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Ein Genfer wird höchster Schweizer

Jean-Philippe Maitre - der neugewählte Präsident des Nationalrats. Keystone

Der Christdemokrat Jean-Philippe Maitre ist zum Präsidenten des Nationalrats gewählt worden. Damit ist er für die nächsten 12 Monate der höchste Schweizer.

Im Ständerat übernimmt mit Bruno Frick ebenfalls ein Christdemokrat das Szepter.

In seiner Antrittsrede warnte Maitre, der Genfer Rechtsanwalt aus der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), vor den Gefahren der Polarisierung. Er rief das Parlament auf, integrierend zu wirken.

Dasselbe Resultat wie sein Vorgänger

Maitre erhielt am Montag 148 Stimmen bei 182 ausgeteilten Stimmzetteln. Er machte damit exakt das gleiche Resultat wie sein Vorgänger Max Binder vor einem Jahr.

Der 55-jährige Maitre begann seine Amtszeit mit einem Appell an den nationalen Zusammenhalt und warnte vor den Gefahren einer gespaltenen Schweiz.

Die zunehmende Polarisierung in der Politik habe eine ausschliessende Wirkung. Sie stehe deshalb im Widerspruch zur schweizerischen Politkultur, die darauf ausgerichtet sei, Minderheiten einzubinden.

Die Aufgabe des Parlaments sei es, neue und nachhaltige Lösungen zu finden. Dafür müsse es integrierend wirken und den Zusammenhalt stärken.

Nicht einfach nur Zweifel schüren

Maitre kritisierte das Verhalten bestimmter Kreise, welche die Zweifel in der Bevölkerung schürten und damit Ablehnungen herauf beschwörten.

Das Parlament sieht Maitre vor der schwierigen Sisyphus-Aufgabe, wieder mehr Vertrauen in die Politik herzustellen. Es dürfe dabei nicht in Routine und noch viel weniger in Resignation verfallen.

Bevor er mit einem musikalischen Ständchen im Bundeshaus gefeiert wurde, richtete Maitre noch spezielle Dankesworte an seinen Vorgänger. Max Binder habe seine Arbeit mit viel Engagement und grosser Kompetenz vollbracht.

Binder selbst bedankte sich bei den Räten für die angenehme Zusammenarbeit und den Geist der Kollegialität, den er habe spüren dürfen: “Die Schweiz ist eine Perle, für die es sich lohnt, sich einzusetzen.”

Amtsältester mit viel Erfahrung

Mit seinen 21 Jahren in der Grossen Kammer gehört der neue Ratspräsident Maitre zu den amtsältesten und erfahrensten Nationalräten. Er gilt als überzeugter Mitte-Politiker und fällt durch ein stets elegantes Erscheinen auf.

In seiner langen und steilen Politikerkarriere war Maitre unter anderem während zwölf Jahren Genfer Regierungsrat.

Ständerats-Präsidium: Bruno Frick

Der Schwyzer CVP-Ständerat Bruno Frick ist neuer Präsident der Kleinen Kammer. Der 51-jährige Rechtsanwalt aus Einsiedeln wurde am Montag mit 43 Stimmen zum Nachfolger des Glarner Freisinnigen Fritz Schiesser gewählt.

Frick sitzt seit 1991 im Ständerat. In seiner Partei ist er seit vergangenem September Vizepräsident.

Bruno Frick ist eine der markanten Persönlichkeiten auf dem eidgenössischen Politparkett. Der 51-jährige Schwyzer ist ein Wertkonservativer, dem aber jeder Dogmatismus abhold ist.

Er versteht sich als Kompromissbauer, der im allgemeinen Interesse auch mal über den eigenen Schatten springen kann.

Nicht zum Bundesrat gewählt

1988 wurde er Kantonsrat, und mit 38 Jahren Schwyzer Ständerat. Frick wäre auch gerne Bundesrat geworden, als Flavio Cotti und Arnold Koller zurücktraten. Gewählt wurde aber Joseph Deiss.

Im Stöckli fällt Frick als gründlicher Arbeiter mit träfen Sprüchen und pointierten Aussagen auf. Politisch gilt er als eher unberechenbar und wertkonservativ, aber nicht stur.

Er war ein EU-Skeptiker, als sich seine Partei Europa noch ganz öffnen wollte. Er widersetzte sich auch dem CVP-Modell des Schwangerschafts-Abbruchs mit Beratungs-Pflicht. Er vertritt aber auch liberale Positionen.

Positionen für die kommenden Jahre

Die Position des höchsten Schweizers wechselt alle 12 Monate. Die Kandidierenden stehen üblicherweise fest, die Tradition will es so. So wurden im Nationalrat am Montag bei den Präsidentenwahlen hinter Maitre auch die Positionen für die beiden kommenden Jahre bezogen:

Der Baselbieter SP-Nationalrat Claude Janiak stieg mit 150 Stimmen vom zweiten zum ersten Vizepräsidenten auf und wird damit der Grossen Kammer im Jahr 2006 vorstehen.

Zweite Vizepräsidentin wurde mit 138 Stimmen die Aargauer Freisinnige Christine Egerszegi. Ihr wird die Ehre des Ratspräsidiums 2007 zufallen.

swissinfo und Agenturen

Der Genfer Jean-Philippe Maitre, 55, war bereits als 24-jähriger im Genfer Grossrat.
Als 34-Jähriger wurde er in den Nationalrat gewählt, mit 36 in die Kantonsregierung.
Von 1998 bis 2002 präsidierte er die Bundeshaus-Fraktion der CVP.
Bruno Frick war 1988 bis 1991 im Schwyzer Kantonsrat.
Seit 1991 ist er Ständerat, seit 2004 Vizepräsident der CVP Schweiz.

Der 1949 geborene Jean-Philippe Maitre studierte Recht. Sein Studium beendete er 1973 mit dem Anwaltspatent. Von 1971 bis 1985 arbeitete er als Rechtsanwalt.

Maitre ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Bereits sein Vater Yves Maitre war CVP-Nationalrat.

Der Schwyzer Bruno Frick, geboren 1953, lebt in Einsiedeln, ist verheiratet und hat ein Kind.

Frick machte 1981 in Zürich das Anwaltspatent. An der Uni Zürich hat er einen Lehrauftrag.

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