
Sorge um Preisstabilität: Schweizerische Nationalbank strafft Geldpolitik
Die Nationalbank will aus Sorge um die Preisstabilität die geldpolitischen Zügel nochmals etwas straffen. Erstmals seit der Einführung des neuen Konzepts der Geldpolitik gab die Notenbank am Donnerstag (20.01.) eine Retusche an ihrem Kurs bekannt.
Die Nationalbank will aus Sorge um die Preisstabilität die geldpolitischen Zügel nochmals etwas straffen. Erstmals seit der Einführung des neuen Konzepts der Geldpolitik gab die Notenbank am Donnerstag (20.01.) eine Retusche an ihrem Kurs bekannt.
Das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank (SNB) beschloss, innerhalb des unverändert belassenen Zielbands für die Zinsentwicklung am Geldmarkt künftig das obere Ende anzuvisieren. Der Entscheid, auf einen leichten Zinsanstieg hinzuwirken, wurde mit dem Umstand begründet, dass sich die Anzeichen für eine verbesserte Konjunkturlage mehrten. Die Nationalbank legt gemäss ihrem auf Anfang dieses Jahres in Kraft getretenen neuen geldpolitischen Konzept ein Zielband für den Dreimonats-Libor fest. Veränderungen des Zielbands sollen den Märkten signalisieren, ob die Nationalbank im Bemühen um die Sicherung der Preisstabilität und die Stützung der Konjunktur ihre Geldpolitik strafft oder lockert.
Das Zielband liegt gegenwärtig bei 1,25 bis 2,25 Prozent. Zum Jahresbeginn hatte die Notenbank erklärt, den mittleren Bereich anzustreben. Künftig will die Notenbank den Dreimonats-Libor im oberen Bereich des Zielbands halten. SNB-Sprecher Werner Abegg bestätigte auf Anfrage, dass dies einer weiteren leichten Straffung der Geldpolitik gleich komme. Die Massnahme werde mit den immer deutlicheren Anzeichen für eine rasche Konjunkturerholung in der Schweiz begründet. Die Märkte reagierten zunächst kaum auf die leichte Kurskorrektur.
SNB-Präsident Hans Meyer und Vizepräsident Jean-Pierre Roth erläuterten in Vorträgen vom Donnerstag in St. Gallen und Winterthur das neue Konzept und hoben hervor, dass das oberste Ziel unverändert die Erhaltung der Preisstabilität sei. Die ausgeprägte Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung veranlasse die Nationalbank zu besonderer Vorsicht, sagte Meyer. Eine weitere Zunahme des Wirtschaftswachstums – Meyer geht von einem realen Wachstum von zwei Prozent für 2000 aus – könnte unter Umständen die Inflationsgefahren erhöhen. Wachsamkeit sei ein Gebot der Stunde, sagte auch Roth. In einer Situation wie der jetzigen sei eine Notenbank gut beraten, wenn sie inflationären Entwicklungen frühzeitig entgegen trete.
Weder Zinspolitik noch Inflationszielstrategie
Meyer fügte hinzu, dass es oft nicht so sehr auf die Details eines Konzepts ankomme, sondern vielmehr auf die Bereitschaft der Verantwortlichen, konsequente und unter Umständen auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Die Entscheidungen müssten aber auch durch einen gesellschaftlichen Konsens getragen werden. Meyer trat gewissen Missverständnissen bei der Kommentierung des neuen Konzepts entgegen und sagte, es handle sich weder um den Übergang zu einer Zinspolitik noch zu einer Inflationszielstrategie. Vielmehr übernehme die Inflationsprognose die bisherige Rolle der Geldmengenziele, und das Zielband für den Geldmarktzins sei eine operative Richtlinie für die Geldmarktsteuerung. Das Zielband erhalte dadurch den Charakter eines Signalträgers für die kürzerfristigen Absichten der Nationalbank.
Geldpolitik transparenter, aber auch schwieriger
Roth sagte, die neue Strategie impliziere keinen Zins-Automatismus. Wie in der Vergangenheit werde sich die Notenbank bei ihrer Lagebeurteilung auf eine Reihe von Faktoren abstützen. Mit der Verpflichtung zur Publikation dieser Lagebeurteilungen werde die Debatte über die geldpolitischen Entscheidungen transparent und öffentlich. Die Führung der Geldpolitik werde damit auch schwieriger. In heiklen Situationen werde es weder an Kritik noch an Gegenexpertisen fehlen. Deshalb komme es darauf an, das Prinzip der geldpolitischen Autonomie strikte aufrecht zu erhalten.
SRI und Agenturen

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