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Volksabstimmung zur Schweiz… in Frankreich

Stimmt Frankreich wohl einmal über die Zukunft der Schweiz ab? Keystone Archive

Sollte die Schweiz eines Tages der EU beitreten wollen, dann müssten das die französischen Wähler in einem Referendum bejahen...wie bei der Türkei.

Immer mehr Länder machen Bekanntschaft mit der direkten Demokratie. Einige werden damit möglicherweise ausgerechnet über die Schweiz abstimmen.

Sicher – das Beitrittsgesuch der Schweiz zur Europäischen Union ist zur Zeit nicht akuell. Doch die Geschichte ist es wert, erzählt zu werden.

Um was geht es?

Am 29. Mai werden die französischen Wählerinnen und Wähler über die Europäische Verfassung abstimmen. Nicht wenige Wahlberechtigte in Frankreich befürchten nun, dass ein Ja zur Verfassung auch der Türkei den Weg ebnet für einen Beitritt zur EU. Dass das Referendum eigentlich diese Frage in sich trägt.

Um dieser Befürchtung entgegenzutreten, und um die besorgten Wähler bezüglich der Türkei zu beruhigen, hat das französische Parlament die Verfassung des Landes um eine Satzung ergänzt.

Diese sieht vor, wenn denn ein Beitritt der Türkei anstehen werde – so in rund zehn Jahren – dann können die französischen Wählerinnen und Wähler in einem obligatorischen Referendum zum Beitritt Stellung beziehen.

Kein «Türkei-Gesetz»

Unmittelbar nachdem der französische Kongress in Versailles, die Gemeinsame Sitzung der beiden Parlamentskammern, diesen Gesetzesentwurf angenommen hatte, wurde dieser auch von Präsident Chirac verkündet und trat damit in Kraft.

Die von Beobachtern bereits «Türken-Artikel» gerannte Verfassungsänderung erwähnt die Türkei mit keinem Wort. Juristen und französische Diplomaten wollten nicht etwa die Türkei brüskieren und noch Öl ins Feuer giessen, in dem man gar zugegeben hätte, man habe den diffusen Ängsten in der Öffentlichkeit Rechnung getragen.

Doch das neue Gesetz sagt deutlich: Wenn ein neues Land in die EU aufgenommen wird, dann unterliegt die Aufnahme der Volksabstimmung, die der französische Präsident durchführen muss.

Kein Gesetz ohne Ausnahmeregelung: Es gilt nicht für die Länder, deren möglicher Beitritt von der EU vor dem 1. Juli 2004 beschlossen wurde. Es sind dies Bulgarien, Rumänien und Kroatien. Die Türkei gehört nicht dazu.

Was hat die Schweiz damit zu tun?

Sie wäre vermutlich insofern davon betroffen, dass ein in ferner Zukunft nicht auszuschliessender Beitritt der Schweiz zur Europäischen Union – wie der Beitritt der Türkei – dem obligatorischen französischen Referendum unterworfen wäre.

Dieses Verfahren bekräftigt auch ein Sprecher im französischen Aussenministerium am Quai d’Orsay in Paris gegenüber swissinfo. Auch in Bern, wie auch auf der Schweizer Botschaft in Paris wird der Sachverhalt bestätigt.

Diese Frage soll bereits bei informellen Treffen zwischen der Schweiz und Frankreich angesprochen worden sein.

Auch andere Staaten

Allerdings sehen bereits etliche Verfassungen anderer Mitgliedsstaaten der EU eine obligatorische Volksabstimmung für jeden Beitritt eines Landes zur EU vor. Davon wäre auch ein Schweizer Beitritt betroffen.

Dabei muss beachtet werden, dass sich solche Referenden auf mehrere EU-Beitritte gleichzeitig beziehen können. Und wer will schon sicher sein, ob die Franzosen oder Dänen nicht eines Tages aufgerufen werden, über den gleichzeitigen Beitritt von Aserbeidschan, Bosnien-Herzegowina, Serbien und der Schweiz abzustimmen.

swissinfo, Michel Walter

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