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Longevity-Kliniken: moderne Quacksalberei oder Schlüssel zum gesunden Altern?

Illustration Langlebigkeit
Es gibt einen boomenden Markt für Behandlungen, Pillen und Geräte, die behaupten, das Altern zu verlangsamen und uns ein gesünderes, längeres Leben zu ermöglichen. Funktionieren sie? SWI swissinfo.ch

Seit Menschengedenken wird nach dem Elixier des Lebens gesucht – und die Schweiz spielt dabei eine wichtige Rolle. Zwar hat die Wissenschaft bis heute noch keine Erfolgsformel gefunden, doch der Markt für Behandlungen, Pillen und Geräte, die den Alterungsprozess verlangsamen und uns ein gesünderes und längeres Leben versprechen, boomt.

Als Frau in meinen Vierzigern wird mir der Lauf der Zeit immer bewusster. Ich sehe und spüre die Zeichen des Alterns – graue Haare, Falten um die Augen und Muskelschmerzen beim Aufwachen.

Vor vier Jahren wurden mir die Eierstöcke entfernt, weil ich ein genetisch bedingt hohes Krebsrisiko habe. Das hat mich in die Wechseljahre gestürzt. Innerhalb eines halben Jahres fühlte ich mich zwanzig Jahre älter.

Ich fragte mich: Muss das sein? Warum ergrauen die einen mit 40, die anderen erst mit 60? Warum erkranken manche Menschen im mittleren Alter an Herzkrankheiten oder Krebs, während andere, auch Familienangehörige, davon verschont bleiben? Warum haben manche Senior:innen Schwierigkeiten beim Gehen, während andere noch Marathon laufen?

Wenn wir alle unterschiedlich altern, sollten wir dann nicht in der Lage sein, den Alterungsprozess zu verlangsamen und seine schädlichen Auswirkungen zu vermeiden?

Die Suche nach Antworten auf diese existenziellen Fragen führte mich um die Welt. Ich nahm an einer Konferenz über Alterung und Arzneimittelforschung in Kopenhagen und an einem globalen Forum über Gesundheitsförderung und Langlebigkeit in St. Moritz teil, sprach mit Langlebigkeitsforscher:innen aus Singapur, den USA, China, Saudi-Arabien und der Schweiz und besuchte drei Langlebigkeitskliniken, darunter die legendäre Clinique La Prairie am Ufer des Genfersees.

Dabei habe ich viel über die technologischen Fortschritte, die wissenschaftlichen Durchbrüche und die künstliche Intelligenz der letzten zwei Jahrzehnte gelernt, die unser Verständnis des Alterns verändert haben und die Hoffnung wecken, dass wir länger und gesünder leben, den Alterungsprozess verlangsamen und vielleicht sogar eines Tages die Zeit zurückdrehen können.

Weltweit boomt das Geschäft von Kliniken und Wellness-Spas, die dieses neue Wissen zu Geld machen, indem sie eine Vielzahl von Langlebigkeitsbehandlungen wie Rotlichttherapie, Blutplasmaaustausch und Stammzellenbehandlungen anbieten.

Die Schweiz ist führend in diesem Bereich und baut ihren Ruf als Top-Destination für Menschen auf der Suche nach Gesundheit und Langlebigkeit weiter aus. Seit mehr als einem Jahrhundert bietet sie eine einzigartige Kombination aus spektakulärer Berglandschaft, Thermalquellen, erstklassiger Gesundheitsversorgung und Medizin, bahnbrechenden Technologien und einem Ruf für luxuriöse Gastfreundschaft – ganz zu schweigen von ihrer Diskretion.

Da ich in der Schweiz lebe und arbeite, beschloss ich, das Angebot vor meiner Haustür zu nutzen. An einem klaren, nebligen Januartag betrete ich die Clinique La Prairie, um zu sehen, was sie zu bieten hat.

Trotz des ruhigen und beruhigenden Ambientes überkommt mich eine gewisse Nervosität, was mein Besuch wohl zu Tage fördern wird.

