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Bund will Swisscom-Anteile verkaufen

Swisscom, bald vollständig in privater Hand? Keystone

Der Telekomkonzern Swisscom soll vollständig privatisiert werden. Der Bund will seine Mehrheitsbeteiligung aufgeben.

Die ehemalige Monopolistin soll damit grösseren Handlungsspielraum und verbesserte Allianzfähigkeit erhalten.

Die Abstossung seiner bisherigen Mehrheitsbeteiligung will der Bund mit einer Revision des Telekommunikations-Unternehmungs-Gesetzes (TUG) ermöglichen. Der Bundesrat hat dem Schweizer Finanzministerium (EFD) am Mittwoch deshalb den Auftrag erteilt, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten, wie es in einer Mitteilung vom Donnerstag heisst.

Bis sich Swisscom ganz in privater Hand befindet, wird es allerdings noch mehrere Jahre dauern. Auch wird aller Voraussicht nach das Volk mitentscheiden.

Mehr unternehmerische Freiheit

Der Bundesrat wolle der Swisscom damit mittelfristig grösseren unternehmerischen Handlungsspielraum verschaffen, teilten die Departemente für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und für Finanzen (EFD) mit.

Denn die gesetzlich vorgeschriebene Bundesmehrheit schränke diesen Spielraum ein. Bei der ungewissen Entwicklung auf dem Telekom-Markt sei es für die Swisscom mittelfristig von Vorteil, ihre Allianzfähigkeit zu verbessern.

Zurzeit beträgt die Bundesbeteiligung am Marktführer auf dem Schweizer Telekommunikationsmarkt 66,1%. Dem Bund hat die Beteiligung seit dem Börsengang von 1998 Einnahmen von rund 9 Mrd. Franken beschert.

Service public garantiert

Mit dem Verkauf der Swisscom-Mehrheit könne der Bund auch unternehmerische Risiken abgeben. Ein Abbau der Mehrheitsbeteiligung vermindere das finanzielle Klumpenrisiko für den Bund. Zudem hätte der Verkauf der Aktien den Vorteil, dass die Doppelrolle des Bundes als Eigentümer und als gesetzgebende Instanz im Telekom-Sektor beseitigt würde.

Die Regierung befasste sich auch mit der Frage der Grundversorgung des Landes und kam zum Schluss, dass diese mit der bestehenden Fernmeldegesetzgebung auch ohne Bundesbeteiligung an der Swisscom garantiert sei.

Der Bundesrat rechnet mit einem Zeithorizont von zwei bis drei Jahren, bis die Gesetzesgrundlage für den Verkauf der Swisscom-Beteiligung vorliegt. Danach bräuchte es eine weitere Entscheidung über den effektiven Verkauf.

Rücken frei halten

Dass der Bundesrat die Weichen für die vollständige Privatisierung der Swisscom jetzt stellt, begründet er mit der Gefahr, dass im Falle eines Zuwartens Verwaltung und Parlament möglicherweise dereinst unter höchstem Zeitdruck entscheiden müssten.

Mit dem Verkauf der Swisscom-Mehrheit hatte in letzter Zeit vor allem Finanzminister Hans-Rudolf Merz geliebäugelt. Kommunikationsminister Moritz Leuenberger hatte demgegenüber darauf hingewiesen, dass das Volk einen solchen Schritt kaum gutheissen dürfte.

Die jetzt vorbereitete Gesetzesänderung steht in keinem direkten Zusammenhang mit den aktuellen Plänen der Swisscom, ausländische Telekommunikations-Unternehmen zu kaufen. Der ehemalige Monopolist wälzt zurzeit Pläne für milliardenschwere Übernahmen in Irland und Dänemark.

swissinfo und Agenturen

Gegenwärtig hält der Bund 66% der Swisscom-Aktien, was 17 Mrd. Franken entspricht.
Die Papiere sind auf rund 64’000 Aktionäre verteilt, von denen die Mehrheit aus der Schweiz stammt.
Es gibt 12 Grossaktionäre, die mehr als 100’000 Aktien halten.

Die Schweiz ist nicht das erste Land Europas, in dem der Staat seine Mehrheit am ehemaligen Telekommunikations-Monopolisten abgeben will oder schon abgegeben hat.

Deutschland hält an der Deutschen Telekom noch 37%, France Telecom ist noch zu 33% im Besitz des Staates, Telekom Austria zu 38%.

Telecom Italia wurde 1997 privatisiert und 1999 von Olivetti übernommen.

Swisscom hat das Monopol auf dem Schweizer Markt vor acht Jahren eingebüsst.

Seit der Markt geöffnet ist, können die Kunden für die Festnetz- und Mobiltelefonie zwischen mehreren Anbietern auswählen.

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