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UBS-Generalversammlung mit turbulenten Debatten

Turbulente GV: Thomas Minder, Vater der Abzocker-Initiative, wird von UBS-Sicherheitsbeamten abgeführt. Keystone

Obwohl viele Kleinaktionäre ihren Ärger über das UBS-Debakel lautstark äusserten, hat sich der Verwaltungsrat in den wichtigen Geschäften durchsetzen können.

So wurde der Weg für die Kapitalspritzen aus Singapur und dem Nahen Osten frei gemacht, die Durchführung einer Sonderprüfung jedoch fand eher knapp keine Zustimmung.

An der fast siebenstündigen Veranstaltung folgten die Aktionäre den Anträgen des Verwaltungsrats. Die rund 6500 Aktionärinnen und Aktionäre, die 53% der Aktienstimmen vertraten, füllten nicht nur die grosse Basler St. Jakobshalle sondern auch Nebensäle.

Verwaltungsratspräsident Marcel Ospel verteidigte seinen Verbleib an der UBS-Spitze und verglich die Lage mit dem Börsencrash von 1929.

Er wolle aber die Situation nicht schönreden, sagte er. “Es steht ausser Frage, dass wir gewisse Entwicklungen falsch eingeschätzt haben.”

Neue Grossaktionäre

Der für die UBS wohl wichtigste Punkt, die Erhöhung des Aktienkapitals für den Einstieg von zwei neuen Grossaktionären, wurde mit 599,2 Mio. zu 87,0 Mio. Stimmen deutlich angenommen.

Damit entfiel auch die Abstimmung über den Alternativ-Antrag, die Kapitalerhöhung über die bisherigen Aktionäre durchzuführen.

Der Singapurer Staatsfonds GIC sowie ein unbekannter Investor aus dem Nahen Osten wollen 13 Mrd. Franken in die UBS einschiessen. Die GIC wird zur grössten Einzelaktionärin der UBS.

Turbulente Debatte

Luft machten sich die Aktionäre vor allem beim Antrag der Anlagestiftung Ethos für eine Sonderprüfung. Der Verwaltungsrat konnte sich hier eher knapp durchsetzen: Die Sonderprüfung wurde mit 363,1 Mio. Nein- gegen 314,1 Mio. Ja-Stimmen verworfen.

“Nach den massiven Verlusten, die wir erlitten haben, fühlen wir uns berechtigt, vollständige Antworten zu erhalten”, begründete Ethos-Chef Dominique Biedermann seinen Antrag. Trotz der Generalversammlung kündigte Ethos am Mittwochabend an, das Thema weiter zu verfolgen.

Zwischenfall mit Trybol-Chef

Erwartungsgemäss mussten sich die UBS-Chefs auch viele wenig freundliche Voten über die Qualität ihrer Arbeit wie auch ihre Lohnbezüge anhören. Ein Aktionär warf ihnen vor, die Bank “in ein Casino” verwandelt zu haben. “Normale Büezer” (normale Arbeitnehmende) wären schon längst zum Teufel gejagt worden, meinte ein anderer.

Thomas Minder, Trybol-Chef und Initiator der “Abzocker”-Initiative, ritt scharfe Angriffe gegen Ospel und die Konzernführung. Er forderte die Verantwortlichen zu einem kompletten Lohnverzicht auf, um einem “lebenslangen Abzockerimage” zu entgehen.

Anschliessend wurde er von Sicherheitskräften gepackt und aus dem Saal gezerrt, als er Ospel ein Buch, das Obligationenrecht, überreichen wollte. Er habe sich bei Minder dafür entschuldigt, sagte Ospel später.

Auch Bundespräsident Pascal Couchepin äussert sich in einem Interview mit dem Westschweizer Magazin “Bilan”. So empörte er sich darüber, dass Marcel Ospel während Jahren immense Saläre erhalten habe, jedoch jetzt, zu Krisenzeiten, alles behalten könne.

Für eine Aktiendividende

Deutlich ruhiger verlief die Behandlung des Traktandums zur Ausschüttung einer Dividende aus neuen Aktien statt Bargeld. Die Aktionäre bewilligten die entsprechende Kapitalerhöhung mit 671,5 Mio. zu 31,8 Mio. Stimmen klar.

Vor den Medien zeigte sich Ospel nach der Generalversammlung erfreut und erleichtert über den Ausgang der ausserordentlichen Generalversammlung. Mit den Entscheiden der Aktionäre bleibe die UBS eine der bestkapitalisierten Banken weltweit.

2008 dürfte ein schwieriges Jahr werden: Nun sei die Bank aber gut kapitalisiert und damit auch “bereit für neue Schocks”.

Die Zusammenarbeit mit den neuen Kapitalgebern sei gut, sagte Ospel: Beide hätten den Vertrag letzte Woche unterzeichnet. Die Investoren werden pro UBS-Aktie rund 51 Franken bezahlen. In den letzten Tagen lag der Börsenkurs bei rund 37 Franken.

Erleichterung und Zustimmung

Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) bezeichnete die von den UBS-Aktionären abgesegnete Kapitalerhöhung als sinnvoll. Der Entscheid werde begrüsst, sagte EBK-Sprecher Alain Bichsel. Die Erhöhung mache Sinn, damit die UBS wieder die nötige Flughöhe erreiche.

Auch das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) begrüsste die von den UBS-Aktionären gefällten Beschlüsse. Damit werde die UBS wieder so kapitalisiert wie es eine international tätige Grossbank sein müsse, um künftige Marktturbulenzen aufzufangen, sagte EFD-Sprecher Dieter Leutwyler.

swissinfo und Agenturen

Die UBS ist 1997 aus der Fusion des Schweizerischen Bankvereins SBV und der Schweizerischen Bankgesellschaft SBG entstanden.

Sie ist schweizweit die grösste und weltweit die zehntgrösste Bank und beschäftigt rund 80’000 Mitarbeitende.

2000 erfolgte mit dem Kauf von PaineWebber die erste grosse Akquisition. Das viertgrösste US-Börsenhaus hat ein strategisches und regionales Loch der UBS im Anlagegeschäft gefüllt.

Die Hedge Funds-Käufe Long Term Capital Management und Dillon Read Capital Management wurden jedoch für die UBS zu einem Desaster, weil der Schuldenberg zu gross war.

Zwei Monate nach dem Fall von Dillon Read muss auch der CEO von UBS, Peter Wuffli, Marcel Rohner Platz machen. Drei Monate später kündigt die UBS 1500 Mitarbeitenden im Bereich Anlagen.

Was die laufende Subprime-Krise betrifft, vermeldete die Bank zuerst einen Abschreiber von 4 Mrd. Franken. Doch das Geschäftsjahr beendet sie schliesslich mit einem Verlust von 4,4 Mrd., nach insgesamt 21,3 Mrd. Abschreibungen.

Ihr Engagement in diesem Sektor ist noch viel grösser. Inklusive anderen unsicheren Krediten könnten 80 Mrd. Franken betroffen sein. Neue eventuell nötige Abschreiber könnten sich ergeben.

Seit Beginn des neuen Jahres hat die UBS-Aktie einen Drittel ihres Werts verloren.

swissinfo.ch

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