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Frauenhandel – Zuflucht auf dem Hügel

Das Geschäft mit dem Menschenhandel, insbesondere mit dem Frauenhandel, blüht. Die Hauptrouten dieses lukrativen Business' verlaufen durch den Balkan und führen auch in die Schweiz. Mazedonien ist nebst Bosnien und Kosovo zu einer der wichtigen Drehscheibe geworden. Auch dort werden Frauen als Sex-Sklavinnen ausgebeutet.

Die IOM, die Internationale Migrations-Organisation, habe das Problem im letzten Sommer erkannt, sagt der Schweizer Martin Wyss, Leiter des IOM-Office in der mazedonischen Hauptstadt Skopje: «99 Prozent der Frauen, die im Kosovo als Prostituierte arbeiteten, kamen aus Mazedonien. Es waren nicht Einheimische, sondern Frauen aus Moldawien, Rumänien, Weissrussland, Bulgarien, Russland.»

Unbürokratischer Zustupf aus der Schweiz

Im Sommer 2000 begann die IOM mit einem Programm, das den verkauften Frauen, die ihren Peinigern entrinnen konnten, eine sichere und menschenwürdige Rückkehr garantieren soll. Laut Martin Wyss konnten in den letzten 10 Monaten rund 250 Frauen geholfen werde, in ihre Heimat zurückzukehren.

«Die Schweiz hat ganz am Anfang unseres Programms mitgeholfen. Ihre spontane und unbürokratische Geste hat es uns ermöglicht, den ersten 38 Frauen Direkthilfe zu geben», betont Martin Wyss. Er hoffe, die Schweiz werde auch in Zukunft bei der Problemlösung aktiv bleiben.

Internationale Präsenz bringt das Geschäft zum Blühen

«Es ist bekannt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der ‹Peace-Keeping-Mission und dem Aufbau einer ‹Prostitutions-Industrie›.» Die Präsenz junger, alleinstehender Männer habe den Boom klar unterstützt, sagt Wyss. «In Tetovo gibt es eine grosse Kfor-Kaserne, die zum Aufbau vieler Nachtclubs beigetragen hat. Die Ausländer sind aber nicht die einzigen Konsumenten dieser Frauen.»

Schutz für Opfer hat Priorität

Die IOM in Skopje leistet in erster Linie direkte Hilfe für die Opfer des Frauenhandels. Die befreiten Frauen werden materiell und medizinisch versorgt sowie nach Bedarf auch psychisch betreut. «Dann wird die Rückkehr und die Wiedereingliederung in die Gesellschaft geplant, was häufig kompliziert ist,» sagt der IOM-Missionsleiter.

Die IOM engagiert sich zusammen mit der OSZE sowohl in Mazedonien wie auch in den Herkunftsländern gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution. Und zwar mit Informations- und Sensibilisierungs-Kampagnen in Schulen und in der Öffentlichkeit.

Schutzraum für Frauen und Minderjährige

Bislang mussten die Frauen in Hotels untergebracht und von privaten Wachleuten geschützt werden, sagt Martin Wyss. Eine kostspielige Angelegenheit. Anfangs April eröffnete Mazedonien als erstes Land im Balkan ein Zentrum für Zwangsprostituierte. Das vom Innenministerium geleitete Zentrum liegt ausserhalb der Stadt auf einem Hügel. Es wird rund um die Uhr von staatlichen Sicherheitskräften bewacht.

Der Westen hat das Problem erkannt

«Ich glaube, dass jetzt, nach einer langen Phase des Debattierens und Anprangerns, eine neue Phase begonnen hat», so Martin Wyss vom IOM. Viele Regierungen , auch die Schweiz, bemühten sich, ihre Absichten in die Tat umzusetzen, um diese moderne Art der Sklaverei zu bekämpfen.

So unterstützt die Schweiz beispielsweise ein Forschungsprojekt der IOM und der OSZE zur Situation im Balkan. Und die DEZA, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, hat auch Gelder für Moldavien und Kosovo bereitgestellt.

Initiatives Mazedonien

Verglichen mit andern Balkanstaaten habe sich Mazedonien am weitestens vorwärts bewegt, souverän und ehrgeizig, meint Martin Wyss. Noch bleibe aber viel zu tun. Mazedonien, ein junges und armes Land, brauche weitere Finanzhilfe, und da sei die internationale Gemeinschaft gefordert. «Ich hoffe, dass auch die Schweiz weiter aktiv bleibt, auch wenn die Schweizer Armee nur mit wenigen Soldaten vertreten ist.»

Ethnische Gräben als Hindernis

Momentan ist das junge Land in Südosteuropa an verschiedenen Fronten gefordert. Martin Wyss, der seit zwei Jahren auf dem Balkan arbeitet, meint nachdenklich: «Was sehr schade ist im Fall von Mazedonien, ist der kürzlich ausgebrochene kleine Bürgerkrieg, der die ganze Problematik etwas überschattet.»

Gaby Ochsenbein, Skopje

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