Entwarnung für gentechnisch veränderte Insekten statt Pestizide
(Keystone-SDA) Um Schädlinge ohne Pestizide zu bekämpfen, könnte man gentechnisch veränderte Artgenossen nutzen. Solche Insekten mit sogenannten Gene Drives, die Insekten-Populationen verändern, mithin sogar auslöschen können – wie gefährlich sind die? Agroscope gibt Entwarnung.
Es mutet an wie die Büchse der Pandora: Neue molekulare Verfahren ermöglichen es, genetische Elemente, Gene Drives, künstlich in einen Organismus einzufügen. Werden sie an ein Gen geknüpft, welches für eine bestimmte Eigenschaft verantwortlich ist, so kann diese Eigenschaft innerhalb weniger Generationen in eine Population «eingetrieben» werden. Dies gelingt auch, wenn die Eigenschaft einen Nachteil für die Organismen mit sich bringt.
Das Verfahren ermöglicht beispielsweise, dass Stechmücken so verändert werden, dass sie dem Malariaerreger nicht mehr als Wirt dienen können. Es können aber auch Eigenschaften «implantiert» werden, die negativ sind für eine Population und sie im Extremfall vernichten, zumindest lokal. Die invasive Kirschessigfliege Drosophila suzukii etwa ist ein Schädling, für den eine Bekämpfung mittels Gene Drives in Betracht gezogen wird.
Bedenken wurden hinsichtlich möglicher Umweltauswirkungen dieser Technologie geäussert. Einerseits, weil solche Insekten mit Hilfe der Gentechnologie erzeugt und anschliessend freigesetzt werden sollen. Andererseits könnten Gene Drives global zur Ausrottung einer Art führen. Ausserdem wird befürchtet, dass die Gene-Drive-Elemente auch auf andere Insektenarten übertragen werden und dort Schaden anrichten könnten. Es gilt also, die Umweltauswirkungen im Rahmen einer Risikoabschätzung zu prüfen, bevor solche Organismen freigelassen werden.
Erfahrungen sind genug vorhanden
Jörg Romeis und Jana Collatz von der Forschungsgruppe Biosicherheit bei Agroscope sind dieser Problematik zusammen mit Experten vom National Institute of Public Health and the Environment in den Niederlanden und der Oxford University in England nachgegangen. In einem gerade in der Zeitschrift Environmental Science & Policy erschienenen Artikel legen sie dar, dass die Gene-Drives-Technologie keine grundsätzlich neuartigen Umweltrisiken mit sich bringt im Vergleich zu etablierten Schädlingsbekämpfungsmethoden, die ebenfalls auf der Freisetzung von lebenden Organismen beruhen.
Auch bei diesen Methoden können sich die freigesetzten Organismen etablieren und verbreiten. Die Umweltbeurteilung von Insekten mit Gene Drives kann daher auf die Erfahrung im Umgang mit den etablierten Methoden aufbauen.
Eine solche ist etwa die sterile Insektentechnologie: Dabei wird die Schädlingspopulation überschwemmt mit Massen von unfruchtbaren, im Labor gezüchteten Artgenossen. Dies hat zur Folge, dass aus Paarungen keine lebensfähigen Nachkommen mehr entstehen.