
Die Swisscom will ins Ausland expandieren – aber ohne Risiko

Als eine der wenigen Telekommunikations-Firmen Europas mit genügend Geld will die Swisscom ins Ausland expandieren.
Weil sie bisher nichts gefunden hat, das sie reizte, will die frühere staatliche Monopol-Gesellschaft mit dem überschüssigen Geld 10% ihres Aktienkapitals zurückkaufen und den Investoren an die 4,3 Mrd. Schweizer Franken ($2,55 Milliarden) zurückgeben.
Aber laut Swisscom-Chef Jens Alder will die Firma auch ausländische Firmen kaufen: «Wir haben nach wie vor die gleiche Strategie», erklärte er gegenüber swissinfo. «Wir haben die Kapazität zum Investieren – nur gibt es im Moment nichts, das uns interessiert.»
Einige Analysten kritisierten die Swisscom als übervorsichtig – sie hat bereits über 100 mögliche Akquisitionen abgelehnt -, doch der Firmenchef findet, dies sei nicht der Moment, um Risiken einzugehen.
«Wir sind in einem äusserst dynamischen Markt. Ich glaube auf jeden Fall daran, dass es in den nächsten Jahren neue Möglichkeiten geben wird», fügte er bei.
Finanziell stark
Es gibt im europäischen Telekommunikations-Markt sechs grosse Player – die erste Liga, wie Alder sie nennt. Unter den übrigen ist die Swisscom die grösste. Ihre finanzielle Lage ist auch besser als jene mehrerer grösserer Rivalen.
Viele sind verschuldet, weil sie einen masslos überhöhten Preis für die dritte Generation der Mobiltelefon-Lizenzen bezahlt haben. Die Swisscom erhielt ihre Lizenz für gerade mal 50 Mio. Schweizer Franken. Dadurch sind ihre Finanzen weitaus gesünder als jene anderer ehemaliger staatlicher Monopol-Gesellschaften.
Weniger Fehler
«Wir haben weniger Fehler gemacht als andere,» erklärte Alder gegenüber swissinfo und weist darauf hin, dass in den letzten beiden Jahren der Preis ihrer Aktien stabiler blieb als bei ihren Konkurrenten.
«Wir sind in einer komfortablen Lage. Doch ist noch nicht entschieden, welche Strategie in den nächsten paar Jahren die beste ist.» Er betont, dass «diese schwer verschuldeten Firmen viel mehr Wachstumsmöglichkeiten haben als wir.»
Laut Alder wird die Schweiz für die Swisscom weiterhin erste Priorität haben. Eines ihrer Ziele ist es, «in die Nachhaltigkeit des Schweizer Geschäfts zu investieren».
Er räumt aber ein, dass die Chancen für Investitionen in der Schweiz praktisch null sind. Das heisst, die einzige Wachstums-Möglichkeit liegt im Ausland.
Nischenmärkte
Alders erklärtes Ziel ist es, in Nischensektoren zu akquirieren, welche so klein sind, dass sie für die grösseren Telekomfirmen uninteressant sind. Er hält sich aber von kleineren direkten Konkurrenten fern, weil sie «zu riskant» seien.
Die interessanten Nischensektoren sind Dienstleistungs-Anbieter und Datenübertragungs-Firmen. In der ersten Kategorie hat die Swisscom bereits einen 94%-Anteil an der in Deutschland ansässigen Firma Debitel. Das ist aber alles, was er bisher gefunden hat.
«Wir haben mehr Geld als wir brauchen. Wir hatten bisher keine Gelegenheit zum Investieren, deshalb geben wir das Geld den Leuten, denen es gehört – den Aktionärinnen und Aktionären,» fügt Alder bei.
Die Aktien, welche die Swisscom zurückkauft, werden aufgegeben, wodurch die verbleibenden Aktien einen Wertzuwachs erhalten.
In den Staatssäckel
Der grösste Aktionär der Gesellschaft, mit einem Anteil von 65,5%, ist die Schweizer Regierung. Ihr Anteil wird nach dem Rückkauf auf rund 61,7% zurückgehen, wodurch rund 2,8 Mrd. Franken in die Bundeskasse fliessen dürften.
Es wurde auch schon spekuliert, die Regierung habe die Swisscom zu diesem Plan gedrängt, um die Bundesfinanzen zu verbessern, die infolge der Finanzspritze in die zusammengebrochene nationale Fluglinie Swissair stark gelitten haben.
Alder bestreitet dies. «Es gab überhaupt keinen Druck. Es wäre äusserst unklug, uns unter Druck zu setzen. Wir versuchen, den Wert zu maximieren, und schliesslich kommt es auch der Regierung zugute, wenn sie uns freie Hand lässt», so Alder.
Gemäss dem Rückkaufplan erhalten die Aktionäre eine freie Verkaufsoption pro Aktie. Für je zehn Verkaufsoptionen können sie zum Preis von Sfr. 580.- eine Aktie an die Swisscom verkaufen. Die Optionen können aber vom 22. Februar bis zum 7. März auch an der Börse verkauft werden.
Roy Probert

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