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Lärmiges Ostergeschenk für Flughafen-Anwohner

Ab Donnerstag fliegen Flugzeuge Zürich auch von Osten an. Das zuständige Bundesamt hat damit nach der deutschen Einschränkung der Flüge via Süd-Deutschland den Wünschen des Flughafens entsprochen.

Die betroffene Bevölkerung kann sich dazu erst später äussern.

Insgesamt 30 Flüge zwischen sechs und sieben Uhr morgens und neun und zehn Uhr abends fliegen ab Donnerstag über die Anwohner im Osten des Zürcher Flughafens Unique. Das hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) entschieden. Mit diesem Ostanflug bietet das BAZL dem Flughafenbetreiber Unique eine Alternative zum Anflug aus Nordwesten über süddeutsches Gebiet.

Das BAZL hat damit im letzten Moment reagiert: Ab Donnerstag gilt eine erweiterte Nachtflugsperre über Süddeutschland. Deutschland hat dies verfügt, nachdem das 2001 geschlossene Luftverkehrsabkommen im Schweizer Parlament gescheitert war.

BAZL bedauert den Lärm

Das BAZL entsprach dem Gesuch des Flughafens nur provisorisch, um mit Sofortmassnahmen massive Störungen des Flughafen-Betriebes zu verhindern, wie Vizedirektor Urs Adam am Mittwoch vor den Medien sagte. Mit dieser Änderung des Betriebsreglements gehe leider auch eine Verschiebung der Lärmbelastung in den Osten des Flughafens einher, bedauerte Adam.

Nach Ostern will das BAZL ein reguläres Verfahren einleiten um den Ostanflug definitiv einzuführen. Das Verfahren dauert voraussichtlich ein halbes Jahr.

Kantone unter Druck

Der Flughafen-Kanton Zürich hatte sich bereits am Dienstag mit dem Schnellverfahren des BAZL einverstanden erklärt, weil es keine Alternative gebe. Im regulären Bewilligungsverfahren will er aber Einwendungen machen.

Die Flughafen-Nachbarkantone Thurgau und Schaffhausen hingegen kritisierten die provisorische Änderung hart. Die Folgen einer verfehlten Flughafenpolitik würden auf die Bevölkerung der beiden Kantone abgewälzt, teilten sie mit.

Die Zürcher Gemeinden im Osten des Flughafens zeigten sich verärgert. Das Staatsvertragsdebakel gehe voll zu Lasten der Bevölkerung im Osten, hiess es in einer Mitteilung der IG Ost.

Lärmschutzverbände sind enttäuscht

Die provisorische Änderung des Betriebsreglements ist nach Ansicht von Fluglärmschutzverbänden die Konsequenz der bisherigen Politik.

Vreny Püntener-Bugmann vom Schweizerischen Schutzverband gegen Flugemissionen bezeichnete es als störend, dass die Reglementsänderung “mit Notrecht” eingeführt wurde. “Die Zürcher Regierung, Unique, Swiss und die eidgenössischen Räte haben gepokert und sich dies selber eingebrockt”, sagte sie. Nun habe die Bevölkerung darunter zu leiden.

Peter Staub, Präsident des Schutzverbandes der Bevölkerung um den Flughafen Kloten, ärgerte sich darüber, dass es heisse, der Süd-Anflug könne plötzlich nicht wie geplant Mitte 2003, sondern erst 2004 eingeführt werden. Es sei einmal mehr so, dass die einen geschont würden und andere zu leiden hätten.

Staub bezieht sich damit auf ein Anflugmodell, das den Fluglärm um den Flughafen verteilen, aber auch teure Wohnlagen am Zürichsee beeinträchtigen würde.

Ein solcher Südanflug könnte aber notwendig werden, wenn Deutschland ab 10. Juli auch die Ausnahme-Regelungen für Anflüge über den Schwarzwald einschränkt.

Swiss wartet ab, Unique will vor Gericht

Mit Hinblick auf dieses Datum sieht auch die Swiss “die Grundprobleme noch nicht gelöst”. Sie zeigte sich aber erleichtert über die provisorische Regelung des BAZL. Sie sei eine wichtige Voraussetzung, den Flugbetrieb überhaupt aufrecht zu erhalten. Die Fluglinie hält sich rechtliche Schritte gegen die weitere Verschärfung der Flugbeschränkungen durch Deutschland offen.

Die Flughafengesellschaft Unique kündigte an, sie werde alle Rechtsmittel gegen die deutschen Massnahmen ausschöpfen.

swissinfo und Agenturen

Ab Donnerstag gilt über Süd-Deutschland:
Keine Anflüge mehr von 6 bis 7 Uhr und von 21 bis 22 Uhr.
Alle minimalen Flughöhen werden um 600 Meter erhöht.
An Wochenenden bleibt das bisherige Nachtflugverbot zwischen 9 und 20 Uhr gültig.
Ab 10. Juli sollen auch die Ausnahmeregelung während den Sperrzeiten eingeschränkt werden.

Nach dem Scheitern des Luftverkehrabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz hat Berlin die Flugzeitbeschränkungen über Süd-Deutschland ausgedehnt.

Als Anflug-Alternative erlaubt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) provisorisch die Anflüge via Osten.

Das bringt mehr Lärm für die Anwohnenden im Osten des Flughafens und in den Kantonen Thurgau und Schaffhausen.

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