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Brüssel wünscht Schweizer Soldaten gegen Piraten

Aussenministerin Micheline Calmy-Rey und der EU-Aussenbeauftragte Javier Solana. Keystone

Die EU wäre erfreut, wenn die Schweiz sich mit Soldaten an der Anti-Piratenoperation 'Atalanta' beteiligen würde. Dies betonte der EU-Aussenbeauftragte Javier Solana beim Treffen mit Micheline Calmy-Rey.

Brüssel wünscht sich eine Beteiligung von Schweizer Soldaten bei der EU-Operation ‘Atalanta’ zur Bekämpfung der Piraten vor der Küste Somalias. Diesen Wunsch äusserte der EU-Aussenbeauftragte Javier Solana Mitte Woche beim Treffen mit Aussenministerin Micheline Calmy-Rey in Brüssel sehr deutlich.

“Eine Kooperation mit Soldaten aus der Schweiz bei der Operation Atalanta wäre uns sehr willkommen”, betonte Solana.

Mit diplomatischer Höflichkeit, aber klar erteilte der EU-Aussenbeauftragte der Option eine Absage, dass die Schweiz sich nur finanziell beteiligen könnte.

Lieber Soldaten als Geld

“Ehrlich gesagt, das hat für uns keine Priorität”, sagte Solana. Er hoffe nun auf einen positiven Entscheid des Bundesrates. Die Frage, ob zum Beispiel eher Elitesoldaten oder Helikopter erwünscht seien, beantwortete er nicht. “Es liegt an der Schweiz, zu sagen, in welcher Weise sie sich beteiligen will.”

Calmy-Rey stellte einen raschen Entscheid des Bundesrates über eine Beteiligung an der Operation in Aussicht. Auch sie betonte, dass die EU “menschliche Ressourcen in militärischer Form benötigt und auch Juristen”.

Letztere sind zum Beispiel zur Beurteilung der kniffligen Frage wichtig, was mit gefangenen Piraten geschehen soll.

Eine Beteiligung an ‘Atalanta’ sei unerlässlich zum Schutz der Handelsschiffe unter Schweizer Flagge, erklärte die Bundesrätin: “Wir haben keine Kriegsmarine, deshalb liegt die Möglichkeit, unsere Schiffe zu beschützen, einzig in der Solidarität mit der EU.”

Eine rein finanzielle Beteiligung an ‘Atalanta’ würde laut Calmy-Rey nicht garantieren, dass die schweizerischen Handelsschiffe den gleichen Schutz erhalten wie jene der EU und des Welternährungsprogramms der UNO.

Militärische Kooperation wird wahrscheinlicher

Mit dem Treffen Mitte Woche verdichtet sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Schweiz sich militärisch an ‘Atalanta’ beteiligt – falls der Bundesrat denn eine Kooperation beschliessen sollte.

Auch Verteidigungsminister Ueli Maurer hatte Anfang Februar überraschend erklärt, dass die Schweiz sich mit Soldaten engagieren würde, falls sie bei der Piratenbekämpfung mitmache. Allerdings lehnt der Bundesrat der Schweizerischen Volkspartei einen Einsatz nach wie vor aus grundsätzlichen Überlegungen ab.

swissinfo, Simon Thönen, Brüssel

Die im letzten Dezember gestartete Operation Atalanta ist der erste Marineeinsatz in der Geschichte der Europäischen Union.

Atalanta soll zum einen die wichtige Schifffahrtsroute von Asien durch den Suezkanal nach Europa vor somalischen Piraten schützen. Zum andern die Frachtschiffe des UNO-Welternährungsprogramms, mit denen die somalische Bevölkerung vor einer Hungerkatastrophe bewahrt werden soll.

Für eine Beteiligung der Schweiz an Atalanta sind diverse Optionen denkbar. Soldaten und Offiziere können direkt auf Frachtschiffen, auf den Kriegsschiffen der EU-Staaten oder auch im Hauptquartier der Operation im britischen Northwood und in den Stützpunkten in der Einsatzregion eingesetzt werden.

An einer rein finanziellen Beteiligung ist die EU hingegen schon deshalb nicht sehr interessiert, weil die an Atalanta beteiligten Staaten die Kosten ihres Einsatzes jeweils selber tragen.

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