Werde ich erfahren, dass mein Körper um Jahre älter ist als mein chronologisches Alter – ein Zeichen vorzeitigen Alterns –, dass ich an einer nicht diagnostizierten Herzerkrankung oder an Schilddrüsenkrebs leide oder ein hohes Risiko habe, an Alzheimer zu erkranken? Oder werde ich angenehm überrascht feststellen, dass ich viel gesünder bin, als ich befürchtet hatte?

Der Blick ins Innere

Die Clinique La Prairie wurde 1931 als medizinisches Spa für die Reichen und Berühmten eröffnet und bot «bahnbrechende Wissenschaft, Verjüngung und Vitalität», basierend auf den Entdeckungen des Gründers, des Schweizer Arztes Paul Niehans, im Bereich der Zelltherapie.

Prominente wie die Schauspielerin Marlene Dietrich und der Politiker Winston Churchill sollen die umstrittenen «Verjüngungskuren» von Dr. Niehans in Anspruch genommen haben.

Heute setzt sich die Klinik zum Ziel, «Menschen zu einem längeren, gesünderen und vitaleren Leben zu verhelfen» – mit Hilfe von Wissenschaft und innovativen medizinischen Lösungen und Behandlungen.

Ermöglicht wird dies durch die Unterstützung von 50 Ärztinnen und Ärzten sowie anderen medizinischen Fachkräften, die in einem medizinischen Zentrum auf dem Gelände arbeiten.

Das Aushängeschild der Klinik ist das einwöchige Revitalisation Premium Programm, das für 48’250 Franken inklusive Unterkunft und Verpflegung verspricht, «die Geheimnisse der Langlebigkeit und des Wohlbefindens zu entschlüsseln».

Im Paket enthalten ist auch die geheime «Verjüngungsformel», inspiriert von Niehans› ursprünglicher Arbeit mit Lammstammzellen, die als Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform exklusiv den Gästen der Klinik in Montreux angeboten wird.

Eine edle Klinik im Grünen
Die Clinique La Prairie in Montreux. Clinique La Prairie

Mit meinem viel kleineren Budget konnte ich mir nur einen achtstündigen Besuch leisten. Aber man sagte mir, dass ich trotzdem Fachleute treffen, einige der neusten Geräte zur Langlebigkeitsdiagnostik ausprobieren und die wissenschaftlichen Grundlagen der Marketingbroschüren unter die Lupe nehmen könne.

Eine Stunde lang unterzieht mich die Gesundheitswissenschaftlerin Giorgia Grisotto einer Reihe von Tests, um meinen Ernährungszustand zu ermitteln.

Um sich ein Bild von meinem Stoffwechsel zu machen, hüllt sie mich in eine Plastikfolie, setzt mir eine durchsichtige Haube auf, die mit einem Sauerstoffschlauch verbunden ist, und führt einen Kalorimetrietest durch, um festzustellen, wie viele Kalorien ich im Ruhezustand verbrauche.

Zusammen mit Bewegungstrainer Matteo Falzone ergründe ich, wie es um meine Reaktionsgeschwindigkeit und Wahrnehmungsfähigkeit im Vergleich zum Durchschnitt meiner Altersgruppe bestellt ist.

Danach verbringe ich eine Stunde in einer Infrarot-Entgiftungskuppel, in der ich offenbar 20 Minuten lang geschlafen habe und mich danach wie Wackelpudding fühle – auf angenehme Weise.

Es fällt mir nicht schwer, mir vorzustellen, dass ich mich nach einer Woche in der Klinik jünger fühlen würde; vielleicht würde ich nach einer Stammzellenverjüngungsbehandlung für mein GesichtExterner Link, die ich nicht hatte, sogar jünger aussehen. Aber wäre mein Körper dann auch wirklich jünger?

Laut Duden ist Langlebigkeit gleichbedeutend mit «Langlebigsein». Der Begriff wird auch zunehmend verwendet, um die Lebensdauer (Gesamtzahl der gelebten Jahre) und die Gesundheitsspanne (gesunde Lebensjahre ohne chronische Krankheiten und Behinderungen) zu bezeichnen.

