Ascom: Antrag auf Einheitsaktie wie erwartet abgelehnt
Die Besitzstruktur des Berner Technologiekonzerns Ascom bleibt vorerst unverändert: Der vom verstorbenen Bankier Ernst Müller-Möhl eingebrachte Einheitsaktienantrag wurde am Mittwoch (17.05.) an der Generalversammlung abgelehnt.
An einer von rechtlichen Spitzfindigkeiten und gehässigen Zwischentönen geprägten Veranstaltung trafen am Mittwoch in Bern zwei Welten aufeinander: die modernen Finanzinvestoren mit ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung und die «alte Garde», die einzelne Aktionärsgruppen mit der Kapitalsstruktur bevorzugen wollen.
Streit um Stimmenbegrenzung
Im Zentrum des Interesses stand an der GV nicht die eigentliche Abstimmung der Aktionäre, da die Hasler-Stiftung mit 54,4 Prozent der Stimmen keine Opposition fürchten musste. Entscheidend war vielmehr, ob die Stiftung alle ihre Stimmen einsetzen darf. Ein umstrittener Artikel in den Ascom-Statuten begrenzt grundsätzlich die Stimmkraft eines einzelnen Aktionärs auf drei Prozent.
Es liegt aber in der Macht des – von der Hasler-Stifung kontrollierten – Verwaltungsrats, jeweils vor der GV Ausnahmen zu bewilligen. In den letzten acht Jahren wurde dies der Stiftung zugestanden. Sie verfügt mit nur 22 Prozent des Kapitals über eine absolute Stimmenmehrheit. Letztes Jahr kam auch der Bankier Ernst Müller-Möhl, der mit 18,2 Prozent des Kapitals nur 10,1 Prozent der Stimmen hat, in den Genuss dieser Sonderreglung.
A&A Actienbank: Sieg auf der ganzen Linie
Die Nachlassverwalter des am 3. Mai bei einem Flugzeugunglück getöteten Müller-Möhl verlangten bereits im Vorfeld der GV, dass alle Aktionäre – die Stiftung und sie selbst – nur mit drei Prozent Stimmen dürfen; ohne Erfolg. Als Vertreter der Familie kündigte der Zürcher Rechtsprofessor Rolf Watter darum frühzeitig an, die GV- Entscheide anzufechten.
Da die Idee der Einheitsaktie mit «nur» 68,5 Prozent abgelehnt wurde, ist rein mathematisch davon auszugehen, dass mit der Stimmrechtsbeschränkung der Antrag gegen den Willen der Hasler- Stiftung angenommen worden wäre. Peter Wick, Partner bei der A&A Actienbank und prädestinierter Nachfolger von Müller-Möhl im Ascom- Verwaltungsrat, sprach von einem Sieg, da mehr als zwei Drittel des Kapital für die Einheitsaktie gestimmt hätten.
Die Vertreter der Familie Müller-Möhl lieferte sich mit Ascom- Verwaltungsrat Felix M. Wittlin und dem Ascom-Rechtsbeistand Georg Friedli noch vor der Abstimmung über die einzelnen Traktanden einen juristischen Schlagabtausch. Der strittige Statutenartikel 14 bezeichnete der Rechtsexperte Watter dabei als «absolut unvereinbar» mit dem geltenden Aktienrecht. Die Gegenwart der Aktionäre an der GV sei auf Grund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse «total irrelevant».
Brisanterweise stand nebst dem Einheitsaktienantrag am Mittwoch auch ein Antrag der Hasler-Stiftung zur Streichung von Artikel 14 auf der Traktandenliste. Begründet wurde dies mit der Verhinderung von künftigen Diskussionen zum gleichen Thema. Wenig überraschend wurde auch das Begehren im Interesse des Mehrheitsaktionärs angenommen.
Verhandlungen und parallel eine Klage
Wie Wick am Mittwochnachmittag gegenüber der Nachrichtenagentur sda erklärte, war bereits beim Berner Handelsregisteramt beantragt worden, die Eintragung der GV-Entscheide zu sperren. Eine Anfechtungsklage werde folgen. Parallel dazu soll aber mit der Hasler-Stiftung, wie bereits in den letzten Tagen, über die Einheitsaktie verhandelt werden.
Stiftungsvertreter erklärten an der GV auch, dass sie die Idee der Einheitsaktie nicht grundsätzlich ablehnten. «Wir sind immer noch gesprächsbereit», sagte Verwaltungsrat Heinrich Steinmann. Man wolle aber nicht, dass künftig «reine Finanzinvestoren» willkürlich über die Ascom entschieden.
Ausserordentliche Versammlung in zwei Monaten
Da aus formaljuristischen Gründen Wick nicht bereits am Mittwoch als Nachfolger in den Verwaltungsrat gewählt werden konnte, wird voraussichtlich in zwei Monaten eine ausserordentliche GV eingerufen werden. Sein Ziel sei es, sich bis dann mit der Stiftung über den Einführungszeitraum einer Einheitsaktie zu einigen, sagte Wick. Wenn das nicht gelinge, werde der Richter entscheiden müssen, doch das könne Jahre dauern.
swissinfo und Agenturen
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