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Post: Behutsame Liberalisierung

Die Deutsche Post in Bern - der Postmarkt öffnet sich. Mit oder ohne die Schweiz. swissinfo.ch

Wie die EU will der Bundesrat den Paket-Markt 2004 öffnen und die Monopol-Grenze 2006 auf 100 Gramm senken. Entscheiden wird das Parlament.

In Sachen Postmarkt-Liberalisierung hat die Schweizer Regierung drei Möglichkeiten untersucht. Alle drei werden dem Parlament vorgelegt. Szenario Nummer eins: Übernahme des Fahrplanes der Europäischen Union. Mit anderen Worten: Senkung der «Monopolgrenze» ab 2003 auf 100 Gramm, ab 2006 auf 50 Gramm.

Heisst: Einzig die nationale Post dürfte Briefe bis zu diesem Gewicht befördern. Was schwerer wiegt, kann ab 2006 auch von Privaten in Konkurrenz zur Post transportiert werden. Szenario Nummer zwei: Keine Öffnung bis 2006.

Unerlässliche internationale Verbindungen

Das Exportland Schweiz ist auf gute internationale Postverbindungen angewiesen. Kleine und mittlere aber auch grosse Unternehmungen brauchen preisgünstige Post-Dienstleistungen im In- und Ausland.

Aber auch die Post muss ihre Position sichern. Hielte sie in der Schweiz an ihrem Monopol fest, wäre es unwahrscheinlich, dass andere Staaten der Schweizer Post ihre Märkte öffneten.

Bleibt der Mittelweg

Für die Schweizer Regierung kommt nur der Mittelweg in Frage, das Szenario Nummer drei: 2004 die Öffnung des Paketmarktes, und ab 2006 soll das Briefmonopol auf 100 Gramm gesenkt werden. Nicht zur Freude der Wirtschaft, der bürgerlichen Parteien und von Volkswirtschaftsminister Pascal Couchepin. Sie wünschen eigentlich den EU-Fahrplan.

Doch das hätte Konsequenzen. Würde die Monopolgrenze auf 50 Gramm wie im restlichen Europa gesenkt, stünden Arbeitsplätze auf dem Spiel. Und auch Geld. Bereits die Senkung auf 100 Gramm kostet die Post rund 450 Mio. Franken. Eine 50-Gramm-Grenze hiesse einen Verlust von 750 Mio. Franken. Verlorene Einnahmen, die bei der Grundversorgung fehlen würden.

«Päcklipolizei» ist sinnlos

Europaweit verändern sich die Postdienste rasant, vor allem in den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Italien. Der Markt internationalisiert sich, der Wettbewerb bei Paketen über zwei Kilogramm verschärft sich, eine Kontrolle ist kaum möglich. Deshalb soll die Post wettbewerbsfähig werden in einem Markt, der sich offensichtlich öffnet.

Doch will der Bundesrat keine Siebenmeilen-Stiefel anziehen. Mit Rücksicht auf bestehende Strukturen, mit Blick auf Sozialverträglichkeit und Regionen will er ein gemächliches Tempo einschlagen.

Gute Erfahrungen wiederholen

Nicht zuletzt, weil er mit einem solchen Tempo auch im Telekommunikations-Bereich bei der Swisscom gut gefahren ist. Das habe ihr ermöglicht, die Restrukturierungen ohne Entlassungen durchzuführen – nicht aber ohne Stellenabbau, räumte Bundesrat Moritz Leuenberger ein. Zu Zeiten der alten PTT waren ja Telekommunikation und Postdienst im selben Staatsbetrieb zusammengefasst.

Aber: «Heute steht die Swisscom absolut solide da und ist nicht verschuldet wie andere grosse Telekommunikations-Unternehmen in Europa», erklärte Leuenberger vor den Medien. Langsames Tempo, so hofft die Regierung, schlägt sich in der Qualität der Restrukturierung nieder.

Gemischte Reaktionen

Der Post-Beschluss wird von den Parteien mehrheitlich begrüsst, wobei der Freisinn ein rascheres und die Sozialdemokratie ein langsameres Tempo bei der Öffnung des Postmarkts fordern.

Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse spricht von einem Schritt in die richtige Richtung. Die Post nahm die Entscheide mit Genugtuung zur Kenntnis. Die Gewerkschaften kündigen Widerstand gegen die Marktöffnung an.

Finger weg von den Randregionen

Die Post soll also gestärkt werden, damit sie auch in Zukunft einen guten und preisgünstigen service public erbringen kann. Dazu gehört auch ein flächendeckendes Poststellennetz. Ein solches beziehungsweise die Kriterien dafür sollen gesetzlich verankert werden. Was jedoch nicht heisst: Jedem Dorf seine Post. Die Regierung schliesst Abholdienst oder mobile Poststellen nicht aus.

Doch heisst mehr Wettbewerb schliesslich nicht günstigere Tarife, oder eben eine Poststelle in jedem Ort. Wie Postkundinnen und -kunden profitieren – oder verlieren, darüber hat das Parlament zu befinden.

Rebecca Vermot

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