Durchbrüche in der Forschung

Möglicherweise. Eine Reihe wissenschaftlicher und technologischer Durchbrüche seit den 1990er-Jahren hat es Forscher:innen ermöglicht, tiefere Einblicke in die Ursachen des Alterns zu gewinnen und uns erstmals die Werkzeuge an die Hand zu geben, um den Alterungsprozess zu messen.

Ging man damals noch davon aus, dass die Gene zu 80 Prozent für unsere Lebenserwartung verantwortlich sind, so haben neuere Studien gezeigtExterner Link, dass dies nur zu 10 bis 30 Prozent zutrifft. Unsere Umwelt und unser Lebensstil haben einen mindestens ebenso grossen Einfluss darauf, wie schnell unser Körper altert.

In diesem Forschungsbereich, der Epigenetik, wird untersucht, wie unsere Gene durch Faktoren wie Giftstoffe, Bewegung, Schlaf und Ernährung aktiviert oder deaktiviert werden.

Mit Hilfe der Epigenetik haben Wissenschaftler:innen 2013 die erste biologische Uhr entwickelt, die das Alter der Zellen eines Menschen im Gegensatz zu seinem chronologischen Alter misst.

Es gibt eine Reihe verschiedener biologischer Altersuhren, die bestimmte molekulare Marker analysieren, die sich mit zunehmendem Alter vorhersagbar verändern. Die erste wurde 2013 von dem deutsch-amerikanischen Wissenschaftler Steve Horvath entwickelt.

Anhand von Blut-, Speichel- oder Gewebeproben wird die DNA-Methylierung analysiert, ein biochemischer Prozess, der zur Regulierung unseres Herz-Kreislauf-, Nerven- und Fortpflanzungssystems beiträgt und dem Körper signalisiert, wann und ob Gene an- oder abgeschaltet werden müssen.

Die DNA-Methylierung nimmt mit zunehmendem Alter ab, was bedeutet, dass die Schalter zunehmend nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten, was Entzündungen und Krankheiten auslösen kann.

Studien haben gezeigt, dass das biologische Alter eines Menschen, gemessen an der Uhr, innerhalb weniger Monate nach einer Erkrankung wie CovidExterner Link oder KrebsExterner Link oder nach einer Änderung des Lebensstils (z.B. Reduzierung des Alkoholkonsums, vermehrte körperliche Aktivität mit hoher Intensität und kalorienreduzierte Ernährung) steigen oder fallen kann.

Inzwischen gibt es eine Reihe von biologischen Uhren, die verschiedene Methoden, Biomarker und Algorithmen verwenden.

Im selben Jahr veröffentlichten Forschende in der Fachzeitschrift Cell einen bahnbrechenden ArtikelExterner Link, in dem sie neun Merkmale des Alterns identifizierten (die später auf zwölf erweitert wurden, darunter chronische Entzündungen).

Dabei handelt es sich nicht um sichtbare Zeichen des Alterns wie graue Haare, sondern um Veränderungen, die mit zunehmendem Alter auf zellulärer Ebene auftreten.

«Die Tatsache, dass wir heute wissen, dass die Epigenetik, die durch den Lebensstil beeinflusst wird, unser Altern beeinflussen kann und nicht nur die Genetik, hat das Bewusstsein der Menschen dafür geschärft, dass sie tatsächlich etwas gegen das Altern tun können», sagt Simone Gibertoni, Geschäftsführer der Clinique La Prairie und treibende Kraft hinter deren Langlebigkeitsprogrammen.

Grafik Kennzeichen des Alterns
Charakteristisch für das Altern sind biochemische Veränderungen, die zu einem fortschreitenden Verlust der physiologischen Integrität, zu Funktionseinschränkungen und schliesslich zum Tod führen. López-Otín et al, Cell. 2023

Diese Entwicklungen fielen zusammen mit bedeutenden Fortschritten in den Bereichen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, digitale Technologien und Medizin, einschliesslich der Genomik.

