Rohstoffkrieg und leere Versprechen: Im Kongo wirkt Trumps Frieden nicht
Der US-Präsident hat Frieden ausgerufen, aber in der rohstoffreichen Demokratischen Republik Kongo dominieren weiterhin Gewalt und Gier. Trotz der prekären Sicherheitslage hat die Schweiz ihre Hilfe fortgesetzt - in einem Land, in dem die Bevölkerung für die geopolitischen Interessen den Preis bezahlt.
«Es fallen weiterhin Bomben und wir wissen nicht, von wem sie kommen», sagte Furaha Jumapili, eine Binnenvertriebene in der Demokratischen Republik Kongo (DRK), gegenüber France 24 am 5. Dezember – nur einen Tag, nachdem Ruanda und die DRK in Washington ein Friedensabkommen unterschrieben hatten.
Die Bombardierungen haben eine Massenflucht ausgelöst. Zehntausende Menschen sind geflohen, viele davon in die Nachbarländer. Auch nach Ruanda, wie die lokalen Behörden in Kamaniola, einer Grenzstadt im Gebiet Walungu in der Provinz Süd-Kivu im Osten des Landes, berichteten.
Frieden auf dem Papier
Es ist ein weiteres Kapitel in einem Konflikt zwischen Rebellen und Regierungstruppen, der seit 1998 andauert. Im Januar dieses Jahres verschärfte sich die Lage erneut, als die Rebellengruppe M23 die Kontrolle über Goma, die Hauptstadt von Nord-Kivu, übernahm. Laut UNO wird die Bewegung von mehreren westlichen Staaten und Ruanda unterstützt.
Wenige Wochen später fiel auch Bukavu, die Hauptstadt von Süd-Kivu, unter die Kontrolle der M23, mit weitreichenden Folgen für die Region und die UN-Mission MONUSCO.
Deren Mandat, die Zivilbevölkerung zu schützen und staatliche Institutionen zu stärken, konnte bisher nur unzureichend erfüllt werden. 2024 beschloss der UN-Sicherheitsrat, die Mission gestaffelt aufzugeben.
Der Rückzug der UN-Truppen ist bereits angelaufen, er könnte aber noch einmal aufgeschoben werden. Denn von stabilen Verhältnissen ist die DRK weit entfernt.
Das am 4. Dezember unter der Schirmherrschaft der USA und im Beisein von Angola, Burundi, Kenia Uganda und Togo unterzeichnete «Washingtoner Abkommen für Frieden und Wohlstand» reiht sich ein in eine lange Serie von Vereinbarungen, die ihre Ziele verfehlten.
Die Aufteilung des grossen Minenkuchens
Das Abkommen beinhaltet auch wirtschaftliche Komponenten und sichert den USA bevorzugten Zugang zu den Seltenen Erden der Region. Doch Donald Trump ist nicht der einzige, der am Minenreichtum der DRK interessiert ist.
Mit Abstand grösster Abnehmer der Minenexporte ist China. Der Abbau von Kobalt und Kupfer, unter anderem für die Batterieherstellung, geht mit schweren Menschenrechtsverletzungen einher. Der illegale, unkontrollierte Abbau ist der Kern des regionalen Konflikts: Rebellen besetzen Minen, eignen sich Ressourcen an und schleusen sie in globale Lieferketten ein.
Das betrifft auch die Schweiz. Robert Bachmann von der NGO Public Eye sagte gegenüber Swissinfo: «Die Schweiz als global führender Rohstoffhandelsplatz trägt eine grosse Verantwortung, die Risiken in diesem Sektor zu reduzieren. Leider fehlt es bei den Transaktionen der Schweizer Rohstoffhändler an Transparenz und verbindlichen Sorgfaltspflichten.»
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Nichts funktioniert: keine Banken, keine Flughäfen
Schätzungsweise sieben Millionen Menschen sind im Kongo bereits durch die Gewalt rund um die Bodenschätze vertrieben worden. Die humanitäre Lage ist prekär. Die Schweiz stellte deshalb im Februar drei Millionen Franken an Hilfsgeldern bereit, im Mai wurden weitere zwei Millionen freigegeben.
Wie geht es der Zivilbevölkerung? Die als Mama Sarah bekannte Aktivistin für Frieden und Frauenrechte Sarah Kyabu Ntambwe sagt, die Situation sei eine andere als in früheren Krisen. Die M23-Gruppen im Osten des Landes hätten eine Parallelregierung eingerichtet. «Aber nichts funktioniert, weder Banken noch Flughäfen. Die Menschen können nicht auf ihre Gelder zugreifen, nicht normal reisen und nicht nach Hause zurückkehren.»
