
Swissair-Auflösung in geordneteren Bahnen

Nach dem Chaos der letzten Woche scheint die Swissair-Auflösung und der Aufbau einer neuen Airline in geordnetere Bahnen zu kommen. Swissair-Konzernleitung und -Personal signalisierten ihre Bereitschaft zu einem gemeinsamen Effort mit Crossair und Banken.
Nach dem Bundesrat gaben am Wochenende auch Konzernspitze und Gewerkschaften jede Hoffnung auf, dass die Swissair in ihrer alten Form noch zu retten ist. «Nachdem der Bundesratsentscheid gefallen ist, tun wir alles, um die Integration von zwei Dritteln der Swissair-Flotte in die neue schweizerische Fluggesellschaft voranzutreiben», teilte Swissair-Chef Mario Corti mit und fügte hinzu: «Unser oberstes Ziel muss es sein, eine schweizerische Luftfahrtgesellschaft erhalten zu können.»
Auch die Verbände des fliegenden Personals und des Bodenpersonals stellten die Forderung nach Festhalten am ursprünglichen Businessplan von Crossair und den beiden Grossbanken ins Zentrum ihrer Forderungen. Das heisst, dass die neue Airline je 26 Lang- und Kurzstreckenflugzeuge der Swissair übernehmen und betreiben soll.
Erste konstruktive Ansätze
Nach Tagen der Schuldzuweisungen und der Proteste sowie der verzweifelten Suche nach Alternativ-Modellen zeichneten sich somit erstmals konstruktive Ansätze zum Aufbau einer neuen, redimensionierten nationalen Fluggesellschaft ab. Diese Signale machten Mut, sagte der Kommunikationschef des Eidgenössischen Finanzdepartements, Daniel Eckmann.
Hintergrund der Handreichung der Gewerkschaften ist die Befürchtung, dass die Crossair-Leitung und die Grossbanken ihren ursprünglichen Plan zur Übernahme von zwei Dritteln der Swissair-Flotte im Lichte der Entwicklung der vergangenen Tage massiv zusammenstreichen könnten. Dies würde auch die Rolle des Flughafens Zürich-Kloten als Hub definitiv in Frage stellen.
Weitere Forderungen der Gewerkschaften betreffen die Auswechslung der Führungsspitze bei Crossair, eine aktive Rolle des Bundes beim Aufbau der neuen Firma sowie die Finanzierung des Sozialplans durch die Grossbanken mit einem Volumen von mindestens zwei Mrd. Franken.
Ferienbeginn ohne grössere Probleme
Im Vordergrund der Bemühungen der Task Force des Bundes und auch der Swissair stand die Vermeidung einer weiteren Stilllegung der Swissair-Flotte. Die Swissair hatte noch am Freitag 320 Mio. aus dem Bundeskredit von 450 Mio. Franken erhalten.
Die Swissair wickelte mit Unterstützung der Crossair am Wochenende rund die Hälfte des normalen Flugbetriebs ab und stellte für Montag und Dienstag eine leichte Erhöhung auf 55 Prozent der flugplanmässigen Bewegungen in Aussicht. Auf dem Flughafen Zürich-Kloten kam es trotz Herbstferien-Beginn nicht zu den üblichen Rekordfrequenzen. Zusätzliche Probleme tauchten nicht auf.
Interview-Marathon von Ospel
Der im Zentrum der öffentlichen Kritik stehende UBS-Präsident Marcel Ospel setzte seinen Interview-Marathon zur Schadens-Begrenzung auch am Wochenende fort. Er räumte Fehler ein, wies die Schuld für die sofortige Stilllegung der Swissair-Flotte am vergangenen Dienstag aber weiterhin der Swissair-Führung zu.
Die SP des Kantons Zürich rief zum Boykott beider Grossbanken auf. Ein Verein «UBS ohne Ospel» will eine Aktionärsgruppe um sich scharen, die Ospel zu Fall bringt. In einer Meinungsumfrage im Auftrag des «SonntagsBlicks» und der Zeitung «dimanche.ch» des Lausanner Instituts M.I.S sagten 63 Prozent der Befragten, sie hätten wenig oder gar kein Vertrauen in die UBS als Hauptaktionärin der neuen Airline.
UBS und CS angeklagt?
Gemäss der britischen Zeitung «Sunday Telegraph» wollen 60 internationale Finanzinstitute gerichtliche Schritte gegen die beiden Schweizer Grossbanken UBS und CS einleiten. Sie klagen die Banken an, beim Swissair-Deal andere Banken nicht darüber informiert bzw. weitere Swissair-Gläubiger ausgeschlossen zu haben.
UBS und CS wollten den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Laut «Sunday Telegraph» sei die Finanz-Gruppe jedoch darüber wütend, dass die Schweizer Banken sich die «Kronjuwelen» für einen billigen Preis geschnappt hätten. Swissair soll jenen Finanzinstituten gemäss Zeitungsartikel rund 9 Mrd. Franken schulden.
swissinfo und Agenturen

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