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Frühfranzösisch s’il vous plaît

Französisch lernen - in Bern schon für Drittklässler. Keystone

Der Kanton Bern bestätigt den Vorrang des Französischen vor dem Englischen. Französisch wird aber neu ab der 3. Klasse zum Pflichtfach.

Mit diesem Entscheid unterscheidet sich der Brücken-Kanton Bern vom Gros der Deutschschweiz. Diese zieht Englisch als erste Fremdsprache vor.

Im Kanton Bern, einem der grössten und bevölkerungsreichsten der Schweiz, sollen Schüler bereits ab der dritten Klasse Französisch lernen. Englisch steht ab der fünften Klasse auf dem Stundenplan.

Am Montag hat das Berner Kantonsparlament zu diesem Punkt der regierungsrätlichen Bildungsstrategie Zustimmung signalisiert.

Bisher stand im zweisprachigen Brücken-Kanton Bern Französisch ab der fünften Klasse auf dem Stundenplan, Englisch ab der siebten Klasse. Die Reform mit dem früheren Beginn des Fremdsprachen-Unterrichts soll ab dem Schuljahr 2011/2012 umgesetzt werden.

Zwei Vorstösse wollten dem Englischen den Vorzug geben. Die eine Motion forderte Englisch ab der dritten Klasse, Französisch ab der fünften. Die zweite Motion wollte Englisch als fakultatives Fach ab der dritten Klasse anbieten. Beide wurden jedoch deutlich abgelehnt.

Haufenweise gute Argumente

Sowohl für Französisch wie für Englisch wurden haufenweise gute Argumente ins Feld geführt. Nach den Fraktionen meldeten sich auch noch 14 Einzelsprecher zu Wort.

Aus staatspolitischer Sicht liege im Brücken-Kanton Bern Französisch nahe, argumentierten die Befürworter des Frühfranzösisch. Die Westschweiz lehre als erste Fremdsprache Deutsch und könnte es als Affront empfinden, wenn Bern nicht Gegenrecht halte.

Demgegenüber könnte mit Frühenglisch eine Harmonisierung mit der Deutschschweiz erreicht werden, konterten die Gegner. Auch die Wirtschaft gebe Englisch den Vorzug.

Zudem kämen die Kinder viel eher mit der Weltsprache Englisch in Kontakt und würden sie auch lieber lernen. Alle Fraktionen von links bis rechts vermeldeten schliesslich aber Mehrheiten fürs Französisch – ganz im Sinne der Regierung.

Sprachen nur ein Bestandteil der Strategie

Das Fremdsprachenkonzept ist Bestandteil einer ganzen Bildungsstrategie. Diese beinhaltet jedoch weit mehr als nur das Fremdsprachenkonzept. Mit ihr werden verschiedene weitere Reformprojekte angepeilt, so etwa die Einführung einer Basisstufe in der Volksschule oder die Anstellung von Schulsozialarbeitern.

Die Schlussabstimmung über die Bildungsstrategie findet voraussichtlich am Dienstag statt. Mit der Ablehnung der Englisch-Vorstösse signalisierte der Rat jedoch seine Zustimmung zum regierungsrätlichen Fremdsprachenkonzept mit Frühfranzösisch.

swissinfo und Agenturen

Laut EDK-Fahrplan vom März 2004 soll die Harmonisierung des Fremdsprachen-Unterrichts gesamtschweizerisch zwischen 2010 und 2012 durchgeführt werden.

Die Deutschschweiz gibt dabei dem Frühenglischen den Vorrang.

Nur die Nachbarkantone der Romandie und das Tessin optieren für Frühfranzösisch.

Doch in der Deutschschweiz formiert sich Widerstand. Fünf Volksinitiativen setzen sich für eine einzige gemeinsame Fremdsprache in der Primarschule ein.

Knapp 64% der Bevölkerung des Landes sprechen Deutsch, über 20% Französisch und 6,5% Italienisch.

Freiburg, Wallis und Bern sind zweisprachig.

Graubünden ist dreisprachig.

Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) ist der Zusammenschluss der 26 Regierungsmitglieder, die für Erziehung, Bildung, Kultur und Sport zuständig sind.
Schule und Bildung sind in der Schweiz grundsätzlich Sache der Kantone.
Die Zusammenarbeit auf regionaler und nationaler Ebene ergänzt und unterstützt die kantonale Schulhoheit.
Die Aufgaben der EDK beruhen auf Staatsverträgen der Kantone.

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