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Banges Warten in Gaza vor Waffenruhe-Gesprächen

Keystone-SDA

Mit Blick auf neue Waffenruhe-Gespräche in Ägypten schwanken viele Menschen in Gaza zwischen Hoffnung und Skepsis. Die 33-jährige Rana Salameh hält sich seit Jahresbeginn mit ihren drei Kindern in einem Gebäude in Deir al-Balah auf, das früher als Schule diente. Sie schlafen auf dünnen Matratzen und kochen auf kleinen Gaskochern.

(Keystone-SDA) «Jedes Mal, wenn es heisst, es werde eine Waffenruhe geben oder Verhandlungen in Ägypten stattfinden, fangen die Menschen im Schutzraum an zu flüstern und hoffen, dass es endlich vorbei sein könnte», sagt Salameh mit Blick auf den Krieg, der schon seit zwei Jahren in dem schmalen Küstenstreifen wütet. «Aber nach so vielen gescheiterten Gesprächen haben wir gelernt, nicht zu viel zu erwarten.» Sie habe keine Antwort auf die Fragen ihrer Kinder, wann sie nach Hause gehen können.

«Ich möchte glauben, dass die Gespräche Ruhe bringen, aber ich habe Angst, wieder enttäuscht zu werden. Alles, was ich mir wünsche, ist, in unser Haus in Beit Lahia zurückzukehren – selbst wenn es beschädigt ist – und meine Kinder in ihren eigenen Betten schlafen zu lassen, ohne den Klang von Bomben.»

«Die Menschen hungern nach Nachrichten»

Der 54-jährige Mahmud Issa ist Gemüsehändler auf dem Al-Sawija-Markt in der Stadt Gaza. Vor dem Krieg, der mit dem beispiellosen Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 begann, war dieser Markt von morgens bis abends voll. Jetzt sei er fast leer, sagt Issa. «Jeder Kunde, der vorbeikommt, stellt mir dieselbe Frage: Hast du etwas aus Kairo gehört? Die Menschen hungern nach Nachrichten, nicht nach Essen.»

Alle wollten glauben, «dass vielleicht diesmal die Gespräche das Ende der Kämpfe bringen», erklärt er. «Aber wir haben das schon zu oft erlebt.» Die Preise seien hoch, die Vorräte knapp, und die meisten Familien könnten sich nicht einmal Tomaten oder Zwiebeln leisten. «Wenn die Bombardierungen aufhören, kann ich vielleicht meinen ganzen Stand wieder eröffnen, vielleicht können die Fischer zurück aufs Meer, und vielleicht wird die Stadt wieder atmen. Ich bitte nicht um viel – nur um Frieden, damit wir arbeiten und leben können.»

Angst davor, «dass die Welt weiterzieht und Gaza wieder bluten lässt»

Die 38-jährige Hanin al-Kudra ist Ärztin im Schiffa-Krankenhaus in der umkämpften Stadt Gaza. «Jeder Tag im Krankenhaus fühlt sich wie ein endloser Notfall an», berichtet sie. «Wir bekommen rund um die Uhr Verwundete – Kinder, Mütter, ältere Menschen – und manchmal müssen wir sie auf dem Boden behandeln, weil es nicht genug Betten gibt.»

Ein Teil von ihr wage es zu hoffen, wenn sie von den Gesprächen in Ägypten höre, «dass dies vielleicht, nur vielleicht, der Moment ist, an dem sich etwas ändern könnte». Ein anderer Teil von ihr bleibe vorsichtig. «Wir haben schon zu viele vorübergehende Pausen erlebt, die in weiteren Angriffen endeten.» Das medizinische Personal sei erschöpft, arbeite fast ohne Vorräte und sei emotional ausgelaugt, berichtet die Ärztin.

«Wenn diese Gespräche zu einer dauerhaften Waffenruhe führen könnten, würde das Leben retten und uns eine Chance geben, das Gesundheitssystem wieder aufzubauen. Am meisten fürchte ich, dass die Welt weiterzieht und Gaza wieder bluten lässt.»

Am Montag werden in Ägypten Gespräche über den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump erwartet. Inhalt der indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas sind eine rasche Waffenruhe und Freilassung der verbliebenen, im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln im Gegenzug für palästinensische Gefangene in einem ersten Schritt.

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