Dadurch wurde es möglich, alltägliche Verhaltensweisen wie Schlaf und Hunderte von Biomarkern oder Krankheitsrisiken zu messen.

«Plötzlich schien es dank künstlicher Intelligenz möglich, das Altern zu kontrollieren – etwas, das viele Menschen lange für unkontrollierbar hielten», sagt Christina Röcke, deutsche Psychologin und Direktorin des Healthy Longevity Center an der Universität Zürich.

«Darüber hinaus haben Wearables und persönliche Tracking-Geräte das Bewusstsein der Menschen für ihr Verhalten geschärft und Feedback leichter zugänglich gemacht.»

Mit dem Aufkommen der sozialen Medien hat diese Entwicklung weiter an Dynamik gewonnen. Es entstand eine Community von Langlebigkeits-Enthusiast:innen wie dem amerikanischen Unternehmer Bryan Johnson, die Selbstversuche durchführen und Gesundheitstipps jenseits der Schulmedizin austauschen.

Das grosse Geschäft

Diese wissenschaftlichen Fortschritte und die daraus resultierende Welle neuer Behandlungsmethoden haben die Langlebigkeit zu einer Goldgrube gemacht.

Analyst:innen prognostizierenExterner Link, dass sich der weltweite Markt für Langlebigkeitstherapien von 25,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 auf 44,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030 fast verdoppeln wird.

In den letzten zehn Jahren wurden Milliarden von Dollar in Longevity-Startups und -Kliniken, Nahrungsergänzungsmittelfirmen und Gerätehersteller investiert.

Überall auf der Welt entstehen private Kliniken und Gesundheitszentren, die sich an relativ gesunde und wohlhabende Menschen mittleren Alters richten, die dem Altern vorbeugen wollen.

In den USA gibt es schätzungsweise 800 LanglebigkeitsklinikenExterner Link. In den letzten Jahren wurden Dutzende in der Golfregion eröffnet, und 2023 wurde die erste private Langlebigkeitsklinik in China eröffnetExterner Link.

Die Clinique La Prairie hat sechs Zentren und Resorts in Europa, Asien und der Golfregion und plant, in den nächsten zehn Jahren mindestens 40 weitere zu eröffnen.

In der Schweiz habe ich etwas mehr als 20 Privatkliniken gezählt, die Langlebigkeitstests und -behandlungen anbieten. An der Spitze steht die Küsnacht Practice, ein luxuriöses Behandlungszentrum für Menschen mit Suchterkrankungen und psychischen Störungen.

Ein einwöchiger Aufenthalt in einer Villa mit Vollpension kostet ab 117’300 Franken, inklusive aller medizinischen Tests und Behandlungen im Rahmen des Langlebigkeitsprogramms «BIO-R Restoration».

Die Tagesklinik Ayun, nur wenige Häuserblocks vom Zürcher Hauptbahnhof entfernt, bietet für weniger Begüterte eine umfassende diagnostische Abklärung für rund 3000 Franken und ein à la carte Menü mit Behandlungen und Dienstleistungen ab 55 Franken.

Im Longevity Center, einer neu eröffneten Privatklinik in Zürich, kostet ein Langlebigkeits-Checkup ab 1850 Franken. Der «Supreme»-Checkup, der rund 30 verschiedene Tests wie das biologische Alter und einen 3D-Körperscan umfasst, kostet 14’500 Franken.

Risiken und Nutzen

Wie schon bei früheren Gesundheitstrends wie fettarmen und cholesterinsenkenden Diäten oder Darmspülungen, die sich später als Irrglaube erwiesen, mahnen auch jetzt einige Forscher:innen und Wissenschaftler:innen zur Vorsicht, wenn es um den Nutzen von Langlebigkeitsbehandlungen geht.

Studien haben gezeigt, dass viele der in Kliniken am häufigsten angewandten Behandlungen (siehe Fotogalerie), wie Kryotherapie, Rotlichttherapie, Vitamininfusionen und hyperbare Sauerstofftherapie, die Gesundheit oder bestimmte Biomarker, z.B. bei Sportler:innen, verbessern können.

