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Swisscom-Monopol auf “letzter Meile” im Fallen

Auch wer auf dem Festnetz telefoniert, kann in Zukunft den Netz-Anbieter frei wählen. Keystone Archive

Die Konkurrenz der Swisscom kann laut Beschluss der grossen Parlamentskammer in der Festnetz-Telefonie bis zu den Hausanschlüssen vordringen. Ausnahmen gibts bei den Breitbandverbindungen.

Die Swisscom zeigte sich über den Entscheid enttäuscht, während sich ihre Konkurrenten die Hände reiben.

Die Haushalte in der Schweiz können künftig auch beim Telefonieren über das Festnetz ihren Anbieter frei auswählen. Nachdem der Telefonanschluss zuhause bisher fest in der Hand der Swisscom lag, können Telefonierende künftig wie auch in der Mobiltelefonie die Dienste von Sunrise, Orange oder Tele 2 etc. in Anspruch nehmen.

Öffnung: Ja, aber

Auch in der Frage der so genannten letzten Meile ging der Nationalrat den Weg des Kompromisses: Nach jahrelangem Ringen soll auch das letzte Monopol der Swisscom auf dem Telefonnetz fallen und die Hausanschlüsse geöffnet werden.

Die alternativen Anbieter sollen vorerst jedoch nur zum Kupferkabelnetz, zu Mietleitungen und zur Kabelkanalisation Zugang erhalten. Einem entsprechenden Kompromiss von FDP, CVP und SVP hat der Erstrat am Donnerstag mit 99 zu 77 Stimmen zugestimmt.

Die Swisscom soll demnach der Konkurrenz auch die “letzte Meile” zwischen Telefonzentralen und Hausanschlüssen zu kostenorientierten Mietpreisen öffnen. Wer über diese Preise entscheiden soll, ist noch nicht beschlossen; vermutlich eine staatliche Regulierungsbehöre.

Änderung bei Anschlussgebühr

Die Marktöffnung, auch Entbündelung genannt, ermöglicht es neuen Telefonanbietern, Kunden direkt einen Festnetzanschluss anzubieten. Die Swisscom wäre damit nicht mehr in Kontakt mit allen Benutzern des Festnetzes, von welchen sie heute monatlich eine Grundgebühr von 25.25 Fr. für einen Anschluss verlangt.

Bei den Hochgeschwindigkeitsverbindungen zum Internet sieht der Kompromiss vor, dass die Swisscom die letzte Meile der Konkurrenz während zwei Jahren öffnet. Danach müssen die Konkurrenten aber eine eigene Infrastruktur aufgebaut haben. Andernfalls fallen sie aus dem Wettbewerb.

Die vorberatende Fernmelde-Kommission hatte sich für eine vollständige Liberalisierung auch für Mobilfunk und drahtlose Breitbandnetze ausgesprochen, das links-grüne Lager für den Status quo, also die Beibehaltung des Swisscom-Monopols. Dies aus Furcht vor einem Abbau des Service public.

Gegen Heimatschutz

Nationalräte von SP und Grünen kritisierten den Kompromiss, der von den bürgerlichen Parteien “aus dem Hut” gezaubert worden sei. Die Grundversorgung werde geschwächt, Tausende von Arbeitsplätzen würden aufgehoben, nur damit sich die Aktionäre bereichern könnten, argumentierten die Gegner.

Diese entgegneten, die Swisscom dürfe nicht unter Heimatschutz gestellt, sollte aber vor einem ruinösen Wettbewerb geschützt werden. Trittbrettfahrern und Rosinenpickern müsse ein Riegel geschoben werden.

Unnötiger Interventionismus

Die Reaktionen der Telekomunternehmen fielen naturgemäss geteilt aus. Die Swisscom sprach von unnötigem staatlichen Interventionismus. Denn der Wettbewerb spiele bereits, gerade zwischen den Netzen von Swisscom und Cablecom.

Die Swisscom warnte, sie trage bei Infrastrukturinvestitionen alleine das Risiko. Konkurrenten könnten als Trittbrettfahrer von staatlich regulierten Preisen profitierten. Dies senke für Swisscom den Anreiz, zu investieren. An der Börse verloren die Swisscom-Aktien bis am Nachmittag 1,4%.

Die Swisscom-Konkurrenten zeigten sich vom Entscheid des Nationalrats dagegen erfreut. Es sei ein wichtiger Erfolg zur schnellen und umfassenden Öffnung der letzten Meile sowie zur Stärkung des Wirtschaftstandortes Schweiz, erklärte Sunrise. So werde die Grundvoraussetzung für einen fairen Wettbewerb geschaffen, hiess es bei Tele2.

Unzufrieden ist Sunrise dagegen damit, dass die Breitbandverbindungen nur während einer Übergangszeit von zwei Jahren angeboten werden soll. Dies benachteilige Randregionen und KMU. Sunrise erwarte, dass der Ständerat hier noch Anpassungen vornehmen werde.

swissinfo und Agenturen

Als “letzte Meile” wird in der Festnetz-Telefonie die Kabelstrecke von der Zentrale zum Hausanschluss bezeichnet.
Auf der letzten Meile besitzt die Swisscom noch ihr letztes Monopol: Die Gebühr für den Telefon-Hausanschluss beträgt für einen Monat 25.25 Franken.
Der Nationalrat hat sich jetzt für eine Markt-Öffnung ausgesprochen.
Die Haushalte können künftig entscheiden, ob sie den Festnetzanschluss bei der Swisscom oder einer Konkurrentin wählen.

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