
Presseschau: UNO-Beitritt und Promille-Grenze

Die Kommentatoren der Schweizer Zeitungen sind sich mehrheitlich einig, dass das Ja des Ständerates zum UNO-Beitritt richtig ist. Allerdings brauche es für ein Volks-Ja noch viel Aufklärung. Weiter löst der Entscheid des Nationalrats zur Promillegrenze kein positives Echo aus.
«Ja»
Ganz einfach «Ja» titelt der Berner BUND seinen Kommentar zum Entscheid des Ständerates, der «ja» sagt zur Volksinitiative «Für den Beitritt der Schweiz zur UNO». Das Volk werde sich indessen nicht so leicht von dem Beitritt zu UNO überzeugen lassen:
«In der UNO-Abstimmung wird die Schweiz ihre ‚mytische‘ Neutralität – nicht zu verwechseln mit der völkerrechtlichen – auf den Müllhaufen der Geschichte werfen müssen. Darum wird sich die Abstimmung drehen.»
Auch die BASLER ZEITUNG meint, dass die UNO-Abstimmung «kein Spaziergang» werde:
«Will der Aussenminister gewinnen, muss er den modernen Begriff der ‚Neutralität‘ umfassend klären – und vor allem dem Volk erklären.»
Die AARGAUER ZEITUNG schreibt im Hinblick auf die bevorstehende Abstimmung:
«Um alles klar zu machen, muss der Bundesrat seine Neutralitäts-Erklärung zuhanden der UNO vor der Volksabstimmung ausformulieren. Diese darf aber eine Weiterentwicklung der Neutralitätspolitik nicht verbauen.»
Die BERNER ZEITUNG meint:
«Die Befürworter müssen erklären, was die UNO ist, was sie für die Welt tut und was die Schweiz beitragen kann. Hier besteht noch grosser Informationsbedarf.»
Der ständerätliche «Übereifer um die Neutralitätsfrage» sei hingegen falsch, meint das Blatt. Denn damit machen die Ständeräte….
«… die Neutralität zur Schicksalsfrage und geben Blocher und seiner Auns eine Plattform. Die Ewiggestrigen werdens danken.»
Für die LUZERNER ZEITUNG besteht hingegen die Gefahr, dass die Befürworter in der politischen Debatte die psychologische Dimension des Neutralitäts-Begriffs unterschätzen:
«Denn in der tradierten Vorstellung bedeutet Neutralität auch Heimatgefühl: Sie grenzt ab, hält die heterogene, multikulturelle Schweiz gegenüber dem Ausland zusammen.»
Gerade weil sich der Neutralitäts-Begriff für eine emotionale Auseinandersetzung eigne, sei es ….
«… zwar nicht zu früh, die Debatte über die wahre Bedeutung der Neutralität zu beginnen. Und dennoch ist es klug, das Phantom gleichzeitig mit einer Vorbehaltsklausel zu neutralisieren.»
Themawechsel zum Nationalrat, der beschloss, dass die Promillegrenze im neuen Strassenverkehrs-Gesetz nicht von heute 0,8 auf neu 0,5 Promille gesenkt werden soll. Der TAGES ANZEIGER zitiert einen bürgerlichen Votanten, der in der Debatte gesagt habe, es gehe hier um die Frage von Freiheit oder Sicherheit. Die Zeitung erinnert an die hohe Unfallrate auch wegen Trunkenheit und bilanziert:
«Eine medizinische Frage wurde verpolitisiert und damit der Willkür von Populisten ausgeliefert. Freiheit oder Sicherheit? Der Rat zieht die Freiheit vor.»
Dass im weiteren das Parlament und nicht der Bundesrat die Promillegrenze festlegen sollen, verleitet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG zu folgender Äusserung:
«Das ist keine gute Idee. In der holprigen Beratung des Strassenverkehrs-Gesetzes zeigte sich der Nationalrat nämlich nur bedingt fahrtüchtig.»
Für die BASLER ZEITUNG ist es «unsinnig», dass das Parlament die Promillegrenze festlegen will:
«Die Fahrtüchtigkeit eignet sich schlecht für das politische Parkett. Diese der Auseinandersetzung von Parteien- und Interessenvertretern überlassen zu wollen, ist ein bedauerliches Zeichen für die populistische Schlagseite, die der Nationalrat mittlerweilen aufweist.»
Der Berner BUND meint:
«Der Nationalrats-Mehrheit geht es weniger um mehr Sicherheit als um den Applaus vom Biertisch: Die Politiker aus ländlichen Kantonen und Regionen werden aus Rücksicht auf ihre Wählerschaft kaum je eine tiefere Alkoholgrenze beschliessen.»
Und die SOLOTHURNER ZEITUNG schreibt:
«Wer es ernst meint mit dem Ziel von möglichst wenig Unfällen im Strassenverkehr, kann eigentlich nur für eine Grenze sein, die tiefer liegt als die heute gültigen 0,8 Promille».
Zum Schluss ein Blick auf die Titelseite des BLICKS. Grosse Bilder zeigen eiscrème-essende Kinder und Menschen beim Sonnenbad. Der Titel:
«Endlich Sommer!»
Kathrin Boss Brawand

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