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Imageschaden wird übertrieben

Dr. Stephan Kux, Wirtschaftsförderer des Kantons Zürich. Keystone

Die Schweiz ist der siebtgrösste Flugmarkt der Welt. Stimmt die Infrastruktur, wird Flugverkehr hier immer stattfinden, und eine eigene Airline hätte gute Voraussetzungen, sagt Stephan Kux, Wirtschaftsförderer des Kantons Zürich im swissinfo-Interview.

Stephan Kux, im Moment sind Sie in den USA. Was sagen Sie eigentlich zu dieser Art Swissair-Hysterie. Etliche Medien sind ja bald mehr Fluglinien-PR-Organe geworden, denn unabhängige Berichterstatter?

Nun gut, es ist ein Schock für den Wirtschaftsstandort. Politik und Wirtschaft sind verunsichert. Es ist eine Umstrukturierung, die unvermeidlich ist, die auch nicht unvorhergesehen kommt. In der Luftfahrt zeichnet sich ein Liberalisierungs- und Konzentrationsprozess ab, wie in andern Branchen auch. Da geht es um Arbeitsplätze, damit um Menschen, um Sympathien mit Menschen, die nicht wissen, wo sie künftig arbeiten werden. Eine gewisse Irritation ist berechtigt.

Ein Wirtschaftsförderer aus Zürich in den USA. Suchen Sie Investoren?

Die suchen wir ständig. Unser Ziel ist gute Arbeitsplätze zu schaffen, und die hat Zürich jetzt sehr nötig. Die USA sind zur Zeit unser wichtigster Investor. Wir sind natürlich auch auf der Suche nach Investoren im Bereich Luftfahrt. Aber die Risikobereitschaft der Unternehmungen ist nicht besonders gross, zur Zeit.

Über Erfolg oder Misserfolg können Sie uns noch nicht berichten?

Nein, das geht nicht so schnell. Das ist ein sehr langsames Geschäft. Was wir feststellen ist, dass die Investitionen etwas langsamer fliessen, aber sie fliessen weiter. Aber wir spüren die eher missliche Stimmung in der Weltwirtschaft.

Welchen Standort- Stellenwert hat der Flughafen Zürich eigentlich für die Schweizer Wirtschaft?

In der Schweiz spielen fünf Standortvorteile eine auschlaggebende Rolle: Die Verfügbarkeit von gut qualifizierten Arbeitskräften, die Lebensqualität, Plätze an internationalen Schulen, dann die gute Infrastruktur inklusive steuerliche Vorteile. Die internationalen Verkehrsverbindungen sind einer unter fünf wichtigen Standortfaktoren. Das soll man nicht unter-, aber auch nicht überschätzen.

Sprechen Sie jetzt vom Flughafen oder von einer Schweizer Airline?

Die Schweiz braucht sicher interkontinentale Flugverbindungen. Direktverbindungen. Wie viele das sein müssen, darüber kann man sich streiten. Die Nachfrage nach Flugleistungen in der Schweiz sehr gross, eine der grössten weltweit. Wo eine Nachfrage ist, wird sich auch das Angebot einstellen. Wenn wir also eine gute Flughafen-Infrastruktur haben, werden immer gute Flüge ab der Schweiz angeboten werden.

Dann würde der Wirtschaftsstandort Schweiz auch ohne «26/26 New Crossair» weiterbestehen?

Das will ich nicht unbedingt sagen. Es wird sich jetzt und in den kommenden Monaten und Jahren entscheiden, wie diese Konzentrationsprozesse in der Luftfahrt verlaufen. Die Schweiz als siebtgrösster Luftverkehrsmarkt weltweit – da ist es durchaus vernünftig, wenn es auch eine Schweizer Luftverkehrsgesellschaft gibt, die in irgendwelchen europäischen oder weltweiten Allianzen zusammenarbeitet. Nur ansässige Fluggesellschaften schaffen hochqualifizierte Arbeitsplätze. Hier haben wir eine Chance, die Schweizer Luftfahrt-Industrie weiterzuentwickeln und aus den Fehlern zu lernen.

Tangiert denn die Geschichte rund um Swissair im Moment die Investitionen in die Schweiz?

Ich würde den Imageschaden im Ausland nicht überbewerten. Ich sehe das jetzt in den USA. Das wird kaum wahrgenommen. Dieser Imageschaden des Groundings wird vermutlich übertrieben. Wir merken im Moment nicht, dass Investitionen abgesagt werden oder gar ausländische Unternehmungen aus Zürich oder der Schweiz abwandern. Mittelfristig – wenn wir keine Interkontinental-Verbindungen haben – sehe ich schon gewisse Auswirkungen auf Investitionen.

Stephan Kux, Sie sagen auch, weltweit ist das Fluggeschäft in der Krise. Betreiben wir denn mit den nun vermutlich gesammelten tausenden von Millionen Franken Strukturerhaltung?

Es geht ja nicht darum, alte Strukturen zu erhalten. Sondern sich in einem neuen Marktumfeld neu zu positionieren, eine hochqualitative und hochproduktive Airline aufzubauen. Das ist ein neuer Ansatz und nicht der alte Swissair-Ansatz. Man kann die Luftverkehrs-Verbindungen heute durchaus als Teil des öffentlichen Verkehrs auffassen. Wir bezahlen viel für die Schiene, für die Strasse, und im 21. Jahrhundert wäre es sicher nicht verboten, auch für die Luftfahrt etwas auszugeben.
Und vergessen wir nicht: Die Schweiz verdient jeden zweiten Franken im Ausland. Ich sehe die Rolle des Staates in einer Übergangsregelung. Die neue Airline muss sich auf dem Markt positionieren können. Sie hat hervorragende Voraussetzungen mit dem Schweizer Heimmarkt und wenn sie das nicht schafft, dann müssen wir sagen, wir schaffen das nicht in der Schweiz. Das gilt dann aber auch für andere Branchen.

Interview: Urs Maurer

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