The Swiss voice in the world since 1935
Top Stories
Schweizer Demokratie
Newsletter

Freispruch für Financier Martin Ebner

Martin Ebner im September 2003 vor dem Zürcher Bezirksgericht. Keystone

Martin Ebner ist vom Vorwurf des Insiderhandels freigesprochen worden. Das Bezirksgericht Zürich befand am Donnerstag in seinem Urteil, Ebner habe nicht genügend sichere Kenntnisse gehabt, als seine Aktienverkäufe stattfanden.

Es erachtete Ebners Argumente als plausibel.

In den 90er Jahren war Martin Ebner ein erfolgreicher und umstrittener Financier. Er propagierte das Aktiensparen auch für Kleinsparer und warb mit öffentlichen Auftritten für seine Produkte.

Vor Gericht stand Ebner wegen des Vorwurfs des Insiderhandels. Es ging um die an der Schweizer Börse SWX kotierte und in Basel domizilierte Société Internationale Pirelli (SIP).

Ebner hatte am 10. März 1998 und in den folgenden Tagen nach einem Treffen mit der Pirelli-Führung Aktienpakete der SIP verkauft und kurzfristig einen Gewinn von 35’666 Franken erzielt.

«Kurspflege» plausibles Argument

Die Anklage hatte nachzuweisen versucht, Ebner habe an dem Treffen von einem bevorstehenden Rückkaufangebot der SIP-Aktien erfahren und vom höher liegenden Marktpreis profitiert. Der Ankläger hatte eine bedingte Gefängnisstrafe von sieben Monaten verlangt.

Ebner wies diesen Vorwurf heftig zurück, seine Verteidigung verlangte einen Freispruch.

Das Gericht wertete den Aktienverkauf des 10. bis 12. März 1998 nun als Market Making, als Kurspflege. Es folgte damit der Erklärung von Ebner und seinem Verteidiger. Nicht nachgewiesen sei, dass Ebner am Treffen mit der Pirelli-Spitze vom 10. März genügend Kenntnisse vom Rückkaufangebot hatte, erläuterte Richter Sebastian Aeppli.

Ebner habe somit nicht in direkter Absicht einen Vermögensvorteil generieren wollen. Und selbst wenn er mit einem Sinken des Aktienkurses nach dem öffentlichen Kaufangebot am 24. März gerechnet habe, fehle es an der Relevanz des Kursausschlages.

Der Financier ist damit vom Vorwurf des Insiderhandels freigesprochen und erhält eine Prozessentschädigung von 30’000 Franken.

Bisher keine Verurteilungen

Der Freispruch überrascht nicht: Der Insider-Strafartikel 161 besteht seit 25 Jahren, doch aus den über 50 seither eingeleiteten Verfahren ist noch kein rechtskräftiges Urteil hervorgegangen.

Nur der ehemalige Holcim-Verwaltungsratspräsident Thomas Schmidheiny wurde unlängst wegen Insiderhandels verurteilt – dies aber in Spanien.

Die oft als zahnloser Papiertiger titulierte Schweizer Strafnorm soll nun mehr Biss erhalten: Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Zuger Regierungsrats Hanspeter Uster schliesst demnächst ihren Bericht zu einer Verschärfung der Insider-Strafnorm ab.

Ein zentraler Punkt ist dabei die Definition des Insiders: Bisher waren dies Führungskräfte und Berater. Gefordert wird, auch Grossaktionäre als Insider zu betrachten, wie dies in der EU bereits der Fall ist. Kritisiert wird zudem, dass Gewinnwarnungen von Unternehmen kein Insider-Handelsverbot auslösen.

swissinfo und Agenturen

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft