«Die Schweizer Aktionäre sind erwacht»

Die Generalversammlung der UBS hat den Antrag der Stiftung Ethos auf eine Sonderprüfung abgelehnt. Diese behält sich vor, ein Gericht anzurufen.
Für Ethos-Direktor Dominique Biedermann bedeuten die 45% Ja-Stimmen jedoch einen wichtigen Sieg. swissinfo stellte ihm drei Fragen.
Die Verluste der UBS (4,4 Mrd. Franken im Jahr 2007) bewogen Ethos, die 1997 gegründete Stiftung für nachhaltige Entwicklung, zur Beantragung einer Sonderprüfung. Ethos vertritt rund 80 institutionelle Investoren.
Die Prüfung sollte zwei Fragen klären: Hat die Bank ihre Kontrolle und die Verwaltung des Risikos in angemessener Weise ausgeübt? Sind die Richtlinien der Eidgenössischen Bankenkommission dabei eingehalten worden?
Die meisten Redner, die sich für eine Sonderprüfung einsetzten, waren der Ansicht, dass die Bank diese Fragen nicht ausreichend beantwortet hätte. Die UBS hatte jedoch empfohlen, den Antrag abzulehnen, da bereits eine Untersuchung in Gang wäre.
Die Abstimmung endete relativ knapp: 55% waren dagegen und 45% stimmten dafür. Für Dominique Biedermann war das eine angenehme Überraschung.
swissinfo: Wie beurteilen Sie den Ausgang dieser Abstimmung?
Dominique Biedermann: Das Resultat ist besser, als wir es erwartet hatten. Wenn man die Stimmenthaltungen berücksichtigt, hat der Verwaltungsrat keinen leichten Sieg errungen. Dieses in der Schweizer Wirtschaft einzigartige Ergebnis zeigt, dass unser Konzept richtig ist und dass mehr Transparenz nötig ist, um das verlorene Vertrauen wieder herzustellen.
swissinfo: Was hat sie letztlich so nahe an einen Sieg gebracht?
D. B.: Ich denke, die Schweizer Aktionäre sind dabei aufzuwachen. Und das ist kein Zufall, denn sie haben sehr viel Geld verloren. Die UBS-Aktie hat fast die Hälfte ihres ursprünglichen Wertes eingebüsst.
Weiter hat der Verwaltungsrat widersprüchliche Aussagen gemacht. Einerseits bejahte er die Notwendigkeit einer internen Untersuchung, andererseits hat er gesagt, es seien alle erforderlichen Massnahmen bereits ergriffen worden.
swissinfo: Könnten Ihre Fragen in die interne Untersuchung der UBS integriert werden?
D. B.: Das hat jedenfalls Marcel Ospel nach der Abstimmung angekündigt. Wir werden sehen, ob ein Kompromiss möglich ist.
Die Fragen zur Kontrolle im Bereich Risikomanagement sind jedenfalls noch lange nicht geklärt. Eine Sonderprüfung kann übrigens immer bei einem Richter beantragt werden. Wir behalten uns diese Möglichkeit offen.
swissinfo, Ariane Gigon, Basel
(Übertragung aus dem Französischen: Etienne Strebel)
Die Schweizerische Stiftung für nachhaltige Entwicklung (Ethos) wurde 1997 von zwei Genfer Pensionskassen gegründet und umfasst zurzeit 81 institutionelle Investoren.
Zweck der Stiftung ist es, bei den Anlagetätigkeiten die Berücksichtigung von Grundsätzen für nachhaltige Entwicklung und die Best-Practice-Regeln im Bereich der Corporate Governance zu fördern.
Ethos stützt sich auf die in ihrer Charta definierten Prinzipien.
Die Stiftung ist Eigentümerin der Firma Ethos Services, welche für die gesamte Anlagetätigkeit und Beratung verantwortlich ist.
Ethos Services ist auf das Gebiet der nachhaltigen Anlagen spezialisiert.
Ethos Services berät Anlagefonds und diskretionäre Vermögensverwaltungs-Mandate von zur Zeit 2,5 Milliarden Fr., die mit einem SRI-Ansatz (Socially Responsible Investment) verwaltet werden.

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