Für die meisten dieser Behandlungen gibt es jedoch keine Belege dafür, dass die Vorteile von Dauer sind oder dass sie den Menschen helfen, länger zu leben.

Und während einige Behandlungen wie die Einnahme des Immunsuppressivums RapamycinExterner Link, Intervallfasten und extreme KälteExterner Link die Lebensdauer von Würmern und Mäusen verlängern, gibt es wenig oder gar keine Belege dafür, dass dies auch beim Menschen der Fall ist.

«Es gibt einen grossen Hype um die Langlebigkeit, und es wird definitiv viel spannende Forschung betrieben», sagt Christoph Handschin, Zellbiologe am Biozentrum Basel, der einen Artikel über die Trennung von Fakten und Fiktion im Bereich der LanglebigkeitExterner Link verfasst hat.

«Was aber oft unterschätzt wird, sind die Dinge, die wir bereits wissen und die das Risiko für altersbedingte Krankheiten minimieren. Es gibt zum Beispiel gute Belege beim Menschen für Dinge wie körperliche Aktivität, die vielleicht banal erscheinen mögen.»

Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs bieten viele Kliniken eine immer grössere Auswahl an neuartigen und teilweise experimentellen Behandlungen wie Gentherapie oder Blutplasmaaustausch an, um Kund:innen zu gewinnen (obwohl ich bei meinen Recherchen in der Schweiz keine derartigen Angebote gefunden habe).

«Ich denke, dass manche Dinge voreilig kommerzialisiert werden, weil sich damit Geld verdienen lässt», sagt Handschin.

Trotz der gemischten Ergebnisse sind die Besucher:innen von Langlebigkeitskliniken bereit, Behandlungen auszuprobieren – in der Hoffnung, dass sie ihnen den Weg zu besserer Gesundheit ebnen. Auch wenn es keine Garantie für ein längeres Leben gibt.

Jochen Hurlebaus, ein 53-jähriger Deutscher, der in der Nähe von Zürich im Gesundheitswesen arbeitet, zahlte letzten Sommer 5000 Franken für ein 12-monatiges Programm bei Ayun, das Langlebigkeitstests, Arztbesuche und eine Reihe von Behandlungen umfasste.

«Ich denke, ich bin in guter Verfassung, aber man weiss es nie, bis man die Tests gemacht hat», sagte er SWI swissinfo.ch. «Ich wollte wissen, was ich tun kann, um die nächsten 20 oder 30 Jahre gesund zu bleiben.»

Für Hurlebaus hat sich das Geld gelohnt, auch wenn viele der Empfehlungen auf Änderungen seines Lebensstils hinauslaufen, die er zu Hause umsetzen kann.

«Ich weiss, dass sich nicht jeder einen Aufenthalt in einer Langlebigkeitsklinik leisten kann, aber man sollte ernsthaft darüber nachdenken, und mit dem technologischen Fortschritt wird es auch erschwinglicher werden», so Hurlebaus. «Wie viel geben Sie für die Reparatur Ihres Autos aus? Warum behandeln wir unsere Gesundheit nicht genauso?»

Was die Grossmutter erzählte

Ob der Mensch seine Lebenserwartung über die enormen Fortschritte des 20. Jahrhunderts hinaus noch wesentlich steigern kann, bleibt abzuwarten. Eine im Oktober in der Fachzeitschrift Nature Aging veröffentlichte StudieExterner Link legt nahe, dass wir bereits die maximale Lebenserwartung erreicht haben.

«Es ist möglich, das Altern zu verlangsamen, und es ist nicht so schwierig, wie wir Forschenden ursprünglich dachten», sagt Brian Kennedy, ein amerikanischer Altersforscher, der früher das Buck Institute for Research on Ageing in Kalifornien leitete und jetzt an der National University of Singapore arbeitet.

«Wenn Du wirklich über das Stoppen oder Umkehren des Alterungsprozesses sprechen willst, dann ist das eine andere Diskussion. Und ich glaube nicht, dass irgendjemand weiss, ob das derzeit überhaupt möglich ist.»

