

Börse skeptisch

Die Investoren reagierten verunsichert auf die Meldung. An der Börse eröffnete die Ascom-Aktie am Mittwoch zwar stärker, stürzte dann aber bis zu elf Prozent ab.

Die Lage bei Ascom habe sich nicht verbessert, schrieb die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in ihrem Marktbericht. Auf Grund der Verlängerung des Stillhalteabkommens mit den Banken bestehe zwar keine unmittelbare Insolvenzgefahr, Ascom bewege sich aber “auf dünnen Liquiditätspfaden”.

Die Nachhaltigkeit des Schuldenabbaus auf 300 Mio.Franken sei zweifelhaft. Zudem habe Ascom nach der Ablösung von Konzernchef Urs Fischer durch Verwaltungsrats-Präsident Juhani Anttila ein Strategievakuum.

swissinfo und Agenturen

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