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Ramadan wehrt sich gegen Visa-Widerruf

Tarig Ramadan unterstützt eine Klage gegen die USA. Keystone

Tariq Ramadan, ein muslimischer Schweizer Intellektueller, der nicht in den USA arbeiten darf, hat eine Klage gegen die US-Regierung unterschrieben.

Ramadan unterstützt den Prozess einer führenden Bürgerrechts-Bewegung. Diese argumentiert, das Antiterror-Gesetz werde als “Zensur-Instrument” missbraucht.

Ramadan hatte 2004 einen Posten an der Universität Notre Dame in Indiana angenommen. Da sein Visumsantrag von den US-Behörden erst bewilligt, dann widerrufen wurde, musste er auf die Stelle verzichten.

Die amerikanische Bürgerrechtsvereinigung ACLU, die den Prozess letzte Woche angestrengt hatte, behauptet, Ramadans Visum sei unter dem so genannten Patriot Act abgewiesen worden. Dieser verwehrt Personen die Einreise, die verdächtigt werden, den Terrorismus zu unterstützen oder zu verteidigen.

Laut ACLU hat Ramadan den Terrorismus nie unterstützt und beschuldigte die US-Regierung, Menschen aus ideologischen Gründen zu beschuldigen.

Weiter ist die Bürgerrechtsbewegung der Ansicht, die Regierung habe gegen den 1. Verfassungszusatz zur freien Meinungsäusserung verstossen.

Die Klage wurde von mehreren prominenten akademischen Organisationen eingereicht, so der Amerikanischen Religionsakademie und dem US-PEN-Club, der vom Schriftsteller Salman Rushdie geleitet wird. Ramadan tritt als Zivilkläger auf.

Die Klage richtet sich auch gegen US-Aussenministerin Condoleezza Rice und Michael Chertoff, den Chef des Ministeriums für Innere Sicherheit (Department of Homeland Security).

Keine Erklärung

Ramadan begründete gegenüber swissinfo seine Unterschrift unter die Klage damit, dass er niemals eine Erklärung erhalten habe, weshalb sein Visumsantrag abgelehnt worden sei.

“Meine Haltung ist bekannt. Ich arbeite in Grossbritannien in einer Task Force mit (islamischer Extremismus unter jungen Leuten). Auch die französische Regierung hat bereits gesagt, dass es keinen Zusammenhang zwischen mir und dem Terrorismus gibt.”

“Der einzige Grund für die Ablehnung des Visumantrages sind meine politischen Ansichten und somit scheint es ein ideologischer Bann zu sein und hat mit Terrorismus nichts zu tun.”

Ramadan ist der Enkel von Hassan-el-Banna, der 1928 die Bewegung der islamisch-fundamentalistischen Muslimbruderschaft gegründet hat. Er wird beschuldigt, Anschläge in Israel und Irak unterstützt zu haben.

Ramadan hat die Anschläge vom 11. September und jene in London jedoch öffentlich verurteilt. Auch hat er sich gegen Angriffe auf unschuldige Personen ausgesprochen.

Ramadan ist bei den Muslimen in Europa bekannt, insbesondere in Frankreich. Aber etliche muslimische Länder wie Saudiarabien, Ägypten oder Tunesien haben ein Einreiseverbot gegen ihn verhängt.

Visum widerrufen

Nachdem sein Visum widerrufen worden war, ging Ramadan zwei Mal auf die amerikanische Botschaft in Bern. Dort sei er von den amerikanischen Behörden über seine politische Gesinnung ausgefragt worden. Für die Verweigerung des Visums sei ihm aber keine Begründung gegeben worden.

Laut Ramadan hat in den USA, soweit ihm bekannt sei, noch niemand einen solchen Prozess angestrengt. Es gehe auch nicht um ihn, es “sei für die Zukunft der USA sehr gefährlich”, Leute aus ideologischen Gründen an der Einreise zu hindern. Er erwarte wenigstens eine Antwort, auf welcher Rechtsgrundlage man ihn am Betreten des Landes gehindert habe, sagte der Schweizer Akademiker, der zur Zeit in London wohnt.

Das US-Ministerium für Innere Sicherheit sowie das Aussenministerium haben gemäss Berichten zur Angelegenheit bisher keine Stellung bezogen.

swissinfo

Tariq Ramadan, geboren 1962 in Genf, entstammt einer ägyptischen Familie, die unter dem nationalistischen Präsidenten Nasser geflüchtet war.

Ramadan studierte Philosophie und französische Literatur und hat zwei Doktortitel in Philosophie und Islamwissenschaft.

Das Time Magazine hat ihn 2004 als einen der hundert führenden Wissenschaftler und Denker der Welt aufgeführt.

Ramadan war unter anderem Berater der Europäischen Kommission für Religionsfragen und berät zur Zeit die britische Regierung im Kampf gegen islamischen Extremismus.

Sein Grossvater Hassan al Banna hatte 1928 die Muslim-Bruderschaft gegründet.

Sein Vater war später Gründer des Islamischen Zentrums Genf.

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