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Mystery Park: Fehler sind keine Rätsel

Grosses Staunen im Mystery Park. Mega-Stones-Ausstellung im Juni 2006. Keystone

Die Mängel, die beim Aufbau und Betrieb des Mystery Parks in Interlaken auftraten, sind keine Rätsel, sondern Fehlentscheide – und im Nachhinein erklärbar. Am 19. November schliesst der Park seine Tore.

Experten nennen als Gründe dafür die ungenügende Dynamik der Ausstellung, den zu späten Einbezug der Umgebung und den Börsenrückgang zwischen 2001 und 2003.

“Rätselpark braucht ausserirdischen Retter”, “Berufsphantast Erich von Däniken krebst zurück”… Sarkastisch betitelt die Presse seit längerem ihre negativen Berichte über den Mystery Park in Interlaken. Ab 2005 nahm die Kritik zu, besonders als der Park im Frühling 2006 Konkursaufschub und Nachlass-Stundung beantragen musste.

Dabei hatte im Frühling 1997 alles mit ambitiösen Plänen begonnen. Bestseller-Autor Erich von Däniken gab bekannt, auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Interlaken einen Erlebnispark zu den nicht gelösten (ausser-)irdischen Rätseln eröffnen zu wollen.

Von Däniken, dessen Bücher in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden, erschien als internationale Aufhänge-Figur und als Mystery-Experte Garant genug, um das ewig attraktive Thema “irdische Rätsel” professionell anzugehen.

Positionierung: UFO-Label zu einseitig

Doch die Kommunikations-Abteilung des Mystery Parks habe das einseitige UFO-Image des eigentlich sehr vielseitigen von Däniken nicht richtig korrigiert, sagt Hannes Imboden gegenüber swissinfo.

Der damalige Tourismusdirektor Berner Oberland hatte das Park-Projekt von 1996 bis 2001 aus nächster Nähe verfolgt. Ähnlich ist die Einschätzung des amtierenden Direktors Fritz Zemp, der die Geschicke des Mystery-Parks seit April 2005 leitet:

“Die primäre Frage, welche Marketing-Segmente gleich zu Beginn hätten bearbeitet werden sollen, wurde nicht genug systematisch entschieden. War man auf pure Unterhaltung, auf das – etwas gar eng gefasste – UFO-Segment des harten Kerns der von Däniken-Jünger, oder auf das Segment Lernen und Pädagogik aus?”

Spar-Version oder zuviel zu Beginn?

Im Mai 2003 war nach kritischen Finanzierungs-Fragen die Eröffnung erfolgt. Da die Banken als Geldgeber abgewunken hatten, kam das Geld von einer privaten Investorengruppe und zuletzt vom breiten Publikum, das Volksaktien mit tiefem Nennwert trotz Börsenflaute kaufte.

“Von Däniken vermochte gar nicht auszuführen, was er eigentlich gewollt hatte”, sagt heute Thomas Vaszary, Dozent der Höheren Fachschule für Tourismus, Luzern, gegenüber swissinfo. “Es schien eine schlechte Umsetzung der Ideen von Von Däniken zu sein. Es fehlte an Animation und Interaktion.”

Statische oder dynamische Inszenierung

“Mindestens ein Drittel des Park-Angebots muss auswechselbar sein”, verlangten laut Hannes Imboden einige Gestaltungsspezialisten für Themenparks schon zu Beginn des Projekts. Imboden meint rückblickend, man hätte mit dieser Strategie wiederkehrende Besucher eher gewinnen können.

Dass die Dynamik fehlte, konstatiert auch Park-Direktor Fritz Zemp: “Technisch wäre es einfach gewesen, im Park die Soft- und Hardware auszuwechseln, um der Statik der Ausstellung entgegen zu wirken.”

Auch Christian Laesser, Vizedirektor am St. Galler Institut für Tourismus, bemängelt gegenüber swissinfo “das Fehlen von Neuerungen, nachdem der Park einmal stand”. Die erfolgreichen Parks, so Laesser, seien jene, die sich ständig weiter entwickeln, wie zum Beispiel der Europa-Park in Rust. “Nur das hält einen konstanten Besucherfluss aufrecht.”

Verpasste Synergien mit der Umgebung

Im Berner Oberland gibt es zahlreiche professionelle Tourismusanbieter wie die Jungfrau-Bahnen, viele Hotels, Adventure-Anbieter und Tour Operatoren. Sie alle wären als natürliche Partner für den Park in Frage gekommen. Erst sehr spät, meint Zemp, habe der Mystery Park begonnen, sogenannte Packages inklusive Essen und Übernachtung anzubieten.

Ins Strudeln geriet die anvisierte Park-Finanzierung auch wegen des Börsenrückgangs. Laut Zemp bildeten sich über die Aktienkapital-Strukturen Gegenpole von Gross- und Kleinaktionären, die zu unterschiedliche Interessen hatten.

Nun liegt das Schicksal des Mystery Parks beim Sachverwalter. Dieser werde im Dezember an der Gläubiger-Versammlung wohl einige Lösungsvarianten präsentieren, nimmt Zemp an. Am 10. Januar 2007 laufe dann die Nachlassfrist ab. Falls bis dahin keiner der Vorschläge von den Gläubigern akzeptiert werde, komme es zur schlimmsten Variante, nämlich zur Versteigerung des Parks.

swissinfo, Alexander Künzle

Der Business Plan sah zu Beginn eine halbe Million Besucher vor (immer pro Jahr).
Im besten Jahr 2004 wurden 444 000 Besucher erreicht.
Ende November 2005 waren es noch knapp über 200’000.
Insgesamt kumuliert konnte Ende Oktober 2006 der millionste Besucher empfangen werden.

Februar: Ein Investor sagt 27 Mio Fr. zu. Zwei Wochen später zerschlägt sich die Hoffnung, weil sein Mittelsmann wegen Vermögensdelikten verhaftet wird.

März: Die Wandelobligationäre stimmen der Umwandlung ihrer Obligationen in Aktienkapital zu. Doch fehlen weiterhin 4 Millionen.

August: Jakob Dietiker erklärt sich bereit, den Park für 16 Millionen zu kaufen und weiterzuführen.

September: Dietiker zieht sein Angebot kurzfristig zurück. Die Versammlung der Standort-Gemeinde Matten (neben Interlaken) lehnt eine Umwandlung ihrer Forderungen in Aktien ab.

Die Standortgemeinde Interlaken und der grösste Einzelaktionär und Gläubiger, die GBU AG von Oskar Schärz, lehnen Franz Gygers Sanierungsvorschlag ebenfalls ab.

21. Mai 1997: Erich von Däniken macht seine Pläne zum Mystery Park publik.

4. Juli 2002: Über die Investorengruppe “Special Situation” fliessen dem Park 43 Mio. Franken zu.

24. Mai 2003: Eröffnung. Später Auszeichnung mit dem “Milestone”-Tourismuspreis und dem “Goldenen Ideen-Oscar”.

Mai 2004: Die Gewinnschwelle wird erreicht.

Sommer 2005: August-Hochwasser führen zu Besucherrückgang, Stellenabbau.

April/Mai 2006: Konkursaufschub und Nachlass-Stundung.

September 2006: Eine aktienrechtliche Sanierung scheitert.

Dezember 2006: Findet voraussichtlich die Gläubiger-Versammlung statt.

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