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Gesundheitszeitschrift für Türken lanciert

An der Frage, wie Migranten eine ausgewogene Ernährung vermittelt werden soll, scheiden sich die Geister. Keystone

Der Kanton Basel-Stadt will die Gesundheit von Migrantinnen und Migranten fördern. Dazu hat er eigens die deutsch-türkische Zeitschrift Saglik lanciert. Das Schweizerische Rote Kreuz ist nicht unbedingt für ethnischspezifische Ansätze.

Migrantinnen und Migranten geht es gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) gesundheitlich weniger gut als der einheimischen Bevölkerung.

Sie treiben weniger Sport, rauchen mehr, ernähren sich ungesünder und sind häufiger übergewichtig. Die schlechte sozioökonomische Situation und ein unsicherer Aufenthaltsstatus machen vielen von ihnen zu schaffen. Auch finden sie weniger leicht Zugang zum schweizerischen Gesundheitssystem.

Um die Gesundheit der Migranten zu fördern, wird einiges getan. Mit der Strategie «Migration und Gesundheit 2008-2013» will der Bund die Chancengleichheit im Gesundheitssystem gewährleisten. Zu diesem Zweck sollen insbesondere «Modellprojekte in und mit Kantonen zur niederschwelligen Gesundheitsförderung und Prävention für ausgewählte Migrantengruppen» lanciert werden.

Deutsch-türkische Zeitschrift

Vor diesem Hintergrund hat das Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt im Juni namentlich die Gesundheitszeitschrift Saglik herausgegeben. Neben diesem Blatt, das in deutscher und türkischer Sprache erscheint, sind im fünfjährigen Schwerpunktprogramm auch Kurse für Migranten vorgesehen. Insgesamt hat der Regierungsrat jährlich 200’000 Franken dafür bereitgestellt.

Die Pilotausgabe enthält Ernährungs- und Bewegungstipps, Ratschläge zur Raucherentwöhnung und zur Zahnpflege sowie Info- und Kursangebote. Die Zeitschrift mit einer Auflage von 5000 Exemplaren liegt in türkischen Läden, Restaurants und Arztpraxen auf.

Palette von Broschüren

Mit der Koordination der verschiedenen Projekte scheint es allerdings zu hapern. Wirft man einen Blick auf die Website des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) www.migesplus.ch, die diese im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit auf der Grundlage der Bundesstrategie «Migration und Gesundheit 2002-2006» konzipiert hat, findet man eine ganze Palette von Gesundheits-Infos und Broschüren für Migranten in 25 Sprachen – auch auf Türkisch und auf Deutsch.

Das seit 2004 bestehende Angebot reicht von der Broschüre «Bewegung ist Leben», die Migranten zu mehr Bewegung im Alltag motiviert, über den «Gesundheitswegweiser Schweiz», der Migranten hilft, sich im schweizerischen Gesundheitssystem zurechtzufinden, und weiteren Publikationen zum Thema Gesundheit, Prävention, Alkohol und Rauchen.

Die Website, auf der über 70 Organisationen und Institutionen ihre Informationen anbieten, richtet sich sowohl an Migranten wie an Fachpersonen aus dem Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich.

«Doppelspurigkeiten vermeiden»

Er begrüsse zwar, dass sich die Kantone an der Gesundheitsförderung von Migranten beteiligen, sagt Osman Besic vom SRK und Projektverantwortlicher von migesplus. «Aber es besteht Handlungsbedarf.» In der ersten Bundesstrategie 2002 bis 2007 seien die Kantone zu wenig berücksichtigt worden.

Das SRK habe in diesem Bereich bereits viel aufgebaut. «Es macht keinen Sinn, dass Kantone Angebote aufbauen, die bereits bestehen.» Man müsse aufpassen, dass es keine Doppelspurigkeiten gebe, sagt Besic. Man müsse die bestehenden Ressourcen nutzen.

Besic hält ethnischspezifische Ansätze für fragwürdig. Für ihn fördere man damit eher die Segregation statt die Integration.

«Gute Ergänzung»

«Die Zeitung will der zugezogenen, fremdsprachigen Bevölkerung den Einstieg in die vielfältigen Gesundheitsförderungsangebote erleichtern», sagt Markus Ledergerber, stellvertretender Leiter beim Basler Gesundheitsdepartement.

Als Pilotprojekt habe man die Türken als Zielpublikum ausgewählt, weil sie eine der grössten Migrations-Bevölkerungsgruppen in Basel seien, so Ledergerber. Zudem hätten bereits Vernetzungen mit Vertretern dieser Bevölkerungsgruppe bestanden.

Die türkische Gemeinschaft im Kanton Basel-Stadt ist mit 13 Prozent die viertgrösste ausländische Bevölkerungsgruppe nach Deutschland, Ex-Jugoslawien und Italien.

Gewichtsdaten aus den schulärztlichen Vorsorgeuntersuchungen zeigten, dass Kinder aus Süd- und Südosteuropa mehr als doppelt so häufig übergewichtig sind als Kinder aus der Schweiz oder anderen Ländern, sagt Ledergerber.

Angst vor Doppelspurigkeiten hat man beim Basler Gesundheitsdepartement nicht. Durch den lokalen Charakter des Magazins, würden sich die Migranten direkter angesprochen fühlen als bei einer nationalen Broschüre. «Es ist eine gute Ergänzung zum Angebot von migesplus», so Ledergerber.

Kein Überblick

Und was hält das Bundesamt für Gesundheit (BAG), bei dem die Fäden für die Zusammenarbeit der Bundesstrategie «Migration und Gesundheit» zusammenlaufen, von der Zeitschrift Saglik? «Wir haben den Überblick über die Kantone nicht», sagt Karine Begey, Pressesprecherin beim BAG.

Das BAG empfiehlt diesbezüglich, den Generalsekretär der Schweizerischen Gesundheitsdirektoren-Konferenz zu kontaktieren. Der wiederum verweist auf Kontaktpersonen auf kantonaler Ebene.

swissinfo, Corinne Buchser

Die Strategie des Bundes «Migration und Gesundheit 2002-2007» war das Resultat einer grossen Untersuchung im Bereich der Migration. Sie entspricht den Zielen des Projekts «Gesundheit für alle im 21. Jahrhundert» der Weltgesundheits-Organisation (WHO).

Das langfristige Ziel ist die Schaffung eines Gesundheitssystems, das auf die speziellen Bedürfnisse einer sich durch die Migration verändernden Gesellschaft reagieren kann.

Mit der Strategie 2008 bis 2013 ist unter anderem die Lancierung von Modellprojekten in und mit den Kantonen zur Gesundheitsförderung und Prävention für ausgewählte Migrantengruppen zu Themen wie Sucht, Ernährung und Bewegung geplant.

Gemäss Ausländerstatistik per Ende April 2008 sind von den rund 7,5 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern in der Schweiz 1,6 Mio. Ausländer. Das sind 21,1% der Bevölkerung.

Bei den ausländischen Bevölkerungsgruppen steht Italien an erster Stelle (18,2%), gefolgt von Deutschland (13,4%), Portugal (11,8%), Serbien (11,7%) und Frankreich (5,1%).

Die türkische Gemeinschaft steht mit rund 72’000 Angehörigen an sechster Stelle (4,5%).

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