Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Basel hält sich Geothermie-Projekt warm

Neuland: Bohrung im Geothermie-Projekt Basel. www.geopower-basel.ch

Der Kanton Basel-Stadt hält an der Option Geothermie fest: Er beantragt 1,2 Mio. Franken für eine Risikoanalyse und startet einen Dialog zwischen Experten, Politikern und Bevölkerung.

Der Schock sass tief bei Baslerinnen und Baslern, als am 8. Dezember 2006 der Boden unter ihren Füssen bebte. Menschen kamen zum Glück keine zu Schaden.

Die Ursache des Erdstosses der Stärke 3,4 war aber der Mensch oder genauer: das geothermische Heizkraftwerk-Projekt namens Deep Heat Mining Basel. Im Rahmen der Pilotanlage in Kleinhüningen wurde kaltes Wasser zum Aufheizen in heisses Gestein bis in eine Tiefe von 5000 Metern gepresst. Das führte zu unerwartet starken Erschütterungen der Erdoberfläche.

Erde zittert, Vertrauen erschüttert

Bei wiederholten kleineren Beben gab es Sachschäden. Beschädigt wurde auch das Vertrauen der Bürger in die Kantonsregierung. Diese hätte im Vorfeld des Projekts mangelhaft über mögliche Risiken informiert, hagelte es Kritik aus der Bevölkerung.

Die Kantonsregierung stoppte das Projekt umgehend, und Baudirektorin Barbara Schneider entschuldigte sich bei den Baslern für den erlittenen Schrecken.

Jetzt haben die Basler Behörden aus den gemachten Fehlern die Lehren gezogen. Die Kantonsregierung verlangt eine Risikoanalyse, die technisch-wissenschaftliche Grundlagen für die Abschätzung der Risiken liefern soll.

Konkret erhofft sich die Basler Baudirektorin Schneider Aufschluss über das seismische Risiko des geothermischen Heizkraftwerk-Projekts, eine verständliche Darstellung dieses Risikos sowie Empfehlungen für das weitere Vorgehen.

Für den Bericht beantragt die Regierung dem Kantonsparlament einen Kredit von 1,2 Mio. Franken. Vorgesehen für die Ausarbeitung der Analyse ist ein Konsortium spezialisierter Unternehmen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich.

Puls fühlen – auf Bauch hören

“Die wissenschaftlich-technische Risikoanalyse ist aber nur ein Teil der Risikoabschätzung. Wir brauchen auch ein Mitmachen der Bevölkerung, denn wir wollen die Ängste und Ratschläge der Bürger ernst nehmen”, sagt Schneider gegenüber swissinfo. Nur Wissen über Hintergründe schaffe Sicherheit und räume Unsicherheit aus.

Der eingeleitete Dialog findet vorerst zwischen Experten, Behördenvertretern und Kantonspolitikern statt. Ende Jahr werden die Gespräche dann auch auf die Bevölkerung der ganzen Region ausgedehnt, zu der ausdrücklich auch das Elsass und der Raum Freiburg im Breisgau gezählt werden.

Um möglicher Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen, betonte Schneider, dass der Dialog auf Politikebene keineswegs den Entscheid vorwegnehme.

Kein Fachchinesisch

Das Vorhaben der Basler Regierung, beim Entscheid auch auf die Bevölkerung abzustützen, ist ebenso beispielhaft wie anspruchsvoll. Denn der Einbezug der Bevölkerung setzt voraus, dass die Experten eine verständliche Sprache sprechen. “Wir bewegen uns auf einem Gebiet, wo wir verstehen müssen, was die Experten sagen”, fordert Schneider. Mit einem Fachchinesisch würden die Spezialisten der Sache einen Bärendienst erweisen.

Beim eingeleiteten Prozess stehe Transparenz an oberster Stelle, betonte Jürg Hofer, Leiter des Amtes für Umwelt und Energie des Kantons Basel-Stadt. “Nach den Vorwürfen müssen wir jetzt Beweise liefern, dass wir fundiert handeln.”

Denn sowohl für Schneider wie für Hofer ist klar, dass das Projekt nur mit der Zustimmung von Politik und Bevölkerung weitergeführt werden kann.

Frühestens in eineinhalb Jahren

Die Baudirektorin rechnet damit, dass das Basler Kantonsparlament im kommenden Herbst über den Kredit befindet. Für die Risikoanalyse des trinationalen Konsortiums ist rund ein Jahr veranschlagt.

Nach Bereinigung des Expertenberichts soll dann das Basler Kantonsparlament Ende 2009 oder Anfang 2010 definitiv über die Zukunft von Deep Heat Mining Basel entscheiden. Es ist aber auch möglich, dass aufgrund eines Referendums das Volk das letzte Wort hat.

swissinfo, Renat Künzi, Basel

Erdwärme nennt man Geothermie. Diese Wärme stammt hauptsächlich aus der natürlichen Radioaktivität des Gesteins der Erdkruste.

Geothermische Energie ist die einzige erneuerbare Energiequelle, die ständig genutzt werden kann, ohne dass Lagerungskosten anfallen.

Mit Sonden lässt sich die nähere Erdwärme zu Heizzwecken nutzen.

Erst die Erschliessung tieferer Schichten ermöglicht dann auch Strom-Erzeugung (über ein künstlich geschaffenes geothermisches Reservoir).

Geothermie-Wärme: Ist in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr gut erschlossen (Gebäude-Heizung über Sonden ins Erdinnere).

Geothermie-Stromproduktion: Existiert in der Schweiz noch nicht.

Geothermie im Ausland: Stromerzeugung erfolgt bereits in vulkanischen Regionen, wo weniger tief gebohrt werden muss als in Basel.

In Deutschland wird ein erstes Kraftwerk ans Stromnetz geschaltet, das jedoch im Gegensatz zu Basel kein Wasser nach unten pumpen muss.

Das heisse Wasser ist dort bereits vorhanden und kommt von selbst an die Oberfläche.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft