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Ja zur Fusion: Lugano auf dem Weg zur Grossstadt

Lugano und sieben angrenzende Gemeinden dürfen nach Meinung der Stimmberechtigten fusionieren. (Bild: Tourismus Lugano) swissinfo.ch

Das Stimmvolk von Lugano und sieben Vororten hat sich am Wochenende mit 76 Prozent Ja-Stimmen überraschend deutlich für eine Fusion ihrer Gemeinden zum "Neuen Lugano" ausgesprochen.

Lugano steigert so seinen Einfluss als Tessiner Wirtschaftspol, was nicht überall im Kanton auf Gegenliebe stösst.

Die Abstimmung macht den Weg frei für das “Neue Lugano”, das zu den Gemeindewahlen 2004 politisch aus der Taufe gehoben werden soll. In der nächsten Legislaturperiode sollen sich dann noch Breganzona und vier kleinere Dörfer im Valcolla zur Stadt Lugano gesellen. Dazu ist eine weitere Abstimmung geplant

Mit dem Entscheid vom Wochenende wird Lugano von 28’000 auf gut 46’000 Einwohner wachsen und in die Top-Ten der Schweizer Städte gemäss Einwohnerzahl vorstossen. Damit verwirklicht sich ein alter Traum von Luganos freisinnigem Stadtpräsidenten Giorgio Giudici, der seit 1984 die Geschicke der Stadt ohne Unterbruch leitet.

Das Abstimmungsergebnis war eindeutig und reichte von maximal 95 Prozent Ja-Stimmen im kleinen Gandria bis zu 61,5 Prozent in Viganello, der einzigen Gemeinde, in der ein Nein für möglich gehalten worden war. Pregassona, Pambio-Noranco, Davesco-Soragno, Pazzalo und Cureggia situierten sich zwischen 76 und 89 Prozent Ja-Stimmen.

Geringe Stimmbeteiligung

In der Stadt Lugano sagten vier von fünf Stimmbürgern Ja zur Fusion, die aus Sicht der Tessiner Wirtschaftsmetropole eher einer Eingemeindung der Vororte, den künftigen Quartieren, gleicht. Die Stimmbeteiligung lag in Lugano aber nur bei 20 Prozent.

Der Entscheid der acht Gemeinden von diesem Wochenende ist ein wichtiges Element für die Fusionspolitik im Tessin, die darauf abzielt, die ursprünglich 245 Gemeinden dereinst in 86 zu verwandeln. Ein grosses Fusionsprojekt ist bereits durch die Schaffung der Gemeinde Capriasca verwirklicht worden, im September fanden Konsultativabstimmungen in 25 Gemeinden statt.

Der kantonale Justizdirektor Luigi Pedrazzini reagierte äusserst zufrieden auf das einvernehmliche Votum der acht Gemeinden, da man im Stadtgebiet von Lugano nie daran gedacht habe, Zwangsfusionen durchzuführen. Strahlend gab sich auch Sindaco Giorgio Giudici. Dieser Entscheid werde dem ganzen Kanton einen positiven Impuls geben, lautete sein Kommentar.

Auch Bedenken angemeldet

Mit dem Fusionsprojekt, über das am Wochenende abgestimmt wurde, findet ein erster grosser Zusammenschluss von Gemeinden in einem urbanen Gebiet statt. Genau 30 Jahre nach der letzten Fusion mit Brè-Aldesago und Castagnola hat die Tessiner Wirtschaftsmetropole Lugano wieder neue Gemeinden an sich gebunden.

Auch ausserhalb Luganos ist der Urnengang mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt worden. Denn er wird einerseits als Zeichen eines tiefgreifenden Wandels gewertet, in dem das alte Kirchturmdenken immer weniger Platz hat.

Andererseits gibt es in anderen Teilen des Kantons gewisse Bedenken, dass das bereits starke Lugano künftig übermächtig werden könnte und sich das regionale Gleichgewicht noch stärker an den Ceresio (Luganer-See) verschiebt. Durch den Zusammenschluss mit Gandria wird Lugano zudem zur Grenzstadt, was Raum für bilaterale Verhandlungen mit Italien gibt.

Konkrete Umsetzung im Jahr 2004

Von Seiten des Kantons waren Befürchtungen von einem Machtverlust zu hören, weil der Bund verstärkt einen direkten Kontakt zu den Städten und urbanen Zentren suche. Justizdirektor Pedrazzini hat seinerseits unterstrichen, dass auch andere Pole im Tessin wie Bellinzona oder Locarno den Weg der Fusion einschlagen müssten, um ein Gegengewicht gegen Lugano zu bilden.

Konkret muss das Justizdepartement jetzt die Botschaft zur Fusion der acht Gemeinden ausarbeiten. Dann wird das Paket vom Grossen Rat verabschiedet. Theoretisch liesse sich danach noch das Referendum ergreifen.

Die Fusion soll zu den Gemeindewahlen 2004 in die Tat umgesetzt werden. Die bisherigen Gemeinden werden zu Quartieren von Lugano. Die politische Repräsentation in der neuen Stadt soll angeglichen werden, indem die Exekutive von fünf auf sieben und die Legislative von 50 auf 60 Mitglieder aufgestockt wird.

swissinfo, Gerhard Lob, Lugano

Beteiligte Gemeinden und Einwohnerzahlen des neuen Lugano:
Lugano: 28’765
Cureggia: 121
Davesco-Soragno: 1350
Gandria: 216
Pambio-Noranco: 549
Pazzallo: 1194
Pregassona: 7670
Viganello: 6478

Das fast doppelt so grosse “Nuova Lugano” ist seiner Verwirklichung einen grossen Schritt näher gekommen.

Die Stimmberechtigten aller acht befragten Gemeinden haben der Fusion deutlich zugestimmt.

Zu den Gemeindewahlen 2004 sollte das neue Lugano mit 46’000 Einwohnern Realität sein.

Die bisherigen Vorortsgemeinden werden zu Quartieren.

Es handelt sich hier um das grösste Gemeindefusionsprojekt in der Schweizer Geschichte, sagen die Tessiner Behörden.

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