«Die Bevölkerung bezahlt den Preis», sagt Kyabu, deren Organisation «Change your World» von der UNO unterstützt wird. Der aktuelle Friedensprozess, einschliesslich der Zusammenarbeit im Rohstoffsektor, ignoriere die Zivilbevölkerung. Kyabu versucht mit ihrer Organisation deshalb den Druck auf die Entscheidungsträger zu erhöhen. Die Abkommen müssten die Realität der verletzlichen Bevölkerungen berücksichtigen und die Würde und die Rechte der Menschen schützen, sagt sie.
«Wir versuchen, laut und deutlich zu schreien, damit alle Beteiligten uns hören und unsere Forderungen in den gesamten Prozess aufnehmen.» Kyabu sammelt dafür Stimmen von Frauen und Jugendlichen in der Konfliktregion.
Die Zeit einer «räuberischen» internationalen Politik
«Die Friedensverpflichtungen gehen nicht wirksam auf die regionale Dimension des Konflikts ein, insbesondere auf die Frage des Zugangs zu Ressourcen und die Verantwortung der politischen Klasse.» So fasst Jean Bisimwa Balola die Situation zusammen.
Der Kongolese ist Projektleiter der Schweizer Entwicklungsagentur HEKS-EPER in der DRK. Von seinem Büro in Goma aus versucht er unter anderem, die Sicherheit seiner Mitarbeitenden zu gewährleisten – drei seiner Kollegen wurden im Februar ermordet.
«Die Wertschöpfungsketten der strategischen Mineralien sind eine wichtige Frage im Krieg und in der Regierungsführung, sei es in der DRK, Ruanda, Burundi oder Uganda, denn sie erstrecken sich auf viel mächtigere Länder, die meiner Meinung nach den Krieg in den Produktionsgebieten führen», sagt Besimwa.
Er erinnert an den «Vertrag des Jahrhunderts», den die vorherige Regierung von Joseph Kabila (2001–2019) 2007 mit China unterzeichnet hat. Vereinbart wurde der Abbau von Kobalt und Kupfer im Gegenzug für Investitionen in die Infrastruktur. Ein Geschäft das «Washington nicht gefiel», wie Besimwa sagt. Heute seien die USA selbst an Mineralabkommen interessiert.
«Wir erleben eine Politik, die viel stärker auf wirtschaftliche Interessen ausgerichtet ist, viel räuberischer, ohne Rücksicht auf die Achtung der Menschenrechte, die Regeln des Krieges und das humanitäre Völkerrecht», sagt dazu Federico Riccio, Leiter des Ostafrika-Programms bei HEKS-EPER in Lausanne in der Schweiz.
Gleichzeitig bekomme der Kongo kaum mediale Aufmerksamkeit. «In Europa werde über Afrika fast nur im Zusammenhang mit Migration diskutiert, während die Medien ihr Hauptaugenmerk auf die Ukraine und Gaza richteten», bedauert Riccio.
Nur die Schweiz blieb in Bukavu an der Seite der Bevölkerung
«Hört zu, wir müssen leben» – es ist dieser Ruf, den Jean Bisimwa in seiner täglichen Arbeit von seinen Landsleuten hört. Seine Organisation wie auch die Vertretung der Schweizerische Hilfe versuchen deshalb, nahe bei der Bevölkerung zu bleiben, trotz der fragilen Sicherheitslage.
«Wir arbeiten für die Bevölkerung, wir arbeiten dort, wo die Not am grössten ist. Deshalb ist der Standort in Bukavu im Osten des Kongo der richtige, auch wenn das Gebiet jetzt besetzt ist», sagt Thomas Jenatsch, Chef des Kooperationsbüros der Schweiz in Bukavu gegenüber Swissinfo.
«Wir sind nicht gegangen, wie viele andere Organisationen, als im Januar 2025 der Krieg ausbrach. Das hat uns ermöglicht, schnell und wirksam humanitär zu reagieren», sagt Jenatsch.
Aber wird dieses Engagement auch geschätzt? Für Jean Bisimwa reicht die Präsenz der humanitären Hilfe in Gebieten mit einer hohen Fragilität über das Praktische hinaus. «Sie ermutigt die Menschen, weil sie ihnen zeigt, dass sie nicht im Stich gelassen werden.»
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Artikel editiert von Marc Leutenegger
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