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Covid-19 stört Tag der Toten

Es ist eine nie dagewesene Situation: Viele Friedhöfe sind geschlossen. Die Mexikaner können ihren berühmten Tag der Toten nicht begehen. Auch andere Länder verzichten auf ihre Totenrituale. Abschiednehmen ist schwieriger geworden.

Der Tag der Toten ist ein wichtiges Ereignis auf der kulturellen Agenda Mexikos. In christlichen Teilen der Welt ist er ein Tag des Gedenkens an die Toten. Oft mit dem Verständnis, dass an diesem Tag die Lebenden wieder mit den Toten vereint werden.

Aber die Pandemie hat nicht nur die Traditionen dieses Tages gestört. Sie tangiert auch Bestattungsrituale auf der ganzen Welt.

Weltweit herrschen teils dramatische Bedingungen für Beerdigungen der Covid-19-Opfer. Reihengräber und Massengräber zum Beispiel in Brasilien und New York. Lange Schlangen bilden sich in China, wenn Angehörige die Asche geliebter Menschen abholen wollen. Es gelten Verbote von Totenwäschen, wie sie im muslimischen Glaubensbekenntnis verankert sind, verboten ist die Schiwa, die in Israel sieben Tage lang Hinterbliebene zum Trauern versammelt. Plastiktüten werden zu Leichentüchern. über die Toten zu wachen, sich zum Gebet zu versammeln oder um sie zu trauern, ist vielerorts unmöglich geworden.

“In den 33 Jahren meiner Tätigkeit habe ich noch nie eine so traurige Situation erlebt”, sagt Eros Bruschi, Inhaber eines Bestattungsinstituts im Schweizer Kanton Tessin. Das sei der dunkelste Aspekt Pandemie. “Eine Handvoll naher Verwandter vor einem versiegelten und desinfizierten Sarg, mit Sicherheitsabstand, jeder und jede stumm gefangen im eigenen Leid”, beschreibt Bruschi die Szenerie, die heute auf Begräbnissen herrscht.

Der Schmerz des Verlustes wird verstärkt durch den Schmerz des verunmöglichten Abschieds. Einen geliebten Menschen nach einem Krankenhausaufenthalt nicht mehr sehen zu können, weder tot noch lebendig, das ist die neue Realität. Die tröstende Umarmung unter Hinterbliebenen – das Virus hat sie genommen.

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