Die von SWI swissinfo.ch kontaktierten Kliniken wählen ihre Worte sorgfältig, wenn sie über Langlebigkeit sprechen. «In erster Linie müssen wir uns darauf konzentrieren, besser zu leben, das heisst, die Zeit zu verlängern, in der wir gesund sind. Unsere Lebensdauer, also wie viele Jahre wir leben, kommt danach», sagt Gibertoni von der Clinique La Prairie.

«Wir haben kein Wundermittel, das zweifelsfrei beweisen kann, dass wir länger leben können. Bis dahin brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz für das Altern.»

Die Kliniken für Langlebigkeit sehen sich als Lücke im Gesundheitssystem, das sich mehr auf die Behandlung als auf die Vorbeugung von Krankheiten konzentriert. «Die Menschen wollen so lange wie möglich körperlich, geistig und emotional gesund bleiben, denn Lebensqualität bedeutet, bis zuletzt voller Vitalität zu sein – körperlich fit, geistig wach, frei von Schmerzen und chronischen Krankheiten», sagt Antoinette Sarasin Gianduzzo, die das «BIO-R»-Programm in der Praxis Küsnacht ins Leben gerufen hat.

Wenn ich darüber nachdenke, wie ich den Rest meines Lebens verbringen möchte, kann ich dem nur zustimmen. Ich habe mich entschieden, mein biologisches Alter nicht testen zu lassen. Ich habe kein brennendes Bedürfnis, es zu wissen, und ich glaube nicht, dass es mich motivieren würde, mehr auf meine Gesundheit zu achten.

Mein kurzer Besuch in der Clinique La Prairie hat jedoch einige Problembereiche aufgedeckt, vor allem in Bezug auf meine Stoffwechselgesundheit und meinen Schlaf, was grösstenteils auf mein langes Sitzen und meine Vorliebe für Käse zurückzuführen ist.

Dieses Wissen hat mich dazu veranlasst, kleine Änderungen an meinem Lebensstil vorzunehmen. Ich nehme meinen Schlaf ernster, mache mehr Krafttraining, esse mehr Eiweiss und nehme einige Vitaminpräparate zu mir.

Aber muss ich dafür wirklich in eine Langlebigkeitsklinik gehen? Viele der Empfehlungen, die ich für ein gesundes und langes Leben erhalten habe, kenne ich bereits, aber es fällt mir schwer, sie umzusetzen, da ich meinen Beruf und die Erziehung meiner beiden Kinder unter einen Hut bringen muss.

Und dann ist da noch die Frage der Balance zwischen Zeit und Geld. Ich bin sicher, dass mir eine Stunde in der Kältekammer helfen würde, besser zu schlafen. Aber ist es eine gute Investition meiner Zeit und von 100 Schweizer Franken, wenn es keine Garantie gibt, dass der Effekt anhält?

«Es gibt fundierte Erkenntnisse aus verschiedenen Bereichen darüber, was tatsächlich zur Verbesserung der Gesundheit, des Wohlbefindens und der Lebensqualität im Alter beiträgt», sagt Psychologin Röcke.

«Leider muss ich sagen, dass Ihnen vieles davon bereits Ihre Grossmutter gesagt hat und dass es nicht in teuren Langlebigkeitskliniken erkauft werden muss.»

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SWI swissinfo.ch hat für die «VitalDome»-Behandlung 150 Franken bezahlt. Die übrigen Kosten, einschliesslich der Ernährungs- und Mobilitätsdiagnostiktests, wurden von der Clinique La Prairie übernommen.

Hinweis: Nach der Veröffentlichung dieses Artikels hat SWI swissinfo.ch eine weitere Langlebigkeitsklinik in Zürich hinzugefügt, um einen umfassenderen Überblick über das Preis- und Leistungsangebot der Kliniken zu geben.

Editiert von Nerys Avery/gw, Übertragung aus dem Englischen: Michael Heger/raf

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