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Federer und Olympia: Beim 3. Mal soll’s klappen

Keystone

Der Schweizer Tennisstar Roger Federer schielt auf eine weitere Trophäe: Eine Goldmedaille an den Olympischen Spielen in Peking, die an seinem 27. Geburtstag beginnen.

Bei den Olympischen Spielen in Sydney 2000 war Federer Vierter geworden. 2004 in Athen scheiterte er schon in der zweiten Runde am nicht gesetzten Tschechen Tomáš Berdych.

In seinem beeindruckenden Palmarès fehlt Federer ausser einem Sieg beim French Open als einziger weiterer wichtiger Titel olympisches Gold. Zudem dürfte er dem laufenden Jahr, das für seinen Standard bisher wenig erbaulich war, etwas Glanz hinzufügen wollen.

Feder unterlag sowohl im Final des French Open im Juni als auch in Wimbledon im Juli seinem Angstgegner, dem Spanier Rafael Nadal. Die zweite Niederlage war besonders bitter, vertat er doch damit seine Chance, als erster seit den 1980er-Jahren sechs Wimbledon-Titel in Serie zu gewinnen.

Obschon seine bisherigen olympischen Erfolge nur wenig hergeben, erklärt Federer, die Teilnahme an Olympischen Spielen gehöre zu den Höhepunkten seiner Karriere.

In Sydney traf er Mirka

«Ich habe während der Wochen in Sydney unbeschreibliche Momente erlebt. Ich war so glücklich, ich konnte es kaum glauben», schwärmte er.

«Dazu kam, dass ich in Sydney meine Freundin kennenlernte, das war grossartig», sagte Federer unter Hinweis auf Mirka Vavrinec, die damals für das Schweizer Frauen-Team spielte. Heute ist sie nicht nur seine Lebenspartnerin, sondern auch seine Managerin.

Der 12-fache Grand-Slam-Champion hofft, bei der Eröffnungsfeier der Spiele am 8. August in Peking nochmals die Schweizer Fahne tragen zu dürfen.

«Ich wäre sehr stolz, wenn ich die Schweizer Fahne wie in Athen erneut tragen dürfte», sagte Federer im Mai am Masters in Hamburg, bevor er gegen Nadal verlor.

«An den Olympischen Spielen dabei zu sein gehört für einen Athleten zum Grössten.»

Zuvor noch Zweifel

Noch im März allerdings hatte Federer Zweifel an Peking aufkommen lassen. Er sei von der Erfahrung in Athen etwas desillusioniert und habe das Gefühl, dass gewisse Probleme sich bei den Spielen in China wiederholen könnten.

«Es war recht schwierig in Athen: Mit dem Bus fahren zu müssen, meinen Zeitplan nicht selber kontrollieren zu können. Dazu der Rummel im olympischen Dorf, wo viele Leute mich erkannten», hatte Federer seine Bedenken erläutert.

«Ich habe es weniger genossen als in Sydney, das ich einfach liebte.» Er habe noch nicht endgültig entschieden, ob er in Peking spielen werde. Möglich, dass er sich Sorgen machte über die Verkehrslage und ob die Transfers für die Athleten schwierig würden.

Mit Blick auf die teilweise scharf kritisierte Menschenrechts-Bilanz Chinas erklärten Federer und Nadal, dass sie über die Unterdrückung der Proteste in Tibet im Bilde seien. Beide befanden aber, um die politischen Probleme sollten sich am besten die Politiker kümmern.

Auf die Frage, wie er den Rummel in der Öffentlichkeit um seine Person empfinde, sagte Federer: «Jedes Mal, wenn ich irgendwo essen gehe, klopft mir jemand auf die Schultern. Es macht mir nichts aus, aber ich wünsche mir manchmal, dass es einen Tag in der Woche anders wäre.»

Federer räumte auch ein, dass er in Dubai weniger erkannt werde gehöre zu den Gründen, warum er seine Trainingsbasis dort habe.

Heisse Sache

Auf jeden Fall ist Federer nun in Peking mit von der Partie. Und dass er an die glühende Nahost-Hitze gewöhnt ist, könnte sich als bedeutender Vorteil herausstellen.

Nach Angaben des chinesischen meteorologischen Amtes könnte die Periode der Tennis-Wettkämpfe – zwischen dem 10. und 17. August – zu den heissesten Tagen in Peking gehören: mit Temperaturen bis zu gegen 30 und nicht unter 20 Grad.

