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Französisch ist in Schweizer Bilingue-Städten im Aufschwung

Arbeiter in einer Hebebühne montieren Verkehrsschilder über einer Autobahn. Auf dem Schild steht Biel/Bienne. Die Zweisprachigkeit von Biel zeigt sich nicht nur in der Kultur und Bildung, sondern auch im Strassenverkehr.
Die Zweisprachigkeit von Biel zeigt sich nicht nur in der Kultur und Bildung, sondern auch im Strassenverkehr. Keystone/Peter Klaunzer

In Städten wie Biel oder Freiburg steigt der Anteil der Französischsprachigen. Eine Suche nach den Gründen.

In den Schweizer Städten hat der Anteil der Deutschsprachigen über die Jahrzehnte abgenommen, wie die neu erschienene Statistik der Schweizer Städte zeigt. 1970 gaben noch 64% Deutsch als ihre Hauptsprache an, bis heute ging der Wert auf knapp 60% zurück.

Anteil der Deutschsprachigen sinkt

Anteil der angegebenen Hauptsprache* in der Schweizer Bevölkerung

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Im Gegenzug hat der Anteil der französischsprachigen Stadtbevölkerung leicht zugenommen. Von 19% 1970 auf heute knapp 23%. In gewissen Städten ist der Anteil sogar deutlicher gewachsen.

In Biel wird immer mehr Französisch gesprochen

Anteil der Wohnbevölkerung in Biel nach Hauptsprache*

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So betrug in den 1920er-Jahren der Anteil der Deutschsprachigen in Biel rund 67%. Im Laufe der Zeit ging dieser zurück auf etwa 50%. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch in Freiburg.

Deutsch ist in Freiburg weniger zu hören als früher

Anteil der Wohnbevölkerung in Freiburg nach Hauptsprache*

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Nach Biel: Stadtpräsident Erich Fehr freut sich über den Aufschwung von Französisch in seiner Stadt. “Biel hat die Zweisprachigkeit in seiner DNA.” Den Anstieg erklärt er sich mit den Massnahmen, welche die Stadt treffe, um die französischsprachige Minderheit zu fördern.

Biel hat etwa dafür gesorgt, dass das komplette Bildungsangebot bis zum Gymnasium auf Französisch existiert, wie Fehr sagt. Auch kulturelle Angebote für Romands würden gefördert. “Es ist uns wichtig, Gleichberechtigung zwischen beiden Sprachgruppen zu haben”, so der Stadtpräsident.

Migration treibt Französisch an

Migrationsbewegungen innerhalb der Schweiz seien ein Grund für den Aufschwung des Französischen, sagt Raphael Berthele, Professor für Mehrsprachigkeit an der Universität Freiburg. “Vielen Personen wird das Leben in den grossen Westschweizer Städten allmählich zu teuer.” Für sie seien Städte wie Freiburg oder Biel gute Alternativen. Dort sei das Leben erschwinglicher, man lebe dennoch in einer Stadt und könne weiterhin die französische Muttersprache sprechen.

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Auch die Zuwanderung aus dem Ausland spiele eine Rolle. Freiburg und Biel seien von Migration geprägt. “Personen vom afrikanischen Kontinent, die oft bereits Französisch sprechen oder mit der Sprache vertrauter als mit dem Deutschen sind, sprechen in Biel eher Französisch. Zuwanderer aus Osteuropa oder der Türkei sprechen vor allem in Biel aber eher Deutsch”, sagt Berthele.

In der Westschweiz liesse sich auch eine starke Zuwanderung aus Portugal beobachten. Wegen der Verwandtschaft von Französisch und Portugiesisch würden diese Zugewanderten eher erstere Sprache lernen, so Berthele. Und: “Wer sich an einem neuen Ort niederlässt, erlernt tendenziell die stärkere Sprache – in Freiburg klar Französisch.”

Attraktive Westschweizer Städte?

In der bilingualen Vorzeigestadt Biel führt Virginie Borel das Forum für Zweisprachigkeit. Auch sie erklärt sich den Aufschwung des Französischen mit der Zuwanderung. Die Städte in der Romandie seien attraktiv. “Die Romandie ist wirtschaftlich aktiv und offeriert Lebensqualität”, sagt Borel. Auf diese Aspekte würden Menschen achten, welche in die Schweiz ziehen. Ausserdem würde Zugewanderte beim Wohnort auf Toleranz achten. “Biel ist, gerade vielleicht wegen der Zweisprachigkeit, eine sehr tolerante Stadt.”

Trotz des gestiegenen Anteils der Französischsprachigen in Schweizer Städten bleibt Deutsch die am stärksten verbreitete Sprache in der Schweiz. Fast zwei Drittel der Bevölkerung gibt Deutsch als Hauptsprache an.

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