Das Ende der Grenzkontrollen
Die Schweiz will auf den 1. November 2008 dem Assoziierungs-Abkommen von Schengen/Dublin beitreten.
Justizminister Christoph Blocher setzte sich am Mittwoch in Brüssel dafür ein, dass gleichzeitig auch das Fürstentum Liechtenstein dem Schengenraum beitreten kann.
Auf Ende 2007 bereiten gegenwärtig acht osteuropäische EU-Staaten und Malta mit Hochdruck ihren Beitritt zum Schengenraum vor.
Für die Bevölkerung von Ländern wie Polen oder Tschechien ist das Abschaffen der Grenzkontrollen innerhalb der EU ein lange ersehntes Ereignis.
EU-Justizkommissar Franco Frattini hielt es gestern sogar für möglich, dass die Kontrollen bereits vor Weihnachten aufgehoben werden könnten, um den Festtagsverkehr zu erleichtern.
Schweiz weniger in Eile
Die Schweiz geht den vom Volk bereits 2005 beschlossenen Schengenbeitritt gemächlicher an. Am Rande des Gemischten Ausschusses der Schengen-Staaten bekräftigte Bundesrat Christoph Blocher gestern in Brüssel den bisherigen Zeitplan: Die Schweiz soll auf den 1. November 2008 Schengen beitreten – und zwar möglichst gemeinsam mit dem Fürstentum Liechtenstein. «Darauf legen wir Wert», betonte Blocher.
Der Hintergrund ist, dass es heute zwischen der Schweiz und Liechtenstein keine Grenzkontrollen gibt. Sollte die Schweiz dem Schengenraum vor Liechtenstein beitreten, müsste sie theoretisch Kontrollen einführen. «Dies wäre ein Schildbürgerstreich», sagte Blocher.
Auch Österreich und Deutschland setzten sich laut Blocher im Gemischten Ausschuss für einen gleichzeitigen Schengenbeitritt der Schweiz und Liechtensteins ein.
Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble betätigte dies: «Es wäre schwer zu erklären, wenn es mitten in Europa im winzigen Flecken Liechtenstein Grenzkontrollen gäbe.»
Betrugsbekämpfung und Polizeidatenbanken
Der Schengenbeitritt von Liechtenstein verzögert sich, weil die EU Druck macht, dass das Fürstentum ein ähnliches Abkommen zur Betrugsbekämpfung abschliesst, wie die EU es mit der Schweiz aushandelte.
Man erwarte diesbezüglich zwar Forschritte, es gebe aber «kein Junktim» zwischen dem Abkommen und dem Schengenbeitritt Liechtensteins, beruhigte EU-Justizkommissar Frattini gestern.
Blocher mahnte an der Sitzung in Brüssel weiter an, dass Griechenland, Belgien und Tschechien als letzte EU-Länder den Schengenbeitritt der Schweiz noch ratifizieren müssten. Erst danach können die Evaluationen beginnen, mit denen die EU prüft, ob die Schweiz auf technischer Ebene dem Schengenstandard entspricht.
Nötig ist zudem der Anschluss an die Polizeidatenbank Schengener Informationssystem (SIS). Da sich der Aufbau der neuen Version SIS II verzögert, wird die Schweiz provisorisch an das alte SIS andocken.
swissinfo, Simon Thönen, Brüssel
An Schengen/Dublin sind einmal die 15 alten EU-Mitgliedstaaten beteiligt, wobei Grossbritannien, Irland und Dänemark eine Sonderstellung einnehmen. Mit Norwegen und Island nehmen sodann auch zwei Nicht-EU-Mitgliedstaaten voll an Schengen/Dublin teil.
Die 12 neuen EU-Mitgliedstaaten schliesslich sind derzeit an Dublin, aber noch nicht an Schengen beteiligt. Nach Abschluss der erforderlichen Umsetzungsarbeiten werden somit 29 europäische Staaten dieses grenzüberschreitende Netzwerk nutzen.
Seit der Unterzeichnung der Assoziierungsabkommen zu Schengen und Dublin (26.10.2004) nimmt die Schweiz ihr Mitspracherechte wahr und ist so an der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit unmittelbar beteiligt.
Das Schengener Abkommen regelt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Justiz und Polizei vor allem bei Bekämpfung des Organisierten Verbrechens wie Waffen- und Drogenhandel und vereinheitlicht die Visa-Politik der EU-Länder.
Starke Kontrollen finden nur noch an den Aussengrenzen der EU statt, nicht mehr an den Binnengrenzen.
Am 5. Juni 2005 hiess das Stimmvolk den Beitritt der Schweiz zum Schengenraum gut.
Die Dubliner Zusammenarbeit stellt auf europäischer Ebene ein effizientes Instrument für die Koordination der Asylpolitik und zur Verhinderung des Asylmissbrauchs durch Mehrfachasylgesuche dar.
Gemäss dem Dubliner System können Asylsuchende innerhalb des «Dublin-Raumes» nur noch ein einziges Asylgesuch stellen.
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