Sofort-Rente für Hinterbliebene des Seebebens

Die Schweiz zahlt den Hinterbliebenen von Vermissten der Flutkatastrophe in Südasien AHV-Leistungen sofort aus.
Wer umgehend seine Ansprüche stellt, kann bereits ab Ende Januar erste Renten-Gelder erhalten.
Hunderte von Schweizerinnen und Schweizern werden höchstwahrscheinlich nicht mehr von ihrem Urlaub in Südasien zurückkehren. Offiziell und zweifelsfrei wurde allerdings erst der Tod von 23 Landsleuten festgestellt.
Ihre Hinterbliebenen können sofort die Leistungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Lebensversicherungen oder Pensionskassen in Anspruch nehmen.
Vermisst werden noch rund 400 Personen aus der Schweiz. Nur wenige von ihnen werden wohl noch gefunden oder identifiziert werden können.
Strenges Gesetz
Wenn eine Person bei «hoher Todesgefahr» verschwunden ist, gilt ihr Tod als «höchst wahrscheinlich», legt das Schweizer Zivilgesetzbuch in den Artikeln 34 und 35 fest. Vermisste Menschen werden danach frühestens nach zwei Jahren für tot erklärt.
Das sind strenge Voraussetzungen, besonders für diejenigen, deren Angehörige bei der Flutkatastrophe verschwunden sind. Zur sowieso existierenden Unsicherheit und der Frage, ob Eltern, Kinder oder Geschwister nicht doch noch am Leben sein könnten, kommt das Problem, von Versicherungen, Pensionskassen und AHV Leistungen zu erhalten.
«Überbrückungs-Problem»…
In solche Fällen könnten Hinterbliebene Schwierigkeiten bekommen, Leistungen oder Renten von Versicherungen, Pensionskassen oder der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) zu beziehen, wenn der Tod der Vermissten nicht zweifelsfrei beweisbar ist.
Bis jetzt konnte die AHV in begründeten Fällen Leistungen nach einem statt nach zwei Jahren ausrichten, wie es das Gesetz vorsieht. Dieses «Überbrückungs-Problem», wie es Hermann Schmid vom Bundesamt für Justiz bezeichnet, will man nun aber schneller lösen.
…gelöst
Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtet nun bei der Auszahlung von Versicherungsleistungen auf eine Frist vor der Auszahlung an die Hinterbliebenen von Vermissten der Flutkatastrophe.
Die Ansprüche für Witwen-, Witwer- oder Waisenrenten können sofort bei den Ausgleichskassen angemeldet werden. Dabei kann auch der Arbeitgeber der vermissten Person helfen. Daneben muss ein Verschollenheits-Verfahren eingeleitet werden.
Die Ausgleichskassen schicken die Anträge direkt ans BSV, das zentral entscheidet. «Es ist eine ausserordentliche Katastrophe, die auch ein ausserordentliches Vorgehen zur Regelung der Fälle verlangt», erklärt BSV-Direktor Yves Rossier.
BSV als Informationsdrehscheibe
Damit die Fälle unbürokratisch und schnell abgewickelt werden können, arbeitet das BSV eng mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zusammen, das die entsprechenden Vermissten-Listen bearbeitet.
Das BSV kümmert sich um diese Fälle und ist auch Ansprechpartner und Informationsdrehscheibe für Pensionskassen und die privaten Unfall- und Lebensversicherungen.
Auch SUVA und Private Versicherer zahlen sofort
Die Suva als wichtigste Trägerin der obligatorischen Unfallversicherung in der Schweiz will den Angehörigen die Leistungen sofort zuerkennen, wenn der Tod wahrscheinlich ist.
Die privaten Versicherungsgesellschaften haben bereits am Mittwoch auf das übliche Prozedere bei der Auszahlung von Versicherungsleistungen verzichtet.
Sollten sich Hinterbliebene in akuten Notfällen befinden, können AHV, Unfall- und Lebensversicherungen sowie viele Pensionskassen auf Notfallfonds zurückgreifen.
Der Härtefallfonds der AHV wurde bisher kaum in Anspruch genommen. Bei einer Masse an Anträgen für den Härtefallfonds nach dem Tsunami wären die Fondsgelder allerdings in kürzester Zeit überfordert. Mit der raschen Auszahlung von AHV-Leistungen sollte dies nun aber nicht geschehen.
swissinfo, Etienne Strebel
Für die Auszahlung von Leistungen für Hinterlassene braucht es in der Regel einen Totenschein.
Bei vielen Opfern der Flutkatastrophe kann jedoch keiner ausgestellt werden, da sie wahrscheinlich nie gefunden und damit als vermisst gelten werden.
Die staatlichen und privaten Versicherer verzichten angesichts der Flut-Katastrophe in Süd-Asien auf die strengen Auflagen des Gesetzes, um dem Hinterbliebenen möglichst rasch helfen zu können.

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