Der "Medien-Kanzler" wird Berater bei Ringier
Der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder soll als Berater beim Schweizer Ringier Verlag künftig Kontakte mit Blick auf das Ausland erleichtern.
Die Ankündigung erfolgte nur einen Tag, nachdem sich Gerhard Schröder vollständig von der deutschen Politik zurückgezogen hatte.
Schröder tritt sein Mandat als persönlicher Berater von Verleger Michael Ringier im kommenden Januar an, wie Ringier am Donnerstag an einer Medienkonferenz in Zürich sagte.
Schröder werde weder Mitglied des Verwaltungsrats noch eines anderen Konzerngremiums, sondern stehe als Gesprächspartner für Fragen der internationalen Politik zur Verfügung, sagte Michael Ringier. Er sei überzeugt, dass Schröder mit seiner internationalen Erfahrung eine Bereicherung für das Unternehmen sei, zumal man als Verleger auch politisch aktiv sein müsse.
Ringier verwies darauf, dass sein Verlag auch in China, Vietnam oder Ost-Europa stark vertreten sei. Als sein persönlicher Berater werde Schröder deshalb "ganz bestimmt auch die eine oder andere Tür öffnen können".
Freundschaftliches Verhältnis
Die Form der Zusammenarbeit müsse sich "irgendwie entwickeln", sagte Ringier weiter. Möglicherweise gehe man auch zusammen auf Reisen. Schröder, der am Mittwoch als deutscher Regierungschef und als Parlamentsmitglied abgetreten ist, erhält im fünften Stock des Ringer-Pressehauses an der Dufourstrasse 23 ein eigenes Büro, in der Nachbarschaft von Zürcher Opernhaus und "Neuer Zürcher Zeitung".
Zu den Anstellungsbedingungen hielt sich Ringier bedeckt. "Wir sind nicht ein Haus, das über so etwas spricht", sagte er zur Frage nach dem Honorar und fügte bei: "Er war als Bundeskanzler ein bescheidener Mann und wird das auch bleiben. Wenn es ihm um Geld gegangen wäre, hätte er sicher einen andern Job angenommen." Zur zeitlichen Belastung des alt Bundeskanzlers sagte er, Schröder dürfte ein oder zwei Mal wöchentlich in Zürich sein: "Mit einer solchen Persönlichkeit macht man nicht einen Vertrag, in dem etwas von 40 Stunden oder so steht."
Nach Ringiers Angaben gibt es zwischen ihm und Schröder seit Jahren ein freundschaftliches Verhältnis: "Es war immer irgendwie klar, dass wir mal was zusammen machen. Und jetzt ist eben der Zeitpunkt gekommen."
Buch über Regierungszeit
Das seit 170 Jahren in der Schweiz aktive Verlagshaus mit mehr als 6000 Mitarbeitern verzeichnete im vergangenen Jahr einen Umsatz von umgerechnet 750 Millionen Euro. Zwei Drittel davon gingen auf Zukäufe in Mittel- und Osteuropa zurück. Ringier verlegt in Rumänien, Serbien, der Slowakei, der Tschechischen Republik und Ungarn mehr als 40 Zeitungen und Zeitschriften.
In der Schweiz erscheint bei Ringier insbesondere das Boulevardblatt "Blick". In Deutschland gibt der Verlag das politische Monatsmagazin "Cicero" heraus.
Schröder hatte vor seinem Ausscheiden angekündigt, dass er keine
lukrativen Aufsichtsratposten in deutschen Industriekonzernen übernehmen, sondern sich wieder vermehrt von Berlin aus seiner Tätigkeit als Anwalt widmen wolle. Außerdem will er bis Herbst nächsten Jahres ein Buch über seine sieben Regierungsjahre schreiben.
Kohl war Berater des CS
Der neue Bundeswirtschaftsminister Michael Glos nannte Schröders Ringier-Engagement "sehr ordentlich". Dies zeige, dass auch ein Wechsel von der Politik in die Wirtschaft möglich sei.
Auch Schröders CDU-Vorgänger Helmut Kohl war nach seiner Abwahl 1998 in den Dienst eines Schweizer Unternehmens getreten. Er wurde im März 1999 Mitglied des internationalen Beirats der Grossbank Credit Suisse. In Bankenkreisen wurde damals von einem Jahreshonorar von 100 000 Schweizer Franken gesprochen. Im Verlauf der CDU-Spendenaffäre liess Kohl dieses Mandat vorläufig ruhen.
swissinfo und Agenturen
In Kürze
Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am 23. November offiziell auch sein Mandat im deutschen Bundestag aufgegeben und ist damit vollständig von der deutschen Politik zurückgetreten.
Der 61-jährige Sozial-Demokrat Schröder war seit 1998 deutscher Bundeskanzler. In Zukunft will er in Berlin seine Tätigkeit als Anwalt wieder aufnehmen.
Ab Januar 2006 wird er zudem Berater des Schweizer Verlegers Michael Ringier.
Fakten
Der Schweizer Verlag Ringier beschäftigt weltweit mehr als 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
2004 erzielte Ringier einen Umsatz von 1,114 Mrd. Franken und einen Konzern-Gewinn von 55,6 Mio. Franken.
Für das laufende Jahr erwartet Ringier eine Umsatz-Steigerung von 10%.

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