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Breite Phalanx gegen das verschärfte Asylrecht

Auch Familien und mit Kindern könnten auf der Strasse landen, befürchtet Amnesty. Keystone

Eine "Koalition für eine humanitäre Schweiz" will das Referendum gegen das vom Parlament revidierte und striktere Asylgesetz ergreifen.

Das revidierte Recht verstösst nach Ansicht der Koalition gegen die internationale Flüchtlingskonvention und verletzt internationales Recht.

Eine “Koalition für eine humanitäre Schweiz”, bestehend aus Vertretern von Kirchen, Hilfswerken, Flüchtlings- und Menschenrechts-Organisationen und Gewerkschaften, hat am Mittwoch in Bern erklärt, das revidierte Asylgesetz gefährde den Schutz der Flüchtlinge und verstosse zudem gegen die internationale Flüchtlingskonvention von 1951.

“Das revidierte Asylgesetz ist ein Gesetz gegen Asyl”, fasste der Generalsekretär der Schweizer Sektion von Amnesty International, Daniel Bolomey, die Gründe für das Referendum zusammen.

Mit ihm kritisierten Vertreter der in der “Koalition für eine humanitäre Schweiz” versammelten Organisationen, die Parlaments-Abgeordneten hätten das Augenmass verloren und ein Gesetz geschaffen, dass vor allem Missbrauch bekämpfen wolle, statt Schutz für Verfolgte zu bieten. Damit würden die Grundwerte der Schweizer Gesellschaft in Frage gestellt.

Konkret geht es vor allem um zwei Bestimmungen: Einerseits um die Regelung, Asylsuchende nicht mehr zum Verfahren zuzulassen, wenn sie nicht innert zweier Tage Papiere vorweisen, und andererseits um den Sozialhilfestopp für abgewiesene Asylsuchende.

“Erschütternde” Bilanz – “menschenverachtender Geist”

Für Beat Meiner, Generalsekretär der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), ist die Bilanz der Parlamentsarbeit am Asylgesetz erschütternd. Das revidierte Gesetz atme in mehreren Bestimmungen einen “menschenverachtenden Geist”.

Mit dem verschärften Nichteintretensgrund verletze das Gesetz zudem die Genfer Flüchtlingskonvention. Es wurden mehrere Gründe angeführt, welche die Beschaffung von Papieren erschweren oder verunmöglichen. So sind laut Caritas-Direktor Jürg Krummenacher fehlende Papiere oft gerade Indiz dafür, dass die Leute verfolgt würden. Im Jugoslawien-Krieg habe die Wegnahme von Dokumenten Ende der 1990er-Jahre beispielsweise gar zur Strategie der ethnischen Säuberung gehört.

Angeprangerter Sozialhilfestopp

Der Sozialhilfestopp für abgewiesene Asylsuchende wurde als folgenschwer kritisiert, weil er keine Ausnahmen für besonders Verletzliche mache. Alte, Kranke und Familien mit Kindern würden auf die Strasse gestellt und in die Illegalität und Verelendung getrieben, kritisierte etwa Verena Bürgi-Burri, Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds.

Muriel Langenberger von der Stiftung Terre des Hommes sprach in diesem Zusammenhang auch von einem Verstoss gegen die Kinderrechtskonvention. Es sei zu befürchten, dass künftig junge Asylsuchende vermehrt untertauchten und so Gefahr liefen, Opfer von Ausbeutung und Kinderhandel zu werden.

Rotes Kreuz: Unmenschliches Asylgesetz

Auch das Schweizerische Rote Kreuz (SRK), welches der Koalition nicht angehört, hat das revidierte Asylgesetz als unmenschlich kritisiert. Die Anwendung des Gesetzes könne schwerwiegende Verletzungen der Menschenwürde zur Folge haben.

Zudem müssten Flüchtlinge befürchten, dass die Schweiz ihnen das Menschenrecht auf Asyl vorenthalte, teilte das SRK bereits am Dienstag mit.

Das Schweizerische Rote Kreuz stehe in der Pflicht, auf die Unmenschlichkeit der Inhalte dieser Gesetzesreform aufmerksam zu machen, hiess es weiter. Das SRK könne sich nicht lediglich auf das “Auffangen” der negativen Auswirkungen dieses Gesetzes beschränken.

Gegenseitige Absprachen

Die Koalition ist parteipolitisch unabhängig, wie Jürg Schertenleib, Leiter des Rechtsdienstes der SFH, betonte.

Sie wird sich aber mit der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP) absprechen. Diese hatte bereits im November ein Referendum gegen das Asylgesetz beschlossen.

Das Referendum der SP wird auch von der Fraktion der Grünen im Nationalrat unterstützt. Zudem wollen die Grünen ein Referendum gegen das verschärfte Ausländergesetz lancieren.

swissinfo und Agenturen

Die “Koalition für eine humanitäre Schweiz”, welche das Referendum gegen das teilrevidierte Asylgesetz ergreifen wird, besteht aus Organisationen wie der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Amnesty International, Terre des Hommes, dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund und vielen weiteren.

Bereits im November hat die Sozialdemokratische Partei der Schweiz SP ihre Absicht bekundet, das Referendum zu ergreifen.

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