Da die Sonne direkt auf das zum Teil offene Olympic Green Tennis-Zentrum scheint, könnte sich der Boden auf mehr als 40 Grad erhitzen. Das könnte zu Spielunterbrüchen führen, wie beim Australian Open auch schon.

Um dem Problem zu begegnen, wurde ein ausgeklügeltes Ventilationssystem eingerichtet. Dieses soll Platz und Tribüne mit zirkulierender Luft kühlen. Das Stadion erinnert in seiner Form an eine Lotusblume mit 12 Blütenblättern.

Medaillen-Detektoren

Olympische Spiele hatten bei Tennisspielern oft nicht oberste Priorität. Der Chilene Nicolás Massú, der in Athen Gold gewonnen hatte, liegt in der Weltrangliste auf Rang 131 und erhielt eine «Wildcard», damit er seinen Titel verteidigen kann.

Doch dieses Jahr haben 8 der 10 weltbesten Spieler Hoffnungen auf eine Goldmedaille. Nur Andy Roddick und Richard Gasquet gehen nicht nach Peking, sondern ziehen es vor, sich auf das US Open vorzubereiten, das am 25. August beginnt.

In Peking wird auf Hartbelag gespielt, ideal für Federer. Er dürfte also mit Zuversicht versuchen, es seinem Landsmann Marc Rosset nachzumachen, der 1992 bei den Olympischen Spielen in Barcelona Gold gewonnen hatte.

Ausser Reichweite bleibt für Federer wegen seiner Niederlagen gegen Nadal in diesem Jahr allerdings der so genannte Golden-Slam–Sieg bei allen vier Grossturnieren und olympisches Gold im selben Kalenderjahr.

Diese Chance kommt erst 2012 bei den Olympischen Spielen in London wieder. Damit bleibt Steffi Graf vorerst die einzige, die je einen Golden Slam erzielt hat.

swissinfo, Thomas Stephens
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Federer ist am 8. August 1981 in Binningen im Kanton Basel-Landschaft geboren. Aufgewachsen ist er im nahegelegen Münchenstein.

Sein Vater Robbie ist Schweizer, seine Mutter Lynette kommt aus Südafrika. Federers Schwester Diana ist 20 Monate älter als er.

Federer und seine Freundin Mirka Vavrinec sind seit den Olympischen Spielen 2000 in Sydney ein Paar. Vavrinec ist heute auch Federers Managerin.

Federer hat bisher 12 Grand-Slam-Titel gewonnen, zwei weniger als Pete Sampras, der mit 14 Titeln noch immer den Rekord hält.

Das Vermögen Federers wird auf rund 40 Mio. Dollar geschätzt.

Die Wettkämpfe finden vom 10. bis 17. August im Olympic Green Tennis-Zentrum in Peking statt.

172 Athleten und Athletinnen werden erwartet (aus einem Total von 10’500 Olympia-Teilnehmern). Pro Land dürfen höchstens sechs Männer und sechs Frauen antreten (vier Männer und vier Frauen für die Einzel, zwei Paare für die Doppel).

Federer ist einer von fünf Schweizern und Schweizerinnen: Wie Federer tritt Stanislas Wawrinka im Einzel an (und mit Federer zum Doppel). Patty Schnyder und Timea Bacsinszky spielen im Einzel, Emmanuelle Gagliardi mit Patty Schnyder im Doppel.

Die Einzel-Wettkämpfe finden im Knockout-Modus statt, die beiden Tableaux umfassen je 64 Positionen. Die Verlierer der Halbfinals spielen um die Bronzemedaillen.

Alle Wettkämpfe werden im Best-of-Three-Modus gespielt; einzige Ausnahme sind die Männer-Finals (Einzel und Doppel), dort heisst es Best-of-Five.

Nach den Spielen von Paris 1924 hatte der Tennissport bis in Seoul 1988 während 64 Jahren nicht mehr zum olympischen Programm gehört. Die Rückkehr eingeleitet hatten die Spiele von Los Angeles, wo Tennis als Demonstrationssport fungierte.

Im Programm der Olympischen Spiele gibt es bis heute keine gemischten Doppel mehr, wie noch 1900, 1906, 1912, 1920 und 1924.

Zu den Olympischen Spielen vom 8. bis 24. August 2008 in Peking bringt swissinfo News, Porträts der Schweizer Stars, Interviews und Hintergründe über und aus China.

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