Feldschlösschen: Brauerei oder reine Immobilienfirma
Falls der Verwaltungsrats- Präsident von Feldschlösschen, Robert A. Jeker, an der heutigen (22.05.) Generalversammlung eine Zweidrittelsmehrheit hinter sich bringt, wird die traditionsreiche Brauerei "Feldschlösschen" zur reinen Immobilienfirma.
Falls…: Denn noch ist ungewiss, wieviele der Aktionäre des Rheinfelder Getränke- und Immobilienkonzerns wirklich für den Verkauf der Getränkesparte stimmen werden.
Sowohl Feldschlösschen wie die opponierende Aktionärsgruppe rund um den Aargauer SVP Ständerat Maximilian Reimann sehen die Mehrheit der Aktienbesitzer auf ihrer Seite.
Familienaktionäre gegen Verkauf
Gemäss dem jüngsten Geschäftsbericht halten Verwaltungsrat und Konzernleitung rund 1 Prozent der Stimmen. 17 Prozent dürften noch in den Händen der Familienaktionäre liegen. Wirtschaftsanwalt Rudolf P. Schaub, der die Aktivitäten der Opposition koordiniert, rechnet damit, dass diese gegen einen Verkauf der Brauerei ins Ausland stimmen werden.
Als einzige Grossaktionäre eingetragen sind der frühere Zuger Rohstoffhändler Marc Rich und die Luzerner Eichhof Brauerei. Beide halten einen Stimmenanteil von je rund 5 Prozent. Unter dieser Beteiligungsgrenze liegt das Engagement des Pharmakonzerns Roche.
Roche nicht aktiv zu Strategiewechsel beigetragen
Roche-Sprecher Daniel Piller wollte einen Zeitungsbericht, wonach Roche einen Verkauf des Getränkebereichs unterstützt, weder bestätigen noch dementieren. Roche sei über die Abspaltungspläne informiert worden, habe aber nicht aktiv zu diesem Schritt beigetragen, sagte Piller.
Zu diesen namentlich bekannten Grossaktionären hinzu kommen rund ein Dutzend institutioneller Anleger wie Pensionskassen und Versicherungen, wie Feldschlösschen-Sprecher Stefan Kaspar auf Anfrage mitteilte.
Keine Stellung nehmen wollte Kaspar zu einer unlängst in der Tageszeitung «Blick» veröffentlichten Zahl von 84 grösseren Aktionären, die einen Stimmmenanteil von 1’000 bis 10’000 Aktien halten. Unter ihnen befindet sich der frühere Brauereichef Martin Hürlimann, der am Montag gegen den Verkauf der Getränkesparte stimmen will.
Gegner verlangten Redezeit
Wirtschaftsanwalt Schaub hat sich als Contra-Sprecher an der Generalversammlung eine Redezeit von 30 Minuten ausbedungen, an der er den Verwaltungsrat mit einigen kritischen Fragen und Analysen konfrontieren will. Für Schaub ist es «eine Frage der Vernunft», dass der Getränketeil nicht einfach verhökert werde.
Anders sieht es die Feldschlösschen-Spitze. Im Strategiebericht, der die Umwandlung zum reinen Immobilienkonzern begründet, wird auf die geringe Grösse des schweizerischen Marktleaders im Vergleich zu den ausländischen Konzernen hingewiesen.
Mit einem Jahresausstoss von 2,3 Mio. Hektolitern (Gesamtausstoss Schweiz 3,57 Mio. Hektoliter) nimmt sich Feldschlösschen neben Giganten wie Heineken (60 Mio. Hektoliter) bescheiden aus. Mit einer Verschuldung von 600 Mio. Franken, einem sinkenden Bierkonsum und einem stagnierenden Markenanteil sei ein längerfristiges Überleben nicht mehr möglich, heisst es in Rheinfelden.
Bessere Chancen ortet die Feldschlösschen-Spitze und mit ihr ein Grossteil der institutionellen Anleger im Immobilienbereich, dem zweiten Standbein des Konzerns. Dessen heutiger Ertragswert von rund 900 Mio. Franken soll bis 2005 auf 1,4 Mrd. Franken gesteigert werden und einen Betriebsgewinn von 48 Mio. Franken erbringen.
Opposition will neue Köpfe an der Spitze
Daran wiederum zweifeln die Gegner der Ausverkaufspläne. Für Schaub ist es höchst fraglich, ob die gleiche Spitze es schaffe, im ebenfalls umkämpften Immobilienmarkt eine führende Rolle einzunehmen. Neue Köpfe seien gefragt.
Die im Aargau breit abgestützte Opposition will deshalb heute Montag auch den Verwaltungsrat absetzen lassen. Bis zu einer ausserordentlichen Generalversammlung im Spätsommer soll nebst einem neuen Verwaltungsrat auch ein neuer Konzernchef bestimmt werden.
swissinfo und Agenturen

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