Skyguide unter Druck
Skyguide managt im Auftrag des Bundes den zivilen Flugverkehr in der Schweiz. Die Organisation ist nach dem Flugzeugzusammenstoss ins Gerede gekommen.
Schweizer übernehmen
Montag, ungefähr 23.30 Uhr Wie gewöhnlich hat es um diese Zeit wenig Flugbewegungen im Flugraum östlich des Bodensees, welcher von der Zürcher Flugkontrolle überwacht wird. Zwei Fluglotsen von Skyguide tun ihren Dienst. Bald werden sie zu Hauptakteuren in einem Drama.
Die Schweizer Fluglotsen übernehmen den Flug der Boeing von DHL um 23.23, denjenigen der Tupolev der Bashkirian Airlines um 23.30 Uhr, acht Minuten, nachdem sie von den deutschen Kollegen die Informationen über die beiden Flüge erhalten haben.
Es vergehen wieder einige Minuten. Dann befehlen die Lotsen den Piloten der Tupolev, einen Sinkflug einzuleiten. Diesen Befehl mussten die Schweizer Lotsen mehrmals wiederholen. Derweil wundert sich der Schweizer Aviatikspezialist Sepp Moser über das Verhalten der Fluglotsen.
Keine Schuldzuweisung
«Sie haben sehr lange gewartet, bevor sie etwas unternommen haben. Sie hätten die Gefahr zwischen 13 und 16 Minuten vor dem Crash erkennen können. Der Fluglotse hat sehr spät auf die Situation reagiert: Nur 90 Sekunden vor dem Zusammenprall», sagt Moser.
«Der Unfall kann etwas damit zu tun haben, aber ich will niemanden eine Schuld unterstellen,» sagt Moser weiter. «Allerdings, die Zeit ist schon sehr kurz bemessen, vor allem, wenn man bedenken muss, dass man sich zu Beginn der Kontaktaufnahme schlecht versteht und sich deshalb zwei- dreimal wiederholen muss.»
Ausreichend Zeit?
Von Seiten der Skyguide wird betont, dass es sich – zum jetzigen Zeitpunkt der Kenntnisse – um eine Routineangelegenheit gehandelt habe, und dass der Fluglotse, ein erfahrener Berufsmann, vollkommen korrekt gehandelt habe.
«Die Lage wurde frühzeitig erkannt, die Anordnung wenig später getroffen. Und das im üblichen Rahmen, regelkonform, präzisiert Toni Maag, Chef des Flugkontroll-Towers in Zürich.
Eine Minute und dreissig Sekunden, genügt das, um eine Kollision zu verhindern? «Ja», sagt Toni Maag. «Natürlich kann man in dieser Zeit nicht etwas zum Trinken holen, aber sie ist ausreichend, um die Probleme sicher zu lösen.»
Schweizer kontrollieren deutsches Gebiet
Hier muss angemerkt werden, dass die deutsche Flugkontrolle die Arbeit Schweizer Kollegen überlässt. Seit einigen Jahrzehnten ist es schon so, dass die Schweizer Flugkontrolle etliche tausend Quadratkilometer über süddeutschem Gebiet kontrolliert. Grund: die Nähe zum Flughafen Zürich-Kloten.
Eine ganze Reihe von Abkommen regelt die Arbeit zwischen den beiden Ländern. «Wir arbeiten seit Jahren sehr gut mit unseren deutschen Nachbarn zusammen», sagt Maag.
«Die tägliche Arbeit zwischen den beiden Kontrollzentren sind gemäss internationalen Standards geregelt. So wie das überall auf der Welt der Fall ist.
Skyguide, Sitz in Genf
Toni Maag erläutert das an einem Beispiel: «Jedes anfliegende Flugzeug wird im Voraus beim ‚Nachbar-Kontrollzentrum‘ angemeldet. Dazu gehören die Daten zum Zeitpunkt des Anflugs, wie auch die momentane Flughöhe bei der Übergabe an die jeweils andere Flugkontrolle.
Erfolgen Flugkorrekturen, dann erfolgen die kurz bevor die andere Flugkontrolle übernimmt, sagt Maag abschliessend.
Die Firma Skyguide mit Sitz in Genf beschäftigt 1400 Personen und ist auf den Flughäfen Zürich. Genf, Bern, Lugano und Sion tätig sowie auf verschiedenen Militärflughäfen, wie Dübendorf, Payerne, Emmen, Meiringen und Locarno.
Pierre Gobet